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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Grünewald, Matthias [Ill.]; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Die Lindenhardter Tafelbilder von Matthias Grünewald: Kolloquium 26.-27 April 1977 in München — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 2: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.63241#0013
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Vorträge

Karl-Werner Bachmann, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Die Lindenhardter Altartafeln, ihr Schicksal, ihre Restaurierung und die Probleme der heutigen Restaurierung.

Die Gemälde des Lindenhardter Altars werden zur Zeit in
den Werkstätten des Bayer. Landesamts für Denkmalpfle-
ge restauriert. Untersuchungen am dazugehörigen Altar-
werk in Lindenhardt ergaben, daß dessen Erhaltungszu-
stand zufriedenstellend ist und dort im Augenblick keine
besonderen Restaurierungsmaßnahmen erforderlich sind.
Seit Karl Sitzmann 1926 die Gemälde Grünewald zuschrieb,
wird in der Fachliteratur immer wieder auf deren, die Male-
rei stark entstellende, Schadhaftigkeit hingewiesen. Der Er-
haltungszustand der Bilder ist also nicht erst seit wenigen
Jahren so schlecht.
Um verstehen zu können, weshalb die Bilder heute so rui-
niert sind, muß man sich mit ihrem Schicksal befassen.
Welche Funktion und welchen Rang hatten die Tafeln in-
nerhalb des Altarwerks? Erkannte man immer deren künst-
lerische Bedeutung? Welchen Umweltbedingungen waren
die Bilder im Verlauf ihrer langen Geschichte ausgesetzt?
Welche Veränderungen mußten sie durchmachen? Wieviel
Eingriffe hatte die Malerei zu überstehen? Geht man diesen
Fragen nach, wird klar, daß die Geschichte der Bilder pri-
mär mit dem Altar, dem sie angehören, verbunden war. Die-
se Tatsache erkennen wir deutlich, wenn wir jetzt die be-
merkenswertesten Ereignisse aus der Vergangenheit der
Tafeln betrachten.
Der Lindenhardter Flügelaltar entstand 1503. Diese Jahres-
zahl ist in die Seitenwand an der Epistelseite des Schreins
eingeschnitten.
Alle Bilder des Altars weisen sowohl Malränder als auch
Grundierungsgrate auf. Diese Merkmale zeigen, daß die
Bildträger nach ihrer Rahmung bzw. ihrem Einbau in den
Schrein grundiert wurden. So für die Bemalung vorbereitet,
sind die Bildträger bereits ganz in das Altarwerk integriert.
Die Datierung an der Schreinseite muß daher auch für die
Gemälde verbindlich sein.
In einem 1,69 m hohen, 1,53 m breiten und 0,45 cm tiefen
Schrein stehen unter einem geschnitzten Rankenschleier
als vollplastische Skulpturen die Muttergottes mit dem
Christuskind. Zu ihrer Rechten der Hl. Otto und zu ihrer Lin-
ken der Hl. Veit. Die Feiertagsseiten der Flügel zeigen an
der Evangelienseite die in flachem Relief geschnitzten
Skulpturen St. Wolfgang und St. Bartholomäus. Die Epistel-
seite stellt das Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde dar.
Die Malereien bedecken die Werktagsseiten der Flügel und
die äußere Schreinrückseite.
Das geschlossene Flügelpaar zeigt zusammen die vierzehn
Nothelfer, die Schreinrückseite den stehenden Schmer-
zensmann vor dem Kreuz mit Leidenswerkzeugen.
Die drei Tafelbilder sind in Ölmalerei bzw. mit einer sehr fet-
ten Tempera ausgeführt. Für den Hintergrund der beiden

1. Lindenhardt, Landkreis Bayreuth, Evang.-Iuth. Pfarr-
kirche


Flügelgemälde ist ein wässrig gebundenes Azurit verwen-
det worden.
Lindenhardt ist nicht der ursprüngliche Standort des Altars.
Er gehörte in die ca. 25 km entfernte, damals sehr bedeu-
tende Pfarrei Bindlach, für deren Kirche er geschaffen wur-
de. 1665 muß er dort einem neuen, größeren Altar weichen,
den sich die wohlhabende Gemeinde im Chor der Kirche er-
richten läßt. Der alte Choraltar erhält einen anderen Platz,
bleibt aber in derselben Kirche. Sicher wird der Altar, für
den kein besonderes Interesse mehr besteht, nicht allzu
sorgsam abgebaut, versetzt und wiedererrichtet. Vermut-
lich nehmen dabei schon manche Altarteile Schaden.
Am 10. April 1684 wird Lindenhardt von einer Brandkata-
strophe heimgesucht, der die Kirche, das Rathaus und der
gesamte Markt bis auf fünf Häuser zum Opfer fallen. Ver-
mögende Kirchenstiftungen müssen der von je her armen
Gemeinde bei der Neuausstattung ihrer abgebrannten Kir-
che helfen. So verschenkt die Pfarrei Bindlach unter ande-

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