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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 41.1916

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Drittes Heft
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Möbius, Hans: Über Form und Bedeutung der sitzenden Gestalt in der Kunst des Orients und der Griechen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37286#0223
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FORM UND BEDEUTUNG DER SITZENDEN GESTALT

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nimmt1. Wie die Ausfahrtsszene überhaupt zur Dekoration von
Hydrien-Schultern und anderen untergeordneten schmalen Friesen
degradiert wird, erstarrt auch der Typus des ‘Mannes vor den
Pferden’ völlig. Man benützt den Sitzenden gewissermaßen
als Interpunktionszeichen zwischen stehenden Figuren und Wagen
und setzt ihn demgemäß auch hinter die Gespanne2.
Sitzende Preisrichter finden wir schon in korinthischer Kunst,
auf dem Amphiaraoskrater und der Kypseloslade3, und zwar
auf dem altväterisch steifen Thron. Meist sind sie von den
Zuschauern nicht zu unterscheiden4, dagegen deutlich, wenn sie
den Sieger bekränzen 5. Einen Epistaten mit langer Gerte zeigt
eine Vase im Vatikan6, weniger einen Brabeus als einen Mit-
spieler eine Amphora in London7: ein bärtiger Mann sitzt auf
einem Klappstuhl und wirft drei Epheben, die auf den Schultern
dreier ‘oW reiten, den Ball zu.
Paris, der klassische Preisrichter, kommt auf Vasen mehr-
fach in sitzender Haltung vor8. Dieser steife, bärtige Mann auf
seinem thronartigen Felsensitz, dem ältesten der griechischen
Kunst, läßt die prächtige Entwicklung dieses Typus im V. Jh.
noch nicht ahnen.
Da Paris die Leier in der Hand zu halten pflegt, seien hier
die Musiker angereiht, die in der archaischen Kunst spät und

1 Sf. Amphora, früher in Brescia (Gerhard, Etrusk. und kampan.
Vasenb. Taf. D II). Sf. Amphora, dem Exekias zugeschrieben (Brit. Mus.
B 170. Hoppin, Handbook 109 Nr. 13.).
2 z. B. Randstreifen von sf. Dinoi in München (Jahn 781 = Gerhard,
Auserl. Vasenb. 254/255) und Paris (Pottier, Vases antiques II F 62 pl. 68).
3 'Hqu-A?}? iv iJqovuj y.a-d'j/fj-svoe (Paus. V 17, 9). Die Argumente von
Pernice (Arch. Jb. III 1888, 365) und Winter (Öst. Jh. VII 1904, 126f.),
die aus dem Herakles einen Halimedes machen wollten, sind durchaus
nicht schlagend.
4 z. B. tyrrhen. Amphora in Genf (Deonna, Choix de monuments
pl. 34. Thiersch, Thyrrh. Amphoren Taf. II 1—4. Pfuhl, Malerei Abb. 203).
5 Panathenäenamphora. Gerhard, Etrusk. u. kampan. Vasenb.
Taf. B 28. 30. Brit. Mus. B 138. Corpus Vasorum, Great Britain pl. 28.
6 Museo Gregoriano Ausg. A II 22.
7 Brit. Mus. B 182. Kleeblattkanne in München Nr. 1827. Zur Er-
klärung vgl. Petersen (RM. VI 1891, 272 ff.).
8 Zwillingsvasen in London (Brit. Mus. B 171) und München (Jahn
1269=Overbeck, Bildwerke zum troischen und theb. Sagenkreis Taf. IX 6).
 
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