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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 41.1916

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Drittes Heft
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Möbius, Hans: Über Form und Bedeutung der sitzenden Gestalt in der Kunst des Orients und der Griechen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37286#0233
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FORM UND BEDEUTUNG DER SITZENDEN GESTALT 207
Schale des Berliner Museums1, die den Stil des Brygos aufweist,
findet sich ein flötenblasender Zecher in einer sehr komplizierten
Haltung, die den Eindruck eines perspektivisch richtigen Drei-
viertelprofils erweckt. Seit dem Ende des strengen Stils ver-
schwindet der von vorn gesehene Hockende aus der Kunst, er
mochte dem verfeinerten Sinn wenig Zusagen und hält sich nur
auf provinziellen burlesken Vasen2, die auf den komischen
Effekt des hängenden Phallos nicht verzichten mögen.
Der von der Seite gesehene hockende Silen scheint in der
sf. Vasenmalerei zu fehlen, dagegen tritt er auf Münzen von
Lete (Pangaion) auf3, und früh finden wir sein weibliches Gegen-
stück, die kauernde Nymphe, auf einer lakonischen Schale aus
Samos4, sowie in Attika Männer und Frauen, die in derb
erotischen Szenen am Boden sitzen5. Den prächtigen Typus eines
kauernden Zechers auf der Vase des Xenokles und Kleisophos6
variiert der Meister einer strengrf. Oinochoe in London7, indem
er seinen Silen auf dem untergeschlagenen Bein kauern läßt.
Auf spätattischen und unteritalischen Vasen8 werden die Satyrn
vornehmer und charakterloser: sie sitzen, sich aufstützend oder
umwendend, mit lang ausgestreckten Beinen am Boden, häufig
unter der Kline des Dionysos. Der Hellenismus schließlich
bringt in der bekannten Figur der trunkenen Alten9 die groteske

1 Archäol. Anz. 1892, 101 Abb. Von Beazley (Att. Vasenmaler 187, 6)
dem Meister der Erzgießerei-Schale zugeschrieben.
2 Phlyakenkrater in Bari (M. Bieber, Denkmäler zum Theaterwesen
Taf. 78. Ausonia II 1907, 246 fig. 238). Kabirionvase in Athen (C.-C. 1114.
AM. XIV 1889, 151).
3 Babeion, Traite pl. 50 Nr. 16. 17. Regling, Antike Münze als Kunst-
werk Taf. VIII Nr. 201.
4 Boehlau, Aus ion. und ital. Nekropolen Taf. XI 1.
5 Spätsf. Pelike in Berlin (Pfuhl, Malerei Abb. 276). Strengrf. Schale
in Orvieto (Beazley, Att. Vasenmaler 231 Nr. 6).
6 S. o. S. 200 Anm. 3.
7 Brit. Mus. E 510. JHS. XXXIII 1913 pl. IX. Von Beazley, a. a. O.
108 dem ‘Master of the Dutuit-Oinochoe’ zugeteilt.
8 Glockenkratere in London (Brit. Mus. F7), Museo Gregoriano
(Phot.Moscioni 8886), Wien(Elite ceramogr.II pl.68), Athen(Nicole Nr. 1107
pl. 19).
9 Br.-Br. 394. Bulle, Schöner Mensch2 Sp. 408 Abb. 115. Springer-
Wolters12 404 Abb. 766.
 
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