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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 5.1971

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Saučin, Ladislav: Die slowakische Kunst der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.51699#0024
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durch (erst in der Schule bei Marastoni in Pest,
nachher bei Waldmüller in Wien und zuletzt bei
Cogniet in Paris). Während der Studien-Pausen
malte er Kirchenbilder, Stilleben und einen ganzen
Zyklus Militär-Genrebilder (Ausbildung der Neu-
linge). In Paris fand er Gefallen an einen konserva-
tiven romantischen Historismus und nach seiner
Rückkehr entschied er sich, in dieser Richtung zu
wirken. Er malte einige historische Bilder (Der hl.
König Ladislaus entdeckt eine Quelle u. a.), doch der
erhoffte Erfolg blieb aus. In dieser Zeit gibt er
sich ganz an Pest hin, wo er eine Stelle als Gymna-
sial-Zeichenprofessor bekam. Damals war von dem
Maler nur wenig zu hören. Seine Beziehung zum
heimatlichen Gebirgsland erneuert er vor seinem
Lebensende mit Bildern der Tatra und Košice
(Gesamtanblick auf die Hohe Tatra, 1885).
Vojtech Klimkovics (1833—1885) hatte keine
so vielseitige und lange Schulung erhalten wie sein
ältester Bruder František. Am Beginn der 1850-
Jahre weilte er kurz, zusammen mit František an
der Wiener Akademie bei Waldmüller, dessen Pri-
vatschüler der Bruder war. Auch V. Klimkovics
begann in der Familien-Werkstätte mit spät-bieder-
meierischen Bildnissen, doch in Wien schlägt er
im Sinne seines Meisters neue Töne an und beginnt
die Natur als die entscheidenste und einzige Instanz
in der Malereikunst zu betrachten. Das es anfangs
auch an Überzeugungskraft und Verinnerlichung
nicht felhte, zeigen zwei Studien-Bilder: Kopf
einer Alten und Kopf eines Alten. An ihnen lässt
sich kein stilisierendes Erfassen der Form erken-
nen, wie an den ählichen Arbeiten seines Bruders
aus der gleichen Zeit. Beide malten von Furchen
durchhölte Gesichter, beide legen im Sinne Wald-
müllers Gewicht auf die Zeichnung, doch Vojtech
Klimkovics verbindet Exaktheit eines geschäften
und fähigen Auges mit einem Gefühl für malerische
und räumliche Werte. Ein Suchen und Erfassen
der plastischen Werte der Dinge — diese neue Art
der Form - Interpretation — wurde zur Ausgangs-
basis der slowakischen Künstler in Richtung zum
Realismus als Stil und zur plastischen Idee der
zweiten Hälfte des 19. Jahruhnderts.
Diese schonungslose Sicht-Wertung der Wirklich-
keit stand im Gegensatz zur jeweiligen romantisch-
idealisierenden Art. Bei der neuen Orientierung
ging es um eine Darstellungsweise der Wirklichkeit,
welche die objektive Ähnlichkeit mit dieser ohne
idealisierende Verschönerungen und anderer Hinzu-

taten hervorrufen will. Beim Klassizismus, Empir,
Biedermieier und Nazarenismus ging es um die
Idee des Kopfes, doch der vom Realismus befan-
gene V. Klimkovics bemüht sich bei seiner Studie
um eine ,,Abschreibung“ des Kopfes, u. zw. so, wie
ihn das wirkliche Leben geformt hat.
Im Einklang mit der soeben beschriebenen
Orientierung begann Vojtech Klimkovics seine
Skizzenbücher mit Figuren und Wahrnehmungen
aus dem Leben zu füllen, mit der Absicht, diese bei
Genre-Kompositionen zu verwenden. Hinweise
dafür geben die Skizzen-Zeichnungen, wie z. B.
Nach der Versteigerung, Stiefelverkäufer am Jahr-
markt, Porträtieren in der Kneipe, u. a. Die Zeichen-
technik des Künstlers ist eine weiche, die Linien-
führung eine freie, ein wenig vibrierende und ist
somit im Gegensatz zur reinen Konturzeichnung
der jeweiligen akademischen Kunst, die doch die
Gegenstände im scharfen Abriss aus dem Hinter-
grund hervortreten lässt. Auch pflegte er die Inten-
sität des Striches zu ändern, was auch seinen male-
rischen Wert kennzeichnete. Schade, dass der
Künstler dieselbe Souveränität bei seinen litho-
grafischen Versuchen nicht zur Anwendung brachte
(Ansicht von Košice, u. a.).
Vom Jugendwerk und den ersten in der Technik
der Oelmalerei geschaffenen Bildern V. Klimkovics’
blieb nur ein Bruchteil zurück. Fürwahr auch dieser
ist von einer überschwenglich madj arischen und
laut romantisierender Gesprächigkeit gekenn-
zeichnet und blieb weit hinter den Erwartungen
(Fiedelnde Zigeuner inmitten einer Schneeverwehung,
Kneipen-Schlacht). Die Führung der Familien-
Werkstätte, in der der Künstler zusammen mit
seinem Bruder Flóriš Klimkovics ( 1 831 —1907)
arbeitete, haben ihn anfangs stark behindert und
erschöpft.
Besondere Bedeutung hatte sowohl die private,
als auch die am Košicer Realgymnasium pädago-
gische Tätigkeit V. Klimkovics’. Zu seinen Schü-
lern gehörten: L. Horovitz, J. Benczür und L.
Csordák, um nur die bekanntesten zu nennen.
Der Künstler sicherte dadurch der Stadt Košice
eine gewisse Kontinuität und Zusammengehörig-
keit der Künstler-Generationen, was in der Slowakei
bei weitem keine Selbstverständlichkeit war.

Leopold Horovitz: Rastelbinder, Oel, 1868

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