Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 8.1883

DOI Artikel:
Brunn, Heinrich von: Nordgriechische Sculpturen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36690#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NORDGRIECHISCiHE SCÜLPTÜREN

g3

Wendung des Oberkörpers nach vorn ganz unberührt. — Bei
der weiblichen Gestalt ist die Prohlstellung besser gewahrt;
aber auch hier fehlt dem Künstler die klare Vorstellung von
dem richtigen Zusammenhänge des rechten Schenkels mit
dem Leibe; und in der Zeichnung und Modellirung der Arme
und Beine treten dieselben Mängel wie an der Jünglingsßgur
hervor, mögen auch an der einen die Füsse etwas zu kurz,
an der anderen zu lang gerathen sein.
Nicht günstiger lässt sich über die Gewandung urtbeilen.
Wo dieselbe, wie an der weiblichen Gestaltern Wesentlichen
noch einen archaischen Charakter trägt, kann es natürlich
nicht auffallen, wenn die Falten noch nicht in die richtige
Beziehung zu den Formen des Körpers gebracht sind. Aber
während anderwärts auch innerhalb der Grenzen des Archa-
ismus sich an den Rändern der sorgfältig gefalteten Gewän-
der ein gewisser Sinn für saubere Zierlichkeit, ja Eleganz zu
verrathen pflegt, entbehrt hier die über die Schenkel laufende
untere Begrenzung des Diploidion jeder Feinheit; die über
den rechten Arm fallenden Falten hängen hölzern steif her-
ab und der Schleier ist in einfacher Fläche ohne alle Falten
über den Kopf gezogen. —An dem Jüngling ist zwar der Fal-
tenwurf freier behandelt, aber auch hier lässt namentlich der
Rand der über den linken Arm herabfallenden Chlamys ein
feineres künstlerisches Empfinden stark vermissen.
Das Haar ist bei dem Jüngling in einer schlichten und
schmucklosen ungegliederten Masse, bei der weiblichen Ge-
stalt gar nicht plastisch angegeben und war also nur durch
die Farbe vom Gesicht unterschieden. In den Gesichtern
selbst ist zwar, wie schon bemerkt, von eigentlich geisti-
gem Ausdruck nicht die Rede; doch lässt sich eine gewisse
nüchterne Portraitmässigkeit nicht verkennen, wie sie ohne
tieferes Eindringen aus unbefangener Betrachtung der Wirk-
lichkeit sich ergiebt.
Ehe wir versuchen, aus diesen einzelnen Beobachtungen
ein Gesammtresultat zu ziehen, wird es gut sein, unser Auge
noch weiter durch Vergleichung von Werken anderer Kunst*
 
Annotationen