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HANS MÖBIUS
geworden wäre, wählte er den glücklichen Ausweg, sie gewisser-
maßen um einen rechten Winkel zu drehen und von vorn dar-
zustellen. An der Idee der Gruppe wird dadurch nichts geändert;
Hera thront neben Zeus, und ihre Füße ruhen auf demselben
Schemel wie die seinen1.
Die Rückführung des Hephaistos hat Klitias auf der Francois-
Vase2 zum Anlaß genommen, um uns die thronenden Olympier
vorzuführen. Zeus erscheint würdevoll wie immer mit Szepter
und Blitz, die lebhaften Armgesten der Hera sind im Grunde
dieselben wie bei assyrischen Werken und der Göttin des
Medaillons von Van3, wirken aber hier im Gegensatz zu ihrer
Fesselung besonders drastisch.
Die eigentliche Götterversammlung4 tritt erst im jüngeren
Archaismus auf, denn erst in der Zeit des gereiften sf. Stiles
konnte diese Aufgabe gelöst werden, die nicht eine lebhaft
bewegte Handlung bot, sondern die Charakterisierung der ein-
zelnen Götter durch. Attribute und Bewegungen, vor allem aber
eine verfeinerte Kunst der Gruppierung voraussetzte. Zum Teil
wagen es allerdings die Künstler nicht, sie als einfaches Situations-
bild einer bewegten Gesellschaft darzubieten, sondern suchen
nach einem Motiv, das die Erzählung ermöglicht. Das war
dann leicht zu finden; man ließ sie irgend einer Herakles-Tat,
der Einführung dieses Gottes in den Olymp oder der Athena-
geburt beiwohnen.
Daß die verschiedenen Typen nicht nur attisch, sondern
in Griechenland allgemein verbreitet waren, beweisen die Reliefs
vom amykläischen Thron5 und vom Tempel der Athena Chal-
kioikos in Sparta6, doch wissen wir nicht, ob dort die Götter
stehend oder sitzend dargestellt waren.
1 Heberdey (a. a. O. S. 46) findet in dieser Anordnung die unver-
söhnliche Feindschaft der Hera gegen Herakles ausgedrückt.
2 Furtw. - Reichh. Taf. 11/12. Hoppin, Handbook 155.
3 S. o. S. 183.
4 Vgl. zu diesem Abschnitt: A. Herzog, Die olympischen Götter-
vereine in der griechischen Kunst.
5 Paus. III 18,11. 19,5: Einführung des Herakles (zweimal) und
Hyakinthos. Die von einigen Forschern angenommene Einführung des
Dionysos scheint mir sehr unwahrscheinlich zu sein.
6 Paus. III 17,3: Lösung der Hera durch Hephaistos.
HANS MÖBIUS
geworden wäre, wählte er den glücklichen Ausweg, sie gewisser-
maßen um einen rechten Winkel zu drehen und von vorn dar-
zustellen. An der Idee der Gruppe wird dadurch nichts geändert;
Hera thront neben Zeus, und ihre Füße ruhen auf demselben
Schemel wie die seinen1.
Die Rückführung des Hephaistos hat Klitias auf der Francois-
Vase2 zum Anlaß genommen, um uns die thronenden Olympier
vorzuführen. Zeus erscheint würdevoll wie immer mit Szepter
und Blitz, die lebhaften Armgesten der Hera sind im Grunde
dieselben wie bei assyrischen Werken und der Göttin des
Medaillons von Van3, wirken aber hier im Gegensatz zu ihrer
Fesselung besonders drastisch.
Die eigentliche Götterversammlung4 tritt erst im jüngeren
Archaismus auf, denn erst in der Zeit des gereiften sf. Stiles
konnte diese Aufgabe gelöst werden, die nicht eine lebhaft
bewegte Handlung bot, sondern die Charakterisierung der ein-
zelnen Götter durch. Attribute und Bewegungen, vor allem aber
eine verfeinerte Kunst der Gruppierung voraussetzte. Zum Teil
wagen es allerdings die Künstler nicht, sie als einfaches Situations-
bild einer bewegten Gesellschaft darzubieten, sondern suchen
nach einem Motiv, das die Erzählung ermöglicht. Das war
dann leicht zu finden; man ließ sie irgend einer Herakles-Tat,
der Einführung dieses Gottes in den Olymp oder der Athena-
geburt beiwohnen.
Daß die verschiedenen Typen nicht nur attisch, sondern
in Griechenland allgemein verbreitet waren, beweisen die Reliefs
vom amykläischen Thron5 und vom Tempel der Athena Chal-
kioikos in Sparta6, doch wissen wir nicht, ob dort die Götter
stehend oder sitzend dargestellt waren.
1 Heberdey (a. a. O. S. 46) findet in dieser Anordnung die unver-
söhnliche Feindschaft der Hera gegen Herakles ausgedrückt.
2 Furtw. - Reichh. Taf. 11/12. Hoppin, Handbook 155.
3 S. o. S. 183.
4 Vgl. zu diesem Abschnitt: A. Herzog, Die olympischen Götter-
vereine in der griechischen Kunst.
5 Paus. III 18,11. 19,5: Einführung des Herakles (zweimal) und
Hyakinthos. Die von einigen Forschern angenommene Einführung des
Dionysos scheint mir sehr unwahrscheinlich zu sein.
6 Paus. III 17,3: Lösung der Hera durch Hephaistos.