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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0019
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TROISCHER KREIS.

A. VORGESCHICHTE.

Von den mythischen Ereignissen, welche dem Beginn
des troischen Krieges vorausgehen, haben sich in Sarkophag-
darstellungen bisher nur drei gefunden: Die Vermählung
des Peleus mit der Thetis i, die Geschichte der
Leda 2—9, das Parisurtheil 10—19.

Bei der, vielleicht nicht nur für uns, sondern bereits
im Alterthum singulären Darstellung von Peleus' Hoch-
zeit 1, welche mit den älteren Darstellungen desselben
Vorgangs in keinem Zusammenhange steht, tritt das mytho-
logische Interesse so gut wie völlig zurück; der Bedeutung
des Gegenstandes nach unterscheidet sich dieser Sarkophag
kaum wesentlich von den Hochzeitssarkophagen aus der
Klasse der Vita communis.

Die Ledagruppe findet sich rein decorativ verwandt
in zwei Typen, von welchen der eine 9 auf ein statuari-
sches, der zweite 3—8 auf ein malerisches Vorbild zurück-
zugehen scheint; doch gehört 3. 4 wahrscheinlich nicht zu
den Sarkophagen; bei 5 und 6 ist die Gruppe zur Aus-
füllung des Raumes unter dem die Mitte der Vorderseite
einnehmenden Porträtrund verwandt, bei 7 und 9 auf der
Schmalseite, bei 8 am Akroterion des Deckels angebracht.
Nur einmal wird die ganze Geschichte der Leda in einer
Folge von Scenen bildlich vorgeführt 2. Auch hier aber
ist die Mittelscene, die Geburt der Helena und der Dios-
curen, unverkennbar im Anschluss an Typen der Vita com-
munis gestaltet.

Das von der antiken Kunst in allen ihren Epochen
besonders bevorzugte Parisurtheil findet sich auf Sarko-
phagen in zwei Haupttypen dargestellt; in dem ersten 10—
15 sitzt Paris nach rechts gewandt, die drei Göttinnen, auch
Iuno, stehen ihm gegenüber; in dem zweiten, wie es scheint
ausschliesslich an Sarkophagdeckeln verwandten, Typus 16—
17. 18? sitzt Paris nach links, und von den Göttinnen ist
Iuno durch einen hohen Thronsessel ausgezeichnet, wie

sie, fast einem Cultbild ähnlich, wiederholt auf römischen
Bildwerken und sogar schon auf griechischen Vasen bei
dieser Scene erscheint, ein dem Local des Vorgangs nicht
ganz angemessenes Motiv. Der erste Typus bringt ausser
den Hauptfiguren auch die Gottheiten des Gebirges, die
Quellnymphen des wasserreichen Ida, den Berggott selbst,
die Erdgöttin, sowie die auf den Abhängen gelagerte Heerde
des Paris zur Darstellung; seine Entwickelungsgeschichte
von einreihiger 10 zu zweireihiger Figurenanordnung 12
und von dieser zu einem staffelartigen Aufbau auf ent-
wickeltem landschaftlichem Hintergrund 11 (vgl. 13. 14)
lässt sich in den erhaltenen Exemplaren noch ziemlich
genau verfolgen. Damit Hand in Hand geht die Weiter-
bildung zu einer doppelscenigen Composition. Bei dem
ältesten Exemplar 10 nimmt die Darstellung des Urtheils
die ganze Vorderseite ein; der vorhergehende und der fol-
gende Moment werden auf den Schmalseiten durch die
Figuren des einsamen Paris und der triumphirenden Venus
nur angedeutet. Später wird die Vorderseite durch zwei
gleich grosse Scenen eingenommen; neben dem Urtheil
wird die Folge desselben, die Rückkehr der Göttinnen,
die auch schon auf 10b in der Einzelfigur der Venus ver-
anschaulicht war, und die Rüstung des Paris zur Darstel-
lung gebracht 11—14. Für diese neue Scene werden in-
dessen lediglich die figürlichen Elemente der ersten Scene,
sowie künstlerisches Gemeingut der Kaiserzeit verwandt;
schwerlich wird man sie auf ein selbständiges Vorbild aus
der grossen Kunst zurückführen dürfen; vielmehr hat man
sie sich im Kreise der Sarkophagfabrication selbst entstanden
zu denken. Einmal erscheinen auch die Hauptfiguren des
Parisurtheils einzeln zwischen Säulen gestellt 19; es ist auch
das einzige Mal, dass unter denselben die Eris erscheint;
indessen ist es ungewiss, ob das Stück zu einem Sarkophag
gehört.
 
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