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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 41.1916

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Drittes Heft
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Möbius, Hans: Über Form und Bedeutung der sitzenden Gestalt in der Kunst des Orients und der Griechen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37286#0160
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HANS MÖBIUS

Der zweite statuarische Typus ist der des ‘Schreibers’ mit
untergeschlagenen Beinen. Er ist schon im Alten Reich aus-
gebildet worden und der Schreiber im Louvre1 sein bekanntester
Vertreter. Diesem scheint an kraftvollem Schwung der sich
kreuzenden und schließlich vereinigten Linien der Lesende mit
der aufgeschlagenen Rolle in Kairo2 noch überlegen zu sein.
Die Dargestellten sind keineswegs alle mit Schreiben oder Lesen
beschäftigt, häufig liegen ihre Hände untätig auf dem Schurz3;
eine Statue, die Sesostris seinem Ahnen, dem Fürsten Intef,
errichtet hat4, kreuzt die Arme betend über der Brust. Es ist
interessant, daß man schon im Mittleren Reich versucht hat,
dieses Schema des mit untergeschlagenen Beinen dasitzenden
Mannes dadurch monumental zu vereinfachen, daß man die
Beine völlig unter dem Gewand verschwinden ließ und so als
flaches Parallelepipedon stilisierte5. Aber diese Lösung ist
nicht glücklich zu nennen: es bleibt eine Diskrepanz zwischen
der geometrischen Gestaltung der untergeschlagenen Beine und
der realistischen des Oberkörpers.
Komplizierter und seltener ist ein anderer Typus: nur das
rechte Bein wird untergeschlagen, das andere wie bei dem
‘Würfelhocker’ angezogen6. Diese Haltung bedeutet in der
Hieroglyphenschrift ‘Mann’, in plastischer Ausprägung ist sie
bis in die 18. Dyn. mehrfach nachweisbar7 und wird ebenfalls
zur Darstellung von Höflingen verwandt8. Ästhetisch merk-
würdig ist die starke einseitige Bewegung, die in diesen Figuren

1 Rayet, Monuments antiques pl II. K. i. B. I 25, 7.
2 v. Biss.-Br. Taf. 8. Fechheimer, Ägypt. Plastik Taf. 35.
3 Borchardt, Statuen I Nr. 58, 59, 83 (Catal. gen. du Mus. du Caire).
4 Legrain, Statues I pl. 3. Fechheimer, a. a. O. Taf. 49.
5 Capart, L’art eg. pl. 136, 166. Schäfer-Andrae Abb. 326 (18. Dyn.).
Bei einer Münchener Statuette (v. Biss.-Br. Taf. 28c) sind gerade noch
die Füße sichtbar.
6 Seltener wird das linke Bein untergeschlagen (Borchardt, Statuen
und Statuetten Taf. 27 Nr. 120.)
7 v. Bissing (AM. XXXVIII 1913, 260) bei Publikation einer Kupfer-
figur der hockenden Isis mit dem Horuskind (Berlin 14078). Schäfer-
Andrae Abb. 278.
8 Senmut mit der Prinzessin: Fechheimer, Ägypt. Plastik Taf. 62.
 
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