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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 35.1905(1906)

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Beck, Ludwig: Die Familie Remy und die Industrie am Mittelrhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.70482#0026
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L. Beck

Diese gemeinsame Zunftordnung wurde dann wiederholt bestätigt und
zwar von Kurfürst Carl Caspar von Trier am 10. Juli 1668, von Johannette
Gräfin zu Sayn und Salentin Ernst Graf zu Manderscheid 1680, von Georg
Ludwig, Burggraf von Kirchberg am 12. September 1680, von Kurfürst Johann
Hugo von Trier 1687 und von Friedrich Wilhelm Graf zu Wied 1705.
Unter dieser Ordnung entwickelte sich das Eulnergewerbe im Kannen-
bäckerland bis in das zweite Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts zu grosser Blüte.
Dass Grenzhausen sich zum Vorort der keramischen Industrie empor-
geschwungen hatte, beweist der Wortlaut der Zunftordnung. Dass es auch im
Ausland dafür angesehen wurde und die bessere Ware aus dem Kannenbäcker-
land als Grenzhäuser bezeichnet wurde, geht aus einer von A. Demmin mit-
geteilten Urkunde, die sich im Archiv des Departement du Nord zu Lille be-
findet, hervor. Danach suchte im Jahr 1639 der pensionierte Hauptmann
Chabotteau von Bouvigne bei dem Grafen von Namur um ein Privilegium nach,
eine Steingutfabrik errichten zu dürfen, um Waren, wie die von Grenzhausen
und Siegburg machen zu dürfen:
„Jean Baptiste Chabotteau, capitain en retraite, domicilie a Bou-
vignes, conte de Namur, solicita en 1639 un privilege pour la fabri-
cation des pots de biere, plats, vases, pipes et autres, ä l’instar de
marchandises faites ä Grandhausen [Grenzhausen] et au delä de Co-
logne d’un lieu nomme Sibricht (Siegburg.)“
Ein gleiches Gesuch richtete Chabotteau 1640 an den Fürstbischof von
Lüttich. Als wichtigste Waren werden Bierkrüge, Schüsseln, Kannen und Pfeifen
genannt. Auch behauptete Grenzhausen im 17. Jahrhundert diese hervorragende
Stellung, was daraus hervorgeht, dass die jährlichen Hauptzunftstage der ge-
samten Zunft von 1666 an stets in Grenzhausen abgehalten wurden.
Graf Friedrich von Wied, der Gründer der Stadt Neuwied, der so eifrig
bemüht war, die Wohlfahrt seines Landes zu fördern, suchte das Kannenbäcker-
gewerbe in Grenzhausen dadurch noch weiter zu heben, dass er durch Erlass
vom 11. Oktober 1646 Eulnermeistern, die sich daselbst niederliessen, um ihr
Gewerbe zu treiben, Privilegien und Freiheiten gewährte.
An der fortschreitenden Entwickelung der Tonwarenindustrie in Grenz-
hausen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatten Jacob Remy und seine
beiden Söhne Peter und Wilhelm tätigen Anteil genommen. Näheres wissen
wir hierüber nicht, bezeugt ist nur, dass beide Söhne zu Wohlstand kamen,
zweifellos auf Grund des väterlichen Gewerbes. Auf diesem bauten auch deren
Nachkommen weiter.
Demmin erwähnt in seinen keramischen Studien eine schöne Grenzhäuser
Schenkkanne aus der früheren Sammlung von Dornbusch, auf der tanzende
Ritter und Edelfräulein in reicher englischer Tracht dargestellt sind, mit dem
Meisterzeichen W. R. 1667 und eine Wärmflasche aus der Paul’schen Samm-
lung mit der Marke J. R. 1679. Das erste könnte von Wilhelm Remy, dem
1640 geborenen Sohn des 1647 verstorbenen Wilhelm, zweiten Sohnes von
Jacob Remy herrühren, der als Meister in Grenzhausen lebte und der „lange
Wilhelm“ genannt wurde. Er war ein hervorragendes Glied der Familie Remy
 
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