Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0092
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
74

TROISCHER KREIS

Der Deckel gehört zu dem im Jahre 1755 von der Gräfin
Dowager of Pomfret der Universität Oxford geschenkten Theil
der Arundell Collection und ist vermuthlich von Arundell im
Anfang des 17. Jahrh. in Rom erworben worden, s. Michaelis
Ancient Marbles in Great Britain p. 7. p. 539. p. 566. Rubens sah
den Deckel bereits im Jahre 1620 bei Arundell und Hess ihn
durch einen seiner Schüler zeichnen; Rubens an Peiresc 16 März
1636 (Rosenberg Rubensbriefe Nr. 115 S. 208).

Abbildungen: Chandler Marmora Oxoniensia 1763 I t. 54
nr. 147. Danach Heydemann Iliupersis auf einer Trinkschale des
Brygos 1866 Taf. II Nr. 3. — Wiener Vorlegeblätter Ser. C Taf. XI
Nr. 3 nach Eichler's Zeichnung.

Litteratur: Rubens a. a. O.; Chandler a. a. O. p. VII;
Dallaway Anecdotes of the Arts in England 18 00 I p. 256; Millin in
der französischen Uebersetzung dieses Werkes I p. ^85; Raoul
Rochette Monumcns in'edits 1826—1833 p. 284 n. 2. p. 206
nr. 7. p. 418; Welcker Allgemeine Hall. Literatur-Zeitung 1836
S. 611; Overbeck Bildwerke zum thebischen und troischen Helden-
kreis 1857 S. 460 Nr. i2i. S. 610. S. 625; Handbook, Guide
for the University Galleries 1862 (2. Aufl. 1865) p. 23 nr. 101;
Hübner Archäologischer Anzeiger 1866 S. 303*; Heydemann
a. a. O. S. 31; Conze Anzeigen der Göttinger Gelehrten Gesell-
schaft der Wissenschaften 1867 S. 500; Michaelis a. a. O. p. 566
nr. in; L. von Urlichs Das hölzerne Pferd (Vierzehntes Programm
des von wagner'schen Kunstinstituts) 1881 S. 16 (F).

Als Eckmasken die mit phrygischer Mütze bedeckten
Köpfe jugendlicher Troianer, beide mit schmerzlichem
Gesichtsausdruck. Die erste Scene, Einführung des
hölzernen Pferdes in Troia, hängt mit der zweiten
mittleren, Niedermetzelung zechender Troianer,
eng zusammen, während die dritte einen zeitlich früher
fallenden Vorgang, die Schleifung von Hectors
Leiche, darstellt, wahrscheinlich, wie Michaelis bemerkt,
als eine wesentliche Vorbedingung für die Eroberung von
Troia.

In der linken Seitenscene wird das auf Rollen stehende
hölzerne Pferd, das auf seinem Kopf einen Helm und an
der rechten Flanke einen Schild trägt, durch das Thor in
die Stadt gezogen. Drei Troianer, alle in phrygischer Mütze,
gegürtetem Aermelchiton, Hosen und Schuhen, halten den
langen Strick gefasst; die beiden vorderen schreiten kräftig
ziehend nach rechts, der dritte hat sich umgekehrt und
scheint, sich vorbeugend und mit dem linken Fuss sich auf
den Boden stemmend, das in's Stocken gerathene Pferd durch
einen kräftigen Ruck in Bewegung setzen zu wollen.
Hinter dem Rücken des Pferdes wird ein vierter Troianer,
in derselben Tracht wie die drei anderen, sichtbar, der den
Kopf zurückwendet und den rechten Arm nach rückwärts
ausstreckt, sei es, dass er prüfend die Höhe des eben von
dem Pferd passirten Thores mustert, sei es, dass er weitere
noch vor dem Thor befindliche Troianer herbeiruft
(Heydemann. Michaelis). Vor dem Pferde her schreitet
König Priamus, wie Heydemann und v. Urlichs diese

