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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0165
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ODYSSEUS Tafel L

H7

rät, eben den Zügel angelegt und hält den Blick gespannt
auf den Kopf des Pferdes gerichtet; in der erhobenen
Linken hält er eine kurze Peitsche, deren Stiel allerdings
etwas dick ausgefallen ist, so dass er bei oberflächlicher
Betrachtung als eine Schriftrolle erscheinen konnte, an der
aber die gewunden herabfallende Schnur ganz deutlich ist.
Ein langer Mantel liegt auf seiner linken Schulter und ist
mit einem Zipfel über den linken Unterarm geworfen.
Die Figur geht auf dasselbe Original zurück, wie das be-
kannte Relief in Palazzo Spada (Matz und von Duhn
Antike Bildwerke in Rom III S. 58 Nr. 3563; abgeb. Schreiber
Die Hellenistischen Reliefbilder Taf. 3) und wie die Dar-
stellung auf dem jetzt im South Kensington Museum be-
findlichen Elfenbeinkästchen aus Veroli [Bullettino delP In-
stituto 1860 p. 6). Da auf dem Sarkophag jede Andeutung
der Landschaft fehlt, so ist auch die Quelle weggeblieben,
die das römische Relief gewiss im getreuen Anschluss an
das Original zeigt. Es liegt also die von Strabo VIII p. 379
berichtete Sagenform zu Grunde, nach welcher Bellerophon
den Pegasos fing, als er ermattet aus der Quelle Peirene
trank. Einen etwas früheren Moment veranschaulicht ein
pompejanisches Bild aus augusteischer Zeit (Sogliano Le
pitture murali Campane scoverte negli anni iS6y-—yp p. 171
w. 520; abgeb. Giornale degli seavi di Pompei, nuova serie,
I tav. 7 nr. 1). F. von Duhn erklärt die Figur des Proitos
für das Porträt des Verstorbenen, die der Stheneboia
für eine Muse.

Auf der linken Schmalseite Fig.. 138 a Zweikampf
eines Kentauren mit einem bärtigen Lapithen. Der
Kentaur hat mit dem linken Arm den Hals des Lapithen
Umfasst und würgt ihn, indem er mit seinem rechten Arm
wie mit einem Hebel den eigenen linken Unterarm unter-
stützt und in die Höhe drückt. Der Lapithe, der mit
einem gegürteten Chiton bekleidet ist, tritt mit seinem
rechten Bein auf eine Terrainerhöhung und stemmt den
erhobenen linken Arm gegen die Schulter des Kentauren.
Rechts im Reliefgrund ein in der Scheide steckendes
Schwert mit Tragband, wohl dem Lapithen gehörig; links
em Oelbaum mit reifen Früchten.

Auf der rechten Schmalseite Fig. 138 b der trunkene
Herakles von Pan und einem jugendlichen Satyr gestützt,
^er nackte Heros schreitet unsicheren Schrittes, aber doch
mit einer gewissen Gravität einher, beide Arme auf die
Schultern seiner Begleiter legend. Der Satyr dreht den
Kopf mit spöttischem Ausdruck nach ihm hin und beleuch-
tet mit gesenkter Fackel den Weg vor seinen Füssen; vgl.
den Vesper auf 1. Der Pan legt stützend seine linke
Hand an die Seite des Herakles. Eine fast genaue Replik
uer Gruppe, in welcher nur die Trunkenheit des Herakles
nocfi stärker zum Ausdruck gebracht ist, findet sich auf

einem römischen Guirlandensarkophag in Ince Blundell
Hall (abgeb. Engravings and Etchings of Sepulchral Monu-
ments, Cinerary Ums, Gems, Bromes, Vrints, Greek Inscrip-
tions, Fragments, etc. in the Collection of Henry Blundell,
Esqu., at Ince II pl. 104 nr. 1, vgl. Michaelis Ancient Marbles
in Great Britain p. 391 nr. 275; s. Band IV dieses Werks).
Verwandt ist ferner die Darstellung des trunkenen He-
rakles im Thiasos auf bacchischen Sarkophagen, z. B. dem
Neapler (abgeb. Gerhard Antike Bildwerke Taf. 112 Nr. i;
s. Band IV dieses Werks). Noch mehr aber entspricht
der dargestellten Situation die Schilderung, die Theokrit
von dem unter dem Geleit seiner Enkelkinder Alexandros
und Ptolemaios von dem Gelage der Götter heimkehren-
den Herakles giebt XVII 28

r& Kai iTrei latryöev ioi KSKoprjßivog yßy
ve/cTupog evobjuoio <p"i\ag ig heeju dCkoypio,
t& ßev to^ov ZliicKev v<7rcäkhi6v re <f>ap£rpav,
T& "bk atbapeiov oKVTakov fcsxocpayßivov 5X,oig.
ot slg a/ußpösiov däkaßov Xev/coacpupov 'Hßyg
tkrXa Kai avTÖv äyovai yevei^rav Liög viöv.
Es ist nicht unmöglich, dass in 138 b und auf dem Sarko-
phag in Ince Blundell die Nachbildung einer Statuen-
gruppe erhalten ist, wie sie Vahlen stets als Vorbild der
Theokritstelle postulirt hat.

Auf der linken Hälfte der Rückseite Fig. 138 c ist
der Raub des Palladions dargestellt. Diomedes, nackt
bis auf die Chlamys, die mit zurückgeschobener Spange
auf seiner linken Schulter aufliegt und mit ihrem Zipfel
über seinen linken Unterarm geworfen ist, schreitet, wie
auf der Tabula iliaca (O. Jahn Griechische Bilderchroniken
Taf. 1. Taf. 2), voran. Er trägt in der vorgestreckten
Rechten das gezückte Schwert, dessen Klinge abgebrochen
ist, in der Linken das Palladion, zu dem er mit erstaun-
ter Miene den Kopf hinwendet; vgl. den Diomedes auf
einer unter Antoninus Pius geschlagenen argivischen Kupfer-
münze (abgeb. Journal of Hellenic studies 1885 pl. 54 K
nr. 44) und auf den Gemmen bei Millin Memoires de
VAcademie de Turin 1811. 1812 pl. 3 nr. 9. nr. 10. Das Palla-
dion ist mit Helm, Chiton und Obergewand beldeidet,
trägt an der linken Seite den Schild und streckt den
rechten Arm wagrecht aus. Odysseus, der mit Pilos,
gegürteter Exomis und einem auf der rechten Schulter
gehefteten und über den linken Arm geschlagenen Mantel
bekleidet ist und mit der Linken den Griff seines in der
Scheide steckenden Schwertes umfasst, fährt erstaunt nach
rechts zurück, indem er die Blicke starr auf das Palladion
gerichtet hält und mit dem rechten Zeigefinger nachdenk-
lich seinen Bart berührt; vgl. den Odysseus auf 3g. Da
offenbar das Palladion es ist, was das plötzliche Erstaunen
der beiden Helden erregt, so kann es kaum zweifelhaft
sein, dass die von Konon berichtete Sagenversion zu Grunde
 
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