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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0035
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URTHEIL DES PARIS Tafel V

Die bisherigen Versuche, diese Kriegcrfigur zu benennen,
sind ohne Rücksicht auf ihre Kopfwendung und ohne Kennt-
niss des Umstandes, dass neben ihr ein oder zwei Amoren
standen, unternommen worden. Den meisten Beifall hat
die von Beger und Zoega ausgesprochene Deutung auf
Mars gefunden, der sich, jedoch mit theilweise abwei-
chender Erklärung seiner Bedeutung an dieser Stelle,
Welcker, Gerhard, Panofka und zuletzt Matz ange-
schlossen haben; letzterer wollte das Erscheinen des Mars
analog der, wie er annahm, vorbedeutenden Erscheinung
der Eris auf den Vasen in Carlsruhe und Petersburg erklä-
ren, eine Auffassung, die mir von vielem Anderen abge-
sehen schon sowohl durch die Anwesenheit der Amoren

Göttinnen nachschaut, so ergiebt sich unschwer der Schluss,
dass wir in dieser so sehr in den Vordergrund gerückten
Gestalt Paris zu erkennen haben, der die phrygische Hirten-
tracht abgelegt hat und sich zum Zug nach Griechenland
und zum Raub der Helena zu rüsten im Begriffe steht.
Die Amoren, welche Venus bei ihm zurückgelassen hat,
stehen ermunternd ihm zur Seite. Paris selbst aber blickt
freudig seiner göttlichen Freundin nach und schwingt, sich
jugendkräftig emporreckend, kampfesmuthig Schwert und
Schild.

Eine ähnliche Auffassung des Parisurtheils wie auf
diesem Sarkophag findet sich auf dem bekannten Relief der
Villa Ludovisi (Schreiber Villa Ludovisi S. 126 Nr. 106, nach

als durch die Kopfwendung der Figur ausgeschlossen zu einer neuen, die Ergänzungen genau angebenden Zeichnung
sein scheint. Michaelis erkennt in der Gestalt den Ver- von Eichler hier abgebildet); es ist indessen keine Sarkophag-

relief in villa ludovisi

storbenen „dem ja dieser Platz (im Centrum des Bildes)
zukommt, allerdings nicht in der Tracht des täglichen
Lebens, sondern nach griechischer Weise heroisirt." Allein,
so gewöhnlich es ist, dass in den der Heldensage entnom-
menen Sarkophagdarstellungen der Held die Porträtzüge
des Verstorbenen erhält, so beispiellos ist es, dass das
Porträt des Todten ohne Zusammenhang mit der darge-
stellten Begebenheit mitten zwischen die Götter- und Hel-
dengestalten hineingesetzt sein sollte.

Erwägt man, dass die zweite Scene kein selbständiges
Interesse hat, sondern nur als Fortsetzung der ersten ge-
dacht und in Verbindung mit ihr verständlich ist, indem
der Darstellung des Parisurtheils der Moment nach dem
Urtheil angereiht wird (vgl. 10 b) und dass wir demgemäss
alle beim Parisurtheil betheiligten Figuren hier wiederzufinden
erwarten dürfen und in der That alle wiedergefunden
haben — bis auf Paris, erwägt mar^ ferner, dass die Göt-
tinnen gerade von dem Hrieger wegeilen und Iuno sogar
auf ihn zurückzublicken scheint, während er selbst den

platte, sondern diente als Wandschmuck eines Zimmers;
vgl. Schreiber Archäologische Zeitung XXXVIII1880 S. 157.
Wie auf 11 ist der Vorgang so gedacht, dass die Göttinnen
von Mercur einzeln dem Paris vorgestellt werden, und, wie
dort, ist der Moment zur Darstellung gebracht, in welchem
Venus vor Paris hintritt, während Iuno und Minerva im
Hintergrunde stehen, auch haben Venus und Iuno, wenn
nicht die gleiche Stellung, so doch die gleiche Gewandung,
wie auf 11. Auch die Darstellung des Berges Ida ist ver-
wandt; zur Andeutung der Vegetation genügt beide Male
ein Eichbaum; der Berggott kehrt ähnlich auf 12 wieder.
Eigenthümlich ist dem Ludovisischen Relief das Mädchen,
welches mit der Syrinx in der Hand neben Paris steht und
gewöhnlich mit Wahrscheinlichkeit, wenn auch nicht mit
absoluter Sicherheit, als Oenone gedeutet wird. Der Typus
des mit zurückgewandtem Kopf den geflüsterten Worten
des an seine Schulter lehnenden Amor lauschenden Paris
ist von pompejanischen Bildern und decorativen Reliefs
her bekannt (Helbig Wandgemälde Nr. 1271—1278; Schreiber
 
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