Figur richtig benennen, während Matz und Michaelis an
Cassandra dachten. Er trägt gegürteten Aermelchiton
und langen Mantel, dessen einen Zipfel er über den linken
Arm geworfen hat, eine Drapirung, die bei einer Frau und
namentlich einer Prophetin nicht gewöhnlich wäre. In der
linken Hand trägt er einen Oelzweig, vielleicht als Symbol
des vermeintlich erlangten Friedens. Dass der abgebrochene
Kopf nach dem Pferd zurückgewandt und der gleichfalls
abgebrochene Arm nach rückwärts ausgestreckt war, lässt
sich aus der Haltung des Oberkörpers entnehmen. Auch
die rechts folgende Figur, ein bärtiger Troianer, in gleicher
Tracht wie die Uebrigen, muss wohl mit v. Urlichs noch zu
dieser ersten Scene gezogen werden; der kleine Rest des
weit zurückstehenden Beins lehrt, dass er im Ausschreiten
begriffen war; der rechte Arm ist hinter den Kopf erhoben,
ein Gleiches darf für den jetzt abgebrochenen linken Arm
vorausgesetzt werden; er trug also entweder auf dem
Rücken eine Last oder ldatschte jubelnd in die Hände,
wie die entsprechenden Figuren auf der Tabula iliaca und
dem von Urlichs a. a. O. publicirten pompeianischen Bild.

In der sehr zerstörten Mittelscene werden drei Tro-
ianer, welche die vermeintliche Befreiung von der Kriegs-
noth durch ein Trinkgelage feiern, von den aus dem höl-
zernen Pferd gestiegenen Achaeern hinterrücks überfallen
und abgeschlachtet. Proklos : oi os Tpöösg räv Ktz/cüv imoXaßovrsg
dirrj'X'kdyßai tov ts "bovpsiov I'ttttov sig ttjv ttöXiv slgoeyovTat, oisXovTsg
jxkpog ri tov Tstypvg, Kai smyovvTca &g vsviicrßOTsg Tovg JEXXyjvocg
.... TpaTTsvrsg ts sig sv(j>poavv?jv euwypvvrcu &g ämr^-Xayßhoi tov
Tioksßov. Die drei Troianer, von denen der mittlere jugend-
lich, die beiden anderen bärtig sind, tragen die phrygische
Mütze und doppelten Chiton, den unteren mit langen, den
oberen mit kurzen Aermeln. Sie haben sich auf den felsigen
Boden gelagert; der an der linken Ecke hält noch in der
linken, der mittlere in der rechten Hand ein Trinkgefäss,
der an der rechten Ecke hat das seine, einen mit horizon-
talen Riefeln versehenen cylinderförmigen Becher, fallen
lassen. Der Troianer links wendet das Gesicht zurück und
greift mit der Hand erschreckt nach dem Hinterkopf; der
Grieche, welcher ihn überrascht hat, scheint, soweit die
starke Zerstörung ein Urtheil gestattet, sich weit nach vorn
übergebeugt zu haben; der rechte Arm ist gebogen und
wohl im Begriff dem Troianer das Schwert in den Rücken
zu stossen; nach den Resten an der rechten Schulter
scheint er gepanzert gewesen zu sein. Der zweite hinter
dem jugendlichen Troianer stehende Grieche trägt Panzer,
eine flatternde Chlamys, Schild (?) und Wehrgehäng; mit
geschwungenem Schwert, von dem die Spitze erhalten ist,
bedroht er den Troianer, der gleichfalls das Gesicht zurück-
wendet und sich mit der Linken an den Hinterkopf fasst. Der
dritte besser erhaltene Grieche in Helm, Panzer, flatternder
Chlamys und Stiefeln stösst, sich nach vorn überbeugend,
dem an der rechten Ecke sitzenden Troianer das Schwert
 
Annotationen