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Kolloquium über das Acrylharzvolltränkungsverfahren <1977, Seehof, Memmelsdorf>; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Steinkonservierung: zur Erhaltung von Flurdenkmälern : Kolloquium über das Acrylharzvolltränkungsverfahren — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 4: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1979

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Snethlage, Rolf; Wihr, Rolf: Kolloquium über das Acrylharz-Voltränkungsverfahren
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.63472#0029
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O Druckbeaufschlagung mit 10—15 atü
O Ablassen der überschüssigen Imprägnierflüssigkeit.
Druck bleibt erhalten!
O Einleitung der Aushärtung unter Beibehaltung des
Druckes
o Herausnahme des Objekts nach erfolgter Härtung und
Druckentlastung.
Das Verfahren ermöglicht eine wichtige Variante, die für
den Einsatz in der Denkmalpflege entscheidend ist. Vor
Einleitung der Aushärtung kann dem Methylmethacrylat
(MMA) die Möglichkeit zum Abdampfen aus der Oberfläche
des imprägnierten Objekts gegeben werden. Die Oberflä-
che besitzt somit nicht den glasig-speckigen Glanz acrylge-
tränkter Objekte, sondern hat vielmehr ihr natürliches Aus-
sehen bewahrt, wobei eine leichte Nachdunklung, wie etwa
bei einem feuchten Stein, unter Umständen allerdings in
Kauf genommen werden muß. Das Ausmaß dieser Freile-
gung der natürlichen Oberfläche kann entsprechend den
Wünschen des Auftraggebers vorgenommen werden und
ist eine Frage der Abwägung zwischen unverändertem Aus-
sehen und erwünschter, neu gewonnener Festigkeit der
Oberfläche. Im Bedarfsfall kann sogar ein Abdampfen des
MMA bis in mehrere mm oder gar cm Tiefe (prinzipiell sogar
auch vollständig) erreicht werden. Dünne Oberflächenfilme
auf den Körnern, die trotzdem erhalten bleiben, können nur
rasterelektronenmikroskopisch nachgewiesen werden
(Abb. 1).
Selbst bei weitgehend fortgeschrittener Aushärtung (etwa
unmittelbar vor der Nachhärtung), ist eine Oberflächenbe-
handlung noch möglich, indem PMMA von speckig erschei-
nenden Partien chemisch abgelöst werden kann. Auf diese
Weise bleibt PMMA auch in den äußersten Oberflächenpar-
tien erhalten, so daß außerordentliche Festigkeiten der
Oberfläche zu erzielen sind.


Abb. 1: Detail-REM-Aufnahme eines Oberflächenkornes mit ei-
nem dünnen Film aus PMMA.
Vergr. 1500-fach; gesamte Bildgröße 0.075 x 0.075 mm.

Das geschilderte Imprägnierverfahren unterscheidet sich
von üblichen Vakuum-Imprägnierverfahren, von denen es
eine Vielzahl gibt, durch die Polymerisation (Härtung) des
Imprägniermittels unter Druck direkt im Stein. Dadurch wird
verhindert, daß das Imprägniermittel wieder teilweise aus
den Poren fließt. Die Folge ist eine völlige Ausfüllung des
Porenraumes bis in die Mitte der Proben, auch bei Objekten
von mehreren dm Stärke. Das Imprägnierverfahren ist für
die Firma IMCHEMIE patentrechtlich geschützt. Das Poly-
merisationsverfahren hingegen, d.h. die Anwendung der ab-
gestuften Peroxidsysteme zur Steuerung der Polymerisa-
tion, unterliegt keinem urheberrechtlichen Schutz, da der
Nachweis über das Herstellungsverfahren kaum zu führen
ist.
B. Verfahrensablauf und Verfahrenstechnik
Acrylate polymerisieren nicht bei Zimmertemperatur. Sie
benötigen daher sog. Härter, d.h. Substanzen, welche die
Polymerisation einleiten (Initiatoren), wobei jeder Härter ei-
ne bestimmte Anspringtemperatur besitzt, bei der er die Po-
lymerisation einleitet. Bei diesem Verfahren finden sog. Per-
oxide (z.B. Bezoylperoxid, Laurylperoxid) Anwendung,
durch deren geeignete Abstufung der Polymerisationspro-
zeß so gesteuert werden kann, daß er nicht außer Kontrolle
gerät.
Andere häufig eingesetzte Beschleuniger bei Kalthärtung
(Redox-System) sind Amine, die sich als Urheber der Vergil-
bung des Acrylglases herausstellten. Neben den Peroxiden
werden noch Vernetzer zugesetzt, um eine räumliche Ver-
netzung der Polymerketten zu erreichen (sog. 3-fach Acryla-
te).
Vor der Tränkung müssen die Objekte auf Werte unter 1 %
Wassergehalt getrocknet werden.
Das Tränkacrylat kann in unterschiedlicher Viskosität, je
nach Porenraum oder gewünschter Abdampfrate, einge-
stellt werden:
1. reines Monomer (= unvernetztes, monomolekulares
Ausgangsprodukt des PMMA)
2. anpolymerisiertes Acrylat
In beiden Fällen ist die völlige Durchtränkung gegeben. Die
Gefahren des Ausfilterns von höhermolekularen Bestand-
teilen bestehen nicht. Da alle Bestandteile miteinander po-
lymerisieren können, ist diese Gefahr auch bedeutungslos.
Anpolymerisiertes Acrylat läßt sich — mit verschiedener
Viskosität — durch 2 Maßnahmen herstellen:
a) Durch das chemische Anpolymerisieren; hier erfolgt ei-
ne Aneinanderschaltung der Grundmoleküle bis zu einer
einstellbaren Molekülkettenlänge. Infolge dosierter Zu-
gabe der Reaktions-Initiatoren wird dann die Reaktion
bei der gewünschten Kettenlänge abgebrochen.
b) Durch das Auflösen bereits auspolymerisierter Makro-
moleküle (PMMA). Je nach Menge der zugesetzten Ma-
kromoleküle erhält man ein Harz mit unterschiedlicher
Viskosität. Die Monomeren wirken dabei wie ein Lö-
sungsmittel; sie können aber weiter chemisch reagieren
und brauchen nicht wie bei einem Lösungsmittelsystem
zu verdampfen. Aufgrund ihrer Struktur sind sie ungesät-
tigte Grundmoleküle, die durch geeignete Maßnahmen
die Fähigkeit haben, sich mit aufgelösten Makromole-
külketten zu einem festen Körper zu verhaften. Es wird

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