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Dabei spielte das Porträt keine passive sondern eine
markant aktive Rolle. Deshalb ist die Geschichte des
Porträts auch die Geschichte der Kunst als eines so-
zialen Instrumentes. Sie ist die Geschichte dessen, wie
die verschiedenen gesellschaftlichen Schichten ihre
Ideale eben mittels der Darstellung des menschlichen
Antlitzes durchsetzten.
Die Studie ist kein Versuch um die Geschichte des
Porträts. Sie illustriert nur auf ausgewählten typischen
Beispielen — indem sie sich dabei auf die Erkennt-
nisse der Fachliteratur stützt — die. Wandlungen der
fundamentalsten sozialen Funktionen des Porträtie-
rens. Mit Hinsicht auf die unermessliche Breite des
Themas verengt sie das Gebiet willkürlich auf die
europäische Kunst und auf ihre direkten Wurzeln,
ungeachtet dessen, ob die Ansicht, dass das Porträt
seinen Schwerpunkt eben in Europa hatte, berechtigt
ist. Auch in der ausserordentlich komplizierten Frage
der Begriffsbestimmung des Porträts nimmt die Auto-
rin aproximativ die Voraussetzung an, dass das Porträt
jede Darstellung des menschlichen Gesichtes ist, das
sich in einer Weise auf einen bestimmten Menschen
bezieht. Die Wandlungen der sozialen Funktionen des
Porträtgenres verfolgt sie von den ältesten Darstellun-
gen im alten Ägypten bis zum photographischen Por-
trät des 20. Jahrhunderts. So gelangt sie zur Über-
zeugung, dass die Veranschaulichung des menschlichen
Antlitzes ein beständiges künstlerisches, philosophi-
sches und soziales Phänomen ist, das nie seine Aktua-
lität verlieren wird. Es ändern sich die Formen und
Mittel, mit denen das menschliche Gesicht dargestellt
wird, es ändern sich die Auffassungen der menschlichen
Persönlichkeit, es ändern sich die Funktionen des Por-
träts selbst, in komplizierter Weise verflechten sich
seine Bedeutungen und Rollen. Das Porträt ist nie
eine einschichtige und monolithische Erscheinung —
weder in Zeitabschnitten, noch in bestimmten geogra-
phischen Gebieten. Die Darstellung eines konkreten
menschlichen Antlitzes trägt viele Bedeutungen und
viele Funktionen in sich. Im geschichtlichen Verlaufe
ändert sich ihr Verhältnis: einige von ihnen treten
in den Hintergrund, andere behalten für lange Zeit
ihre primäre Stellung. Das Tradieren einiger Funktio-
nen kann mit verschiedenen künstlerischen Ansichten
verbunden werden, und umgekehrt. Andere Bedeutun-
gen und Funktionen verlieren Aktualität, sie bleiben
jedoch potentiell anwesend, sie gewinnen in anderen
Zusammenhängen und in neuer Form wieder Aktua-
lität.
Dabei spielte das Porträt keine passive sondern eine
markant aktive Rolle. Deshalb ist die Geschichte des
Porträts auch die Geschichte der Kunst als eines so-
zialen Instrumentes. Sie ist die Geschichte dessen, wie
die verschiedenen gesellschaftlichen Schichten ihre
Ideale eben mittels der Darstellung des menschlichen
Antlitzes durchsetzten.
Die Studie ist kein Versuch um die Geschichte des
Porträts. Sie illustriert nur auf ausgewählten typischen
Beispielen — indem sie sich dabei auf die Erkennt-
nisse der Fachliteratur stützt — die. Wandlungen der
fundamentalsten sozialen Funktionen des Porträtie-
rens. Mit Hinsicht auf die unermessliche Breite des
Themas verengt sie das Gebiet willkürlich auf die
europäische Kunst und auf ihre direkten Wurzeln,
ungeachtet dessen, ob die Ansicht, dass das Porträt
seinen Schwerpunkt eben in Europa hatte, berechtigt
ist. Auch in der ausserordentlich komplizierten Frage
der Begriffsbestimmung des Porträts nimmt die Auto-
rin aproximativ die Voraussetzung an, dass das Porträt
jede Darstellung des menschlichen Gesichtes ist, das
sich in einer Weise auf einen bestimmten Menschen
bezieht. Die Wandlungen der sozialen Funktionen des
Porträtgenres verfolgt sie von den ältesten Darstellun-
gen im alten Ägypten bis zum photographischen Por-
trät des 20. Jahrhunderts. So gelangt sie zur Über-
zeugung, dass die Veranschaulichung des menschlichen
Antlitzes ein beständiges künstlerisches, philosophi-
sches und soziales Phänomen ist, das nie seine Aktua-
lität verlieren wird. Es ändern sich die Formen und
Mittel, mit denen das menschliche Gesicht dargestellt
wird, es ändern sich die Auffassungen der menschlichen
Persönlichkeit, es ändern sich die Funktionen des Por-
träts selbst, in komplizierter Weise verflechten sich
seine Bedeutungen und Rollen. Das Porträt ist nie
eine einschichtige und monolithische Erscheinung —
weder in Zeitabschnitten, noch in bestimmten geogra-
phischen Gebieten. Die Darstellung eines konkreten
menschlichen Antlitzes trägt viele Bedeutungen und
viele Funktionen in sich. Im geschichtlichen Verlaufe
ändert sich ihr Verhältnis: einige von ihnen treten
in den Hintergrund, andere behalten für lange Zeit
ihre primäre Stellung. Das Tradieren einiger Funktio-
nen kann mit verschiedenen künstlerischen Ansichten
verbunden werden, und umgekehrt. Andere Bedeutun-
gen und Funktionen verlieren Aktualität, sie bleiben
jedoch potentiell anwesend, sie gewinnen in anderen
Zusammenhängen und in neuer Form wieder Aktua-
lität.