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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0037
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URTHEIL DES PARIS Tafel V

J9

Schooss" Matz. Die Deutung auf Paris, dem Amor von
Helena erzählt, hat Michaelis ausgesprochen. Es ist der-
selbe Typus wie auf dem Ludovisischen Relief S. 17, nur
nach der andern Seite gewandt. Das Fragment rührt ver-
muthlich von einer ähnlichen Darstellung des Parisurtheils
Wle 11—14 her, nur dass die Haltung des Paris verändert ist.

16) D. Relief an der linken Seite des Deckels des
Endymionsarkophags aus Bordeaux (vgl. Band III); Paris,
Louvre, Salle de la Psyche Fig. 16. Parischer Marmor.
L. o, 52. H. o, 32. Zeichnung von Eichler 1878.

Der Sarkophag wurde im Jahre 1 805 in Saint-Medard-d'Eyrun bei
Bordeaux auf dem Gut des Herrn de Conilly gefunden und um das
Jahr 1 816 durch den Generaldirektor der Museen de Forbin im Auftrag
von Ludwig XVIII für den Louvre erworben. Er enthielt das Skelett
eines Mannes; in demselben Grab wurde der Ariadnesarkophag (Clarac
Mus'ec de sculpture pl. 127 nr. 421, s. Bd. IV) gefunden, welcher als
Gegenstück zu diesem gearbeitet ist; das Nähere über die Fundumstände
•n Band III.

Abbildungen: Lacour (pere et fls) Antiquit'es bordelaises, Sar-
copbages trouv'es a Saint-M'edard-d'Eyrun, Bordeaux 1 806 pl. 3 —Millin
Atlas du voyage dam les departements du midi 1 807 pl. y6, 1 ■— Bouillon
Mus'ee des Antiques III (Bas-reliefs) 1 817 pl. III 3 — Clarac Mus'ee de
sculpture II 1826/»/. 165 nr. 437, 236 — Raoul Rochette Monuments
inedits 1833 pl. LXXVI 1.

Litteratur: Lacour a. a. O. p. 12—27; Millin a. a. O. IV
P- 6 52—6 5 6 ; Visconti Appendice du Mus'ee Napoleon nr. 406 (= Opere
varie IV p. 490); St.Victor bei Bouillon a. a. O. p. 6, Clarac Catal. nr.
43 7; ders. Mus'ee de sculpture II 1 p. 648,Welcker Annali delf Instituto
XVII 1845 p. 201 (= Alte Denkmäler V S. 423 Nr. 83); Raoul Ro-
chette a. a. O. p. 268; Overbeck Bildwerke zum thebischen und tro-
ischen Sagenkreis S. 244 Nr. 7 3 ; Stephani Compte-rendu 1863 S. 6 A. 3 ;
Frühner Notice de la sculpt. ant. du Mus'ee national du Louvre/>. 3 9qnr.q.2 6.

Paris in asiatischer Kleidung, mit phrygischer Mütze,
Aermelchiton, Chlamys und Hosen sitzt rechts auf einem
Steinsitz; in der linken Hand hält er das Pedum, mit der
Rechten reicht er der Venus den Apfel. Neben ihm sitzt
mit hochemporgerichtetem Kopf sein Hund. Ein unge-
flügelt gebildeter Amor, der mit über einander geschla-
genen Beinen weit vornüber gebeugt dasteht, stützt den
linken Ellenbogen auf Paris' rechtes Knie, während er die
Wange in die linke Hand legt; in der andern Hand trägt
er eine brennende Fackel, sein Blick ist auf Paris gerichtet.
Hinter ihm erscheint in Vorderansicht Mercur mit Chla-
mys, Petasus und Caduceus; der rechte Fuss steht auf
einer Felserhöhung, der rechte Arm ist auf's rechte Knie
gestützt, und die rechte Hand legt er nachdenklich an's
Kinn. Links folgen die drei Göttinnen, zuerst Venus,
111 dem kunstvoll geordneten Haar ein Diadem; der dünne
Chiton ist von der rechten Schulter herabgeglitten, ein
Mantel ist um den Unterkörper gelegt und über die linke
Schulter geworfen, die Linke hält ein Scepter. Während
die Göttin die R.echte begierig nach dem dargebotenen
Apfel ausstreckt, wendet sie den Kopf triumphirend nach

