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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 35.1910

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Prinz, Hugo: Bemerkungen zur altkretischen Religion, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.29170#0167
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BEMERKUNGEN: ZUR ALTKRETISCHEN RELIGION 155

Die Denkmäler des minoischen Kulturkreises gestatten
folgende Typen der weiblichen Gottheit zu scheiden.
Für die Anordnung ist in erster Linie der symbolische Ge-
sichtspunkt massgebend, erst in zweiter der formale.

Typus I. Göttin, ihre Brüste fassend.

1. Terracottaidol aus der sogenannten Hauscapelle von
Knossos. Evans, BSA. VIII 99 Fig. 56(1 )\ Aus einer cylindri-
schen Basis wächst der Oberkörper einer, wie es den An-
schein hat, unbekleideten weiblichen Gottheit heraus, die
sich mit beiden Händen an die Brüste fasst* 1 2. III. spätminoi-
sclie Epoche3. Ferner gehören hierzu eine Terracotte aus
dem Palaste von Phaistos (Pernier, Mon. ant. XII 1 26 Fig. 53),
ein fragmentiertes Idol aus Kalkstein einer sitzenden Frau
mit demselben Gestus, gleichen Fundortes (a. a. O. XII 121
Fig. 51), ähnliche Terracotten aus dem Palaste von H. Triada
(Halbherr, Mon. ant. XIII 71 Fig. 55, Tav. XI 2) und aus
der Nekropole von H. Triada (Paribeni, Mon. ant. XIV 742
Fig. 40), sämtlich der spätminoischen Periode angehörend 4.

2. Fünf Bronzestatuetten aus der diktäischen Grotte, eine
langgewandete Gottheit mit den Händen unter der Brust dar-
stellend. Hogarth, BSA. VI PI. X 11-13.

3. Goldblech aus dem 3. Schachtgrabe von Mykenai5.

W. Aly, Der kretische Apollonkult, das Material zusammengestellt. In sei-
nen Schlussfolgerungen kann ich ihm nicht immer beistimmen. Vgl. Mal-
ten, Berl. phil. Woch. 1910, 332.

1 =Karo, Arch. f. Religionsw. VII 131 Fig. 10,

2 Es sind zwei Exemplare dieses Typus gefunden worden.

3 Für die Datierung vgl. Evans, a. a. O. 95.

4 Die Terracotte aus Phaistos ist zwar mit Kamaresfragmenten zusam-
men gefunden worden, ist aber, wie mir Herr Dr. Pernier gütigst mitteilt,
erst spätminoisch. — Für die Datierung der Terracotten aus H. Triada vgl.
ausser Halbherr a. a. O. besonders Paribeni, Rendic. Line. XII 1903, 31 8.

5 Für die Betrachtung altkretischer Religion auch ausserhalb Kretas
gefundene Objecte heranzuziehen, ist erlaubt, soweit es sich um Gegen-
stände aus älteren Fundschichten, die mit der mittelminoischen und der I.
und II. spätminoischen Epoche auf Kreta parallel gehen, handelt, da in die-
ser Zeit die kretische Kultur nach allen Seiten hin ausstrahlt, sei es durch
directen Export, sei es durch Nachahmung kretischer Vorbilder. — Über
mykenische und minoische Religion siehe Teil II.
 
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