Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 49.1924

DOI Artikel:
Dörpfeld, Wilhelm: Das Theater von Priene und die griechische Bühne
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.29493#0107
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
100

WILHELM DÖRPFELD

den oberen Zugang wie ein Tragöde herabsteigen’ zur Orchestra.
Glaubt er denn wirklich, daß die Tragöden in dieser Weise zur
Orchestra zu gelangen pflegten? Meines Erachtens traten diese,
wenn sie wie Demetrios aus der Stadt kamen, durch die gewöhn-
lichen Parodos, die in Athen höher lag als die Orchestra, ins
Theater ein und schritten in die Orchestra hinab. Zur Zeit
Plutarchs hatte Athen sicher das unter Kaiser Nero hergestellte
Skenengebäude, das, wie ich schon erwähnte, vielleicht über-
haupt noch keine römische Bühne besaß. Sollte diese doch
schon vorhanden gewesen sein, so konnte Plutarch aus der
Literatur noch wissen, daß sie zur Zeit des Demetrios noch
nicht bestanden hatte. Jedenfails läßt Plutarch auch den Aratos
in der Orchestra auftreten, denn dieser hatte seine Achäer an
beiden Parodoi aufgestellt, schritt aber selbst von der Skene
zur Mitte der Orchestra vor (cuzö xijg cxrjvrjg elg fitoov jiQorjZfrev,
Arat. 23).

d) Wenn v. Gerkan am Schlusse seiner Darlegungen iiber
die literarischen Überlieferungen betont, daß die historische Ent-
wicklung der Bedeutung der einzelnen Theaterworte, wie z. B.
des Wortes oxtjv/j und seiner Komposita, bisher nicht geniigend
beachtet worden sei, so istdieser Tadel fiir die heutige Forschung
nicht mehr am Platze. Denn diese hat längst den Bedeutungs-
wechsel der einzelnen Worte im Laufe der Jahrhunderte bemerkt
und ihn sorgfältig festzustellen gesucht. Wie weit wir Forscher
aber noch von einer Einigkeit iiber die Bedeutung der einzelnen
Worte entfernt sind, mag eines der Beispielezeigen, die v. Gerkan
selbst anfiihrt.

Er behauptet (S. 121), daß fiir das Wort jiQooxtjviov die
Bedeutung als Vorbau der oxijvrj nicht nachzuweisen sei; das
Wort bedeute nicht den Baukörper, sondern nur die Schmuck-
wand, d. h. den Hintergrund des Spiels. Diese Behauptung
läßt sich leicht widerlegen. Ebenso wie jtQovaog den ganzen
Baukörper vor dem vaog bedeutet, nicht nur seine vordere
Säulenwand, so bezeichnet auch jzQooxijviov den ganzen Vor-
bau, der die Vorderwand, die Decke und den Innenraum umfaßt.
Als Beweis hierfiir dient mir einmal die Entstehung des Pro-
skenions als Zusatz zu der anfänglich allein vorhandenen Skene,
wie ich es fiir Priene im I. Abschnitt gezeigt habe. Denn nicht
 
Annotationen