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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 35.1910

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Prinz, Hugo: Bemerkungen zur altkretischen Religion, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.29170#0177
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BEMERKUNGEN ZUR ALTKRETISCHEN RELIGION 1 65

sehen, die ihren sprechenden Ausdruck besonders in der
Symbolik finden, sind schwerlich zufällig. Auch hier sind
die ersten Träger der Kultur und damit der Religion nicht
Semiten, sondern die sicher unsemitischen Sumerer gewe-
sen. Die Rassenfrage ist noch nicht spruchreif. Ihre Kulte,
wenn auch für uns zumeist nur in semitisierter Form erhal-
ten, zeigen viel Verwandtes (Ed. Meyer 655 f.). Im Folgenden
können natürlich diese Fragen nur kurz gestreift werden.

Das wichtigste Monument der älteren kleinasiatischen
Religion ist die grosse Götterprocession an den Felswänden
von Jasili-Kaja bei Bogliasköi (Humann - Puchstein, Reisen
in Kleinasien und Nordsyrien Taf. VIII-X). Dargestellt ist
die Vermählung des Hauptgottes des chetitischen Pantheons,
Teschub, des Himmelsherrn, der im Blitz und Wetter einher-
fährt, mit der grossen Göttermutter h Die letztere steht auf
einer Löwin 1 2, die über Bergkuppen hinschreitet. Dass in die-
ser Symbolik dieselbe Vorstellung zu Tage tritt wie in der
minoischen Typus IV 1, liegt auf der Hand. Der Löwe oder
die Löwin, das kommt auf dasselbe hinaus, als heiliges Tier
der Gottheit und das Stehen auf dem Berg sind die sprin-
genden Punkte.

Bei fast allen Völkern 3 ist die Anschauung verbreitet,
dass die Götter auf Bergen wohnen; daraus allein dürfte sich
der Zusammenhang der kretischen Göttin auf dem Berge mit
der chetitischen noch nicht herleiten lassen. Viel wichtiger
ist die Art der symbolischen Typik, durch die das Wohnen
der Gottheit auf dem Berg ausgedrückt wird, ihr Stehen auf
ihm. Erfunden ist dieser bildliche Typus in der Kunst des
Euphratlandes, wo er in verschiedenen Formen auftritt, da
hier fast alle Gottheiten als Berggottheiten gelten. Entweder
sitzen oder stehen sie oder sie setzen einen Fuss auf den Berg,
der in jüngeren Darstellungen zu einen Schemel umgedeutet

1 Auf Einzelheiten kann ich mich nicht einlassen. Siehe von allen In-
terpretationen bes. Ed. Meyer, a. a. O. 629 ff. Messerschmidt, a. a. O. 25 ff.

2 Panther (so Ed. Meyer) halte ich für ausgeschlossen.

3 Material bei F. v. Andrian, Höhenkultus asiatischer und europäischer
Völker; R. Beer, Heilige Höhen der alten Griechen und Römer.
 
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