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WALTHER WREDE
Pottier pl. 14). Endlich sind die hochbeinigen Pferde in den
Reiterfriesen der korinthischen Kratere ‘Passage’-Gänger1, wäh-
rend zur selben Zeit die erzählenden korinthischen Bilder in
ihren Wagenszenen den ‘Paß’ der Pferde durchführen. Auch
das Pferd des Reiters von Grumentum in London2 geht Paß.
Unsicherheit herrscht auf den chalkidischen Vasen (Furtw.-Reichh.
101, 102 = Rumpf, Chalk. Vas. Taf. 32; 49, 51), und innerhalb
des Attischen gibt es merkwürdigerweise eine Vasengruppe
(und nur diese), in der das‘Passagegehen’ Regel ist: die ‘tyr-
rhenischen’ Amphoren3. Man wird die lebhafte Bewegung dieser
Tiere, besonders das starke Ausgreifen mit der Vorder- und das
deutliche Nachziehen der Hinterhand unmöglich als ‘Stehen’
und ‘Scharren’ interpretieren können. Hier wirkte bildliche
Tradition, vielleicht von chalkidischen Vasen her (das starke
Heben des Vorderbeins!), und auch dieser Zug isoliert die
‘tyrrhenische’ Fabrik von den übrigen attischen. Denn dann hat
die zunehmende Naturbeobachtung mit jenem alten Schema
endgültig aufgeräumt und einen Typus für die Wiedergabe der
Pferdegangarten geschaffen, der der Wirklichkeit näher kam4. Daß
die Maler wirkliches Stehen klar wiederzugeben vermochten, das
zeigt eine Reihe der Anschirrszenen. Auf der Berliner Hydria (147)
steht das erste Stangenpferd mit allen vier Beinen fest auf dem
Boden, das linke (dahinter) dagegen zeigt das von v. Schlözer als
Stehen gedeutete Motiv: 1. Vorderbein vorgesetzt, r. Hinterbein
entlastet auf die Hufspitze gestellt; ebenso 149 (Taf. XXXI), 153
1 Z. B. Louvre E 629 u. 630, Pottier pl. 46. Hier wird ja überhaupt
ein Pferdetypus beibehalten, der in der protokorinth. Malerei schon über-
holt war. Die plastische Parallele, der Priniasfries (Öst. Jh. XIV 1911,
11 Abb. 10 = Winter, K. i. B. 197, 6) gibt aber schon ‘Paß’, während die
Panther im Tierfries d. Götterbildes v. Prinias (Öst. Jh. Xll 1909, 246
Abb. 123 = Winter, K. i. B. 197, 4) ‘Passage’ gehen.
2 Neugebauer, Ant. Bronzestatuetten Taf. 35, vgl. S. 130; v. Lücken,
AM. XLIV 1919, 67, Abb. 2.
3 Unsere Leipziger Amph. 10 u. 11 (Taf. XV), die Florentiner 9, ferner
Thiersch, Tyrrhen. Amph. Taf. V.
4 Der Maler der Akropolisscherbe Graef I Taf. 39, 627 a ist einmal
in den alten ‘Fehler’ zurückverfallen: auch seine Pferde ‘stehen’ nicht,
wie das Anheben der zurückgesetzten Vorderhufe beweist. — v. Schlözers
‘Stehen’ trifft vielleicht einmal zu für unsere Hydria 152 (Abb. 10): da drückt
die ‘Passage’ wohl tatsächlich Stehen aus. Schwanken muß man bei 161.
WALTHER WREDE
Pottier pl. 14). Endlich sind die hochbeinigen Pferde in den
Reiterfriesen der korinthischen Kratere ‘Passage’-Gänger1, wäh-
rend zur selben Zeit die erzählenden korinthischen Bilder in
ihren Wagenszenen den ‘Paß’ der Pferde durchführen. Auch
das Pferd des Reiters von Grumentum in London2 geht Paß.
Unsicherheit herrscht auf den chalkidischen Vasen (Furtw.-Reichh.
101, 102 = Rumpf, Chalk. Vas. Taf. 32; 49, 51), und innerhalb
des Attischen gibt es merkwürdigerweise eine Vasengruppe
(und nur diese), in der das‘Passagegehen’ Regel ist: die ‘tyr-
rhenischen’ Amphoren3. Man wird die lebhafte Bewegung dieser
Tiere, besonders das starke Ausgreifen mit der Vorder- und das
deutliche Nachziehen der Hinterhand unmöglich als ‘Stehen’
und ‘Scharren’ interpretieren können. Hier wirkte bildliche
Tradition, vielleicht von chalkidischen Vasen her (das starke
Heben des Vorderbeins!), und auch dieser Zug isoliert die
‘tyrrhenische’ Fabrik von den übrigen attischen. Denn dann hat
die zunehmende Naturbeobachtung mit jenem alten Schema
endgültig aufgeräumt und einen Typus für die Wiedergabe der
Pferdegangarten geschaffen, der der Wirklichkeit näher kam4. Daß
die Maler wirkliches Stehen klar wiederzugeben vermochten, das
zeigt eine Reihe der Anschirrszenen. Auf der Berliner Hydria (147)
steht das erste Stangenpferd mit allen vier Beinen fest auf dem
Boden, das linke (dahinter) dagegen zeigt das von v. Schlözer als
Stehen gedeutete Motiv: 1. Vorderbein vorgesetzt, r. Hinterbein
entlastet auf die Hufspitze gestellt; ebenso 149 (Taf. XXXI), 153
1 Z. B. Louvre E 629 u. 630, Pottier pl. 46. Hier wird ja überhaupt
ein Pferdetypus beibehalten, der in der protokorinth. Malerei schon über-
holt war. Die plastische Parallele, der Priniasfries (Öst. Jh. XIV 1911,
11 Abb. 10 = Winter, K. i. B. 197, 6) gibt aber schon ‘Paß’, während die
Panther im Tierfries d. Götterbildes v. Prinias (Öst. Jh. Xll 1909, 246
Abb. 123 = Winter, K. i. B. 197, 4) ‘Passage’ gehen.
2 Neugebauer, Ant. Bronzestatuetten Taf. 35, vgl. S. 130; v. Lücken,
AM. XLIV 1919, 67, Abb. 2.
3 Unsere Leipziger Amph. 10 u. 11 (Taf. XV), die Florentiner 9, ferner
Thiersch, Tyrrhen. Amph. Taf. V.
4 Der Maler der Akropolisscherbe Graef I Taf. 39, 627 a ist einmal
in den alten ‘Fehler’ zurückverfallen: auch seine Pferde ‘stehen’ nicht,
wie das Anheben der zurückgesetzten Vorderhufe beweist. — v. Schlözers
‘Stehen’ trifft vielleicht einmal zu für unsere Hydria 152 (Abb. 10): da drückt
die ‘Passage’ wohl tatsächlich Stehen aus. Schwanken muß man bei 161.