ihren besiegten Nebenbuhlerinnen zurück. Den Ehrenplatz
in der Mitte nimmt Iuno ein; sie sitzt auf einem polster-
belegten Stuhl und ist mit einem Aermelchiton und einem
Mantel, der hinten über das mit einem Diadem geschmückte
Haupt gezogen ist, bekleidet. In der Linken hält sie eine
grosse brennende Fackel. Neben ihrem Stuhl sitzt auf einem
umgestürzten Kalathos ein Pfauenweibchen (nicht ein Schwan,
wie Fröhner angiebt). Hinter ihr steht Minerva im gegür-
teten, ärmellosen Chiton mit Helm, Schild und Lanze.

Der Sarkophag gehört in die ersten Jahrzehnte des
III. Jahrhunderts, wie die Haartracht an den abbozzirten
Köpfen der Luna und des Endymion in der Hauptdar-
stellung zeigt.

17) D. F. Paris, Louvre Fi. 17. L. 0,65. H. 0,36.
Zeichnung von Eichler 1873.

Nach den übereinstimmenden Angaben von St. Victor und
Clarac stammt das Relief aus Villa Borghese, indessen lässt es sich
mit keinem der von Montelatici in seiner Beschreibung der Villa
Borghese erwähnten Reliefs identificiren, und die Beschreibung, welche
Zoega von einem nach seiner Angabe in Villa Albani befindlichen
Relief giebt, passt auf dieses so vollkommen, dass man wohl einen
Irrthum hinsichtlich der Provenienzangabe, wie er bei der Menge der
in napoleonischer Zeit nach Paris entführten Stücke und der Klein-
heit des Objectes leicht entstehen konnte, anzunehmen berechtigt ist.
Zoega's Beschreibung App. Fol. 192 Nr. 11 1 lautet nach einer der
Freundlichkeit J. L. Ussing's verdankten Abschrift: Lastra di lavoro
molto cattivo. Sur uno scoglio siede Paride clamidato, in testa la berretta
frigia, nella s. un ramo fronduto, la d. aperta e tesa innanzi, voltato
alla destra. Incontro stanno Mercurio, Venere mezzignuda aecompagnata da
un amorino, Giunone in abito matronale assisa in trono con un pavone
accanto al trono, e Minerva arinata al solito. Mercurio i petasato e cla-
midato, sul braccia s. il cadueco, la destra alzata alla testa come per indicare
attenzione a quanto succede. Amore senz1 ali e vestito di clamide lunga,
sta appoggiandosi col gomito s. al ginocchio d. di Paride, guarda alla d.
e coW alzata cl. porge un pieeol pomo a Venere. Le tre dee sono tomate
obliquamente alla s. verso Paride. Venere e Giunone hanno le Stephane 0
il cosi detto diadema in testa. Das Relief wird also identisch sein mit
dem Giudizio di Paride di marmo, welches in dem Spcccbio generale di
tutti gli oggetti rt" arti e scienze che partono da Roma per Parigi nelP anno
VIo delf era repubblicana 1-797 (abgedr. in der Correspondance de Napo-
leon /, HI p- 502) unter A(lbani) 164 aufgeführt wird. Nun schreibt
Winckelmann Monumcnti inediti I p. 6 Non posso tralasciare di notare
che anche Giunone.. . venga figurata con una face, e quel cV e singolarein
un bassorilievo acquistato a Roma da S. A. il sig. Principe di
Anhalt-Dessau, il quäle rappresenta ilguidizio de Paride, ove Giunone
sta assisa col pavone sotto la sedia parimente con una face ardente e ritta,
a guisa di scettro. Unter den Antiken in Würlitz, wo man es zunächst
suchen durfte, findet sich, wie mir Herr Hofrath Heraeus auf meine
Anfrage freundlichst mitgetheilt hat, das hier beschriebene Relief nicht;
auch weist Nichts darauf hin, dass es sich jemals dort befunden habe.
Andererseits kann aber auch das Pariser Relief, als Winckelmann diese
Worte schrieb, noch nicht in Albani's Besitz gewesen sein, da er es
sonst wohl erwähnen würde. Bei diesem Stand der Frage ist es das
 
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