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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0169
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ODYSSEUS Tafel LI

Um ein genaues Verständniss des Vorgangs zu ge-
winnen, muss man natürlich von der vollständigeren, wenn
auch bedeutend kleineren Wiedergabe auf der Gemme des
Felix ausgehen. Hier erscheint über dem Ulixes ein kleines,
offenbar in beträchtlicher Höhe zu denkendes Gebäude;
auf der Säule steht, dem Beschauer den Rücken kehrend,
eine nackte Apollofigur, die sich ebenso auf den Gemmen
des Dioskurides, Polykleitos und Gnaios und auf dem
Neapler Relief findet; Ulixes hat seinen rechten Fuss auf
eine niedrige Basis gesetzt; zwischen seinen Beinen liegt
getödtet oder schlafend ein Wächter am Boden. Auch
für die Deutung dieser Darstellung enthält die bereits
bei 138 c herangezogene Erzählung des Konon 34 den
Schlüssel: otsXXovtoci ovv stti t~i] KXoTtfj tov YlaXXah'ov Liojuyjhyjg Kai
Qbvaasvg, Kai dvaßaivsi &<ni to Tsiyog A/0juföy]g, hitißdg t&v
&ttuv 'OZvaasccg- 6 Bi ovk dvsXKuaag 'Oovaas'oc, Kakoi Tag yßpag
öpfyovra, fjsi T/jv siri HaWabiov, Kai d<j>eX6ßsvog avro vrpdg 'Ohvaaia
fyfw V7rsarps(f)s. Danach spielt der Vorgang nicht etwa im
Tempelbezirk der Athene Polias von Ilion noch überhaupt

Als das Original der Darstellung wird man ihrem
ganzen Charakter nach ein Gemälde anzunehmen haben,
und es ist wohl möglich, dass dies kein anderes war, als das
schon oben erwähnte in den Propyläen der athenischen
Akropolis, Pausanias I 22, 6 hiofxyjbrjg . . . . ttjv 'k&rjväv
d(f>aipov/xsvog s% 'IXt'ov.

Auf der rechten Schmalseite Fig. 139b ist die Er-
kennung des Ulixes durch Euryclea dargestellt.
Ulixes in schlechter Gewandung, einem ganz kurzen
Aermelchiton und Kniehosen, sitzt auf einem mit dickem
Polster belegten Steinsitz. Sein rechtes Bein steckt in
dem umgestürzten Kübel, in welchem ihm Euryclea die
Füsse zu waschen beschäftigt war; sie hat eben die
Narbe gefühlt, ihren Herrn erkannt und umfasst nun, von
Ueberraschung überwältigt wankend, mit beiden Händen
sein Knie, während ihr Ulixes mit vorgestreckter Rechten
schnell den Mund zuhält, um sie am Schreien zu verhin-
dern. Bekleidet ist Euryclea mit der für die Amme cha-

innerhalb der Stadt, sondern vor der Stadtmauer in der rakteristischen Haube und einem dicken, die linke Seite
Nähe eines Thors. Der Apollon, dessen Bild die Säule der Brust freilassenden Chiton. Hinter Ulixes steht mit

tr'ägt, ist der Hüter des Aus- und Eingangs, der Apollon
xyvievg oder npocTärrjg, dessen vor dem Stadtthor gelegener
Altar schon der alten epischen Sage wohl bekannt ist; an
ihm wird Troilos von Achilleus erschlagen; vgl. z. B. die
schwarzfigurige Hydria Monumenti delP Instituto I tav. 34
und die Schale des Euphronios bei Gerhard Auserlesene
griechische Vasenbilder III Taf. 224.') Auf diesen Altar
lst Diomedes von den Zinnen der Mauer herabgesprungen
Und lässt sich nun langsam gleitend zur Erde nieder; der
Unfreiwillig zurückgebliebene Ulixes steht lauernd da; viel-
leicht will er versuchen, das Palladium an sich zu reissen. 467 <rip ypyfig ysipeaai KaTaTrpyjviasi Xaßoüaa
Nur wenig variirt erscheint derselbe Vorgang auf einem
der beiden Silbergefässe von Bernay, wo Diomedes noch
nicht auf den Altar gesprungen ist, sondern erst den
^urgfelsen herabsteigt (abgeb. Raoul Rochette Monumens
nedits pl. 52).

