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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0132
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ii4

TROISCHER KREIS

Amazone von 90 eine nach links fliehende im Chiton und
flatternden Mantel 3 der Kopf, der rechte Unterarm und
die linke Hand sind modern. Der zu Winckelmann's Zeit
noch ganz erhaltene Unterarm war nach dem Hals des
Pferdes hin vorgestreckt, s. Fig. 92', wie bei der an glei-
cher Stelle erscheinenden Amazone auf 89, der die Ama-
zone auf diesem Sarkophag vermuthlich ganz ähnlich war.
Sie durfte daher nicht mit zum Schlag erhobenem, sondern
musste mit flehend vorgestrecktem rechtem Arm ergänzt
werden. Mit der Kopfwendung hingegen hat der Ergänzer
trotz der abweichenden, wahrscheinlich ungenauen Wieder-
gabe bei Winckelmann gewiss das Richtige getroffen; vgl.
auch 93. In dem unteren Raum links die verwundet am
Boden sitzende Amazone (nackter Krieger Fig. 92'), ähnlich
wie auf 87 (rechte Seitengruppe), 89, 90, den Oberkörper in
Vorderansicht, die Beine im Profil; der gegenwärtig durch
Ueberarbeitung sehr entstellte Kopf trug, wie Fig. 92'
lehrt, ursprünglich den Helm. Weiter rechts ein ver-
muthlich verwundet zu denkender, bärtiger Krieger in
Helm, Panzer, Paludamentum und Stiefeln, der auf seinem
gestürzten Ross zu sitzen scheint (Amazone Fig. g2');
sein Schild liegt rechts vor dem Fuss des Achilles; vgl.
den an derselben Stelle angebrachten Krieger auf 88, wo
jedoch das Ross fehlt.

In der rechten Seitengruppe dieselben drei Haupt-
figuren wie auf 87. Der Krieger, von dessen linker Hand
die beiden kleinen Finger antik sind, hat die nach links
reitende Amazone um den Hals gepackt und würgt sie.
Stellung und Gewandung des Kriegers sind genau die-
selben, wie auf 87; von dem Helm hat sich das von dem
Ergänzer missverstandene Ende des langen Busches über
dem ergänzten rechten Arm erhalten. Die Amazone trug
statt des ihr vom Ergänzer gegebenen Schwertes in der
Rechten wie auf 87 die Bipennis, von deren Stiel zu
Winckelmann's Zeit noch ein grösseres Stück erhalten war
Fig. g2'. Auch die von links zu Hilfe herbeisprengende
Amazone entspricht fast genau der gleichen Figur auf 87,
nur ist hier ihre rechte Brust entblösst und fehlt der
Köcher. An der rechten oberen Ecke der Trompeter, wie
auf 89. 90, zu Ross, und in Helm, Panzer und Paludamen-
tum, wie auf 89; doch hielt er hier die Trompete mit
der rechten Hand und legt die linke an den Hinterkopf.
Im unteren Räume links ein gestürztes Ross, dahinter
eine am Boden sitzende oder knieende, mit Chiton be-
kleidete Amazone, vermuthlich die abgestürzte Reiterin
(fehlt Fig. 92'). Darüber eine Amazone in schwer ver-
ständlicher Stellung, entweder knieend oder zu Boden
sinkend; sie trägt einen die rechte Brust freilassenden
Chiton, hält mit der Linken die mit einem Gorgoneion ge-
schmückte Pelta vor die Brust und trug in der jetzt feh-
lenden vorgestreckten Rechten die Bipennis Fig. g2'.
Weiter rechts eine auf das Gesicht niedergestürzte Ama-

zone in einem die rechte Brust freilassenden Chiton mit
gegürtetem Ueberschlag, am linken Arm den Schild. Die
hohe Lage des auf den Knieen ruhenden Unterkörpers
und der links sichtbar werdende Kopf eines gestürzten
Pferdes lassen erkennen, dass sie über den Hals ihres
Pferdes kopfüber niedergestürzt ist; es ist somit eine
Weiterbildung der an derselben Stelle auf go und in der
linken Seitengruppe auf 8g angebrachten Figur.

An jeder Ecke eine nach aussen weg schreitende Ama-
zone in einem die nach innen gekehrte Brust freilassen-
den, mit gegürtetem Ueberschlag versehenen Chiton und in
Stiefeln. Mit dem nach innen gekehrten Arm führen beide
Amazonen ein sich aufbäumendes Ross am Zügel. Die (n
ihrem oberen Theil antiken, nach aussen gekehrten Arme
waren gesenkt; der Ergänzer lässt sie lange Stäbe tragen,
worauf auch die von ihm nicht beachtete Ansatzspur an der
rechten unteren Ecke hinweist. Dass aber diese Stäbe
Tropaeumstangen waren, lehren die an der linken oberen
Ecke erhaltenen und danach auch an der rechten oberen
Ecke richtig ergänzten Waffen, eine Pelta, eine Bipennis
und ein sichelförmiges Schwert; auch die beiden auf die
oberen Ecken der Schmalseiten übergreifenden Pelten sind
als Bestandtheile des Tropaeums aufzufassen.

Auf der linken Schmalseite Fig. g2a kniet ein Troia-
ner in phrygischer Mütze, einem die rechte Brust frei-
lassenden Chiton mit Ueberschlag und in Stiefeln vor einer
Amazone, deren Knie er mit erhobener Rechten flehend
berührt. Die Amazone, die einen die linke Brust frei-
lassenden Chiton mit gegürtetem Ueberschlag und hohe,
die Zehen freilassende Stiefel trägt, steht, die Linke auf
ihren Speer gestützt, in aufrechter Haltung da und scheint
mit der Rechten beruhigend den Kopf des Flehenden be-
rühren zu wollen. Links erscheint auf einer thurmartigen
Erhöhung stehend eine zweite Amazone, die mit einem
die rechte Brust freilassenden Chiton bekleidet ist, in der
Rechten die Bipennis trägt und mit der vorgestreckten
Linken die Pelta schwebend vor sich hält. Treffend er-
kennt Visconti in dieser Scene die Ankunft der Pen-
thesilea in Troia (vgl. 5g. 60. 61): Ventesilea medesima
con un Trojano cC suoi piedi che le abbraccia le ginocchia, e la
saluta qual überatrke della sua patria. Die Bewegung der
zweiten Amazone deutet Zoega wahrscheinlich richtig,
wenn er annimmt, dass sie der Penthesilea die Pelta herab-
reichen wolle.

Auf der rechten Schmalseite Fig. g2 b eine vom
Rücken gesehene Amazone in einem die rechte Schulter
freilassenden Chiton mit gegürtetem Ueberschkg, die in der
linken Hand eine Bipennis trägt und mit der rechten ein
sich aufbäumendes, mit einem Pantherfell bedecktes Ross
am Zügel hält; vgl. den Krieger in der Mittelscene von 77
 
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