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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 51.1926

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Kirchner, Johannes: Ein wiedergewonnenes attisches Psephisma
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JOH. KIRCHNER

Einen Anhalt für die Datierung haben wir in der Erwähnung
des Monatsnamens Βοηδρομιώνος in Zeile 3. Zuerst finden sich
Datierungen nach dem Monat im J. 338/7 (IG. II2 237). Zwischen
338/7 und 322/1 sind uns nun lediglich aus den Jahren 336/5 und
326/5 die Schreiber nicht bekannt. Das Jahr 336/5 mit dem Archon
Pythodelos kommt hier nicht in Frage, da nach IG. II2 328 die
Akamantis als vierte Prytanie in den Maimakterion fällt, während in
unserm Fragment die Gleichung Akamantis-Boedromion besteht.
Versucht man sodann eine Herstellung mit dem J. 326/5 [έπ'ι Χρέμητος]
άρχοντος, so scheitert sie vor allem an dem ersten erhaltenen Buch-
staben in Z. 6, der mit voller Sicherheit ein Iota ist. In Frage kommt
nur noch das Jahr 339/8 mit dem Archon Lysimachides, von dem
uns überhaupt kein Psephisma erhalten ist, von dem somit weder
bekannt ist, ob in ihm eine Datierung nach dem Monatsnamen schon
vorkam, noch der Name des Schreibers überliefert ist.
In unserm Versuch der Herstellung mit dem Archon Lysimachides
ist weniger auffällig, dass beim Schreiber Φαιδρός allein der mit 9
Buchstaben zu ergänzende Demosname (aus der Leontis nach dem
Gesetz der Schreiberfolge), nicht aber der Vatersname steht; denn
dafür haben wir eine Parallele im Jahre 342/1, wo als Schreiber
Καλλιάδης Ευωνυμεΰς amtiert, IG II2 227. Dagegen ist ganz unge-
wöhnlich, wie Köhler zur Begründung seiner Verdächtigung der
Echtheit hervorgehoben hat, dass in Z. 5 das Demotikon des Proedros
fehlt, ebenso in Z. 6 der Name des Antragstellers. Für Weglassungen
so wichtiger Bestandteile eines Präskriptes kenne ich in den attischen
Dekreten kein Analogon; sie werden kaum anders als aus Unacht-
samkeit des Steinmetzen zu erklären sein. Da die Jahre 338/7 und
337/6 Gemeinjahre waren, so wird das Jahr 339/8 als ein Schaltjahr
gelten müssen. Nimmt man für die 1.-4. Prytanie 39, für die 5.-10.
Prytanie 38 Tage an, so entspricht der in Z. 4 ergänzte 18. Tag
dem 38. Tage der zweiten Prytanie. Ob in Z. 6 mit Lenormant und
Köhler οί πρύτανεις ο[ί τής . . . . ίδος zu ergänzen sein wird, ist nicht
sicher, da in den auf uns gekommenen Belobigungsdekreten der
Prytanen (vgl. die Zusammenstellung bei Wilhelm, Ath. Mitt. XXI
1896,435), die übrigens sämtlich jünger als das vierte Jahrhundert
sind, der Artikel hinter οΐ πρύτανεις fehlt, wie dies schon Köhler
bemerkt hat.

Berlin

Joh. Kirchner
 
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