struppigem Haupt- und Barthaar und gemeinem Gesichts-
typus Eumaeus, die Rechte mit der Geberde des Staunens
erhebend; er trägt denselben Chiton und dieselben Hosen,
wie Ulixes, überdies eine im Nacken hangende Kaputze
und Schuhe. Die Haltung und Bewegung des Ulixes und
der Euryclea entspricht fast genau der Schilderung der
Odyssee r 392—504

v'iQe B' dp' aasov iouaa ävayß^ iov avrtKa B' 'iyvw
ovXvjv rvjv wori juiv avg rfXaoe Xsvkw obövn.

ln muss ich aber erwähnen, dass bereits der erste Herausgeber Finati Real
Museo Borbonico IV tav. 9, ferner Koehler Gesammelte Schriften III S. 1 7,6
^nd Stephani ebenda S. 304 A. 11a, endlich der Recensent von Raoul

°CHette's Monumens inedits in der Jenaer Litteratur-Zeitung 1832 I S. 237
^s Relief, das übrigens nach dem Neapler Inventar von 1805 (hcrausgegeb.

0cwnenti inediti per servire alla storia dei Musei d'Italia IV p. 196 nr. 7,
vgl- prefazione p. VII) aus der Sammlung des Duca Dl Nola in Capodi-
rn°nte stammt, als im höchsten Grade ergänzt und überarbeitet bezeich-
net haben.

*) Oefters wird er mit dem Altar des thymbräischen Apollon identi-
lrt> so (Euripides) Rhesos, wo es vom Odysseus heisst V. 507

ccet <>' iv \6ypig sbpt'aicsrai
®vpißpcc?ov apup! ßcupLOV atnsog irs'Xag

SräuffO))/,

ein<; Stelle, die darum den Tadel des DiONYSODOROS in seiner Schrift
*eP' rSiv teapa. roTg rpaywhTg yp.apTyp.evw auf sich gezogen hat, wie die
,? n Berichten: 6 ls Evpmt'lyg to tov 'AttoXXwvo? äXaog tov (dvp.ßpcubv
'« nevTrjicovTa, aniyov jyjg noXsug nXyaiov twv huXwv sivai <pyo-iv.

yveo p i7Tiju.aoGaju.evy], irooa tä TtpoiyjKe tyipead-ar
iv Bi XißyjTi Trias Kvyjjuyj, Kavdyyjae Bi yaXKÖg,
aip B' irspuas KX/S-y to B' im x&ov°i ^iyud^' tfBwp.
rrjv 0' ajxa ydpjxa Kai äXyog §Xev (ppiva, reo Ii 0/ oaas
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dipaju.il/yj Bi ysvet'ov 'öhuaarja Trpoakmsv

y) jxdX 'Olvaasvg iaat, (f>iXov TkKog.....

479.........aurdp 'Otuaaeiig

ysip' iirißa'jad/xsvog (jydpuyog Xdßs Ze%iTepyj<f>tv.
Dagegen ist Eumaeus in der Odyssee bei diesem Vorgang
nicht gegenwärtig, wohl aber auf einer attischen Vase,
die, wie O. Ribbeck Römische Tragödie S. 273. S. 681 erkannt
hat, auf die in wesentlichen Punkten abweichende Be-
handlung der Sage, speziell der Fusswaschung, durch So-
phokles in den N/irrpa rj 'Oluaasvg aKavd-oirXy]^') zurückgeht
(abgeb. Monumenti deW Instituto IX tav. 42). Auf diesem

z) S. von Wilamowitz-Moellendorff Homerische Untersuchungen
(Philologische Untersuchungen herausgegeb. von Kiessling und von Wi-
lamowitz-Moellendorff VII) S. 194.
 
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