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Matz, Friedrich [Editor]; Andreae, Bernard [Editor]; Robert, Carl [Editor]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0182
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TROISCHER KREIS

kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses IX)
S. 105 A. 1.

Das Fragment, das zuerst G. Treu in einem vom
27. October 1873 datirten Brief an Matz richtig auf den
Freiermord des Ulixes bezogen hat, enthält eine Gruppe
eng zusammengedrängter Freier. Links erblickt man eine
der das Dach stützenden Säulen mit dorischem Capitell.
Von ihr theilwejse verdeckt kniet auf der Kline ein nackter
Freier, mit Kopf und Überkörper nach vorn überstürzend,
mit der linken Hand seinen rechten Unterarm anfassend,
wahrscheinlich an einer verwundet zu denkenden Stelle.
Doch genügt diese Armwunde noch nicht, um das kraft-

lanthios die Freier mit Waffen versehen hat, die denn
auch der eine schon angelegt hat, der andere zu ergreifen
im Begriff steht; vgl. x 14^—149

&g eiTT&v dvsßaivs MsXdvfriog ainoXog aiyüv
ig S-aXdjUovg 'QibvGyjog dvd püyag ßsydpoio.
Ivdev o&beica jusv gukb 'i^sXs, röaaa. oi oovpa
Kai TOGoag Kvveag xaXicyjpsag 'mTtooaGsiag'
ßyj V i'jusvai, judXa ö' co/ca (frspuv ßv/jCTripaiv eöw/csv.
Kai tot 'QovGGYjog Xuro yowara Kai <f>lXov rjTop,
wg wspißaXXojusvovg Ibs reüysa yspai rs oovpa
juaKpd Tivdoaovrag' ßsya 0' avru> (f)aii/sTo %pyov.
Ist diese Auffassung richtig, so kann der am rechten

lose Zusammenbrechen des Jünglings zu motiviren; dieses Rande erhaltene Arm sehr wohl dem die Waffen hin-
findet erst dann seine ausreichende Erklärung, wenn man reichenden Melanthios gehören. Es ist aber auch

annimmt, dass die Figur von einem plastisch nicht ange-
gebenen Geschoss in den Rücken getroffen ist. Es folgt
rechts ein auf der Kline sitzender Jüngling, der den linken
Fuss auf den Boden stemmt. Mit der rechten Hand ist
er im Begriff, sich ein plastisch nicht angegebenes Ge-
schoss, vermuthlich einen Pfeil, aus der Seite zu ziehen,
mit der Rechten hält er zur Deckung einen Tisch über
sich, dessen eines hinteres Bein in flachem Relief über
seinem Kopf erhalten ist, während die Stellen, wo die
Vorderbeine ansetzten, noch an den Bruchflächen kenntlich
sind. Da er die Hand geballt unter die Tischplatte legt,
wo eine Handhabe nicht vorhanden ist, so hat man sich

schwerlich zufällig, dass die Verwundungen der beiden
Freier links denen des Eurymachos und Amphino-
mos in der Odyssee entsprechen, jenen trifft Odysseys
mit dem Pfeil in die Brust 1 81

§ B' d/uLapTrj 010g 'OovGGevg
iov diroirpoisi, ßdXs %i GTYj&og irapd ßaC,6v,
iv ti oi rjTrari wf^s &odv ßsXog,
diesen Telemachos mit dem Speer in den Rücken x 91

dXX dpa ßiv (j)d-yj
TyXsjuaxog KaromaS-s ßaXösv yaXK^psi' oovpi
a/Mev fJLeaayyvg, hd Bs GTyj&sotyiv sXaaasv
'bovTTvjasv h& 7TSGW, y&6va "0 rjXaGs iravri ßeTwru.

wohl vorzustellen, dass er den Tisch sowohl gegen den Wenn beide Vorgänge in der Odyssee früher spielen

Säulenschaft als gegen die durch den oberen Reliefrand und das Verhalten der beiden Freier vor und nach der

repräsentirte Decke des dann allerdings sehr niedrigen Verwundung ein anderes ist, wie auf dem Relief, so wird

Gemaches anstemmt. Weiter rechts ist ein dritter Jüng- man diese Abweichungen der künstlerischen Freiheit des
ling im Begriff von der Kline herabzusteigen. Er stützt j Verfertigers zu Gute halten und dessenungeachtet an den

sich mit der rechten Hand auf das obere Ende des Kline- Benennungen Eurymachos und Amphinomos festhalten

fusses und wendet den Kopf nach links zurück; am linken dürfen. Die für Eurymachos verwandte, sich mit dem

Arm trägt er einen grossen Rundschild; über den linken Tisch deckende Freierfigur kehrt ähnlich auf dem Fries

Oberschenkel fällt die Chlamys herab. Von einer rechts von Gjölbaschi (Benndorf Das Heroon von Gjölbaschi-

folgenden vierten Figur ist nur der nach unten vorge- Trysa Taf. 8 Nr. 3. Nr. 4) und auf einer attischen Vase

streckte Arm erhalten; man kann zweifeln, ob er von einer des Berliner Museums (Furtwängler Beschreibung der

Figur herrührt, die sich niederbeugend dem herabsteigen- Vasensammlung im Antiquarium Nr. 2588, abgeb. Monumenti

den Jüngling etwas reichen will, oder ob er zu einem ver- deW Instituto X tav. 53, danach Benndorf a. a. O. S. 103)

wundet vornüber stürzenden Freier gehört. Im Relief-
grund hinter dem Jüngling mit dem Tisch erblickt man
noch einen nach links gewandten Freier mit Helm und
Schild, der in der erhobenen Rechten eine Lanze zückt.
Endlich liegt unter der Kline versteckt, wie auf 152, noch
ein Freier; sein Unterkörper ist in den Mantel gehüllt, von
dem ein Zipfel auch über die gekreuzt vorgestreckten
Hände geworfen ist; man darf ihn wohl, wie die ent-
sprechende Figur auf 152, Medon benennen.

Es scheint, dass der Künstler den Moment des Kampfes
zur Darstellung bringen wollte, wo der Ziegenhirt Me-

wieder, die beide nach Benndorf's Nachweis von Polygnots
Gemälde in Plataiai abhängig sind; mit grosser Wahr-
scheinlichkeit nimmt daher derselbe Gelehrte auch für
dieses Petersburger Relief einen durch viele Zwischenglieder
vermittelten Zusammenhang mit jener Polygnotischen Dar-
stellung der Freiermords an.

Ob das Fragment von einem Sarkophag oder einem
Fries stammt, wird sich mit Sicherheit kaum entscheiden
lassen. Doch spricht die Reliefbehandlung, die für einen
Sarkophag ziemlich ungewöhnlich sein würde, mehr für
die Zugehörigkeit zu einem Fries.
 
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