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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0205
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ORESTES Tafel LIX

187

etrusche tav. 84 nr. 1. nr. 2. tav. 85 nr. 1). Ohne Zweifel
gehen alle diese Darstellungen auf dasselbe berühmte Ori-
ginal zurück.

Die Wiedererkennung der Geschwister in der
linken Eckscene im Wesentlichen wie auf 155. 156 a. 167a.
167b. 172. 173. Statt des Scythen auf 167 b. 172. 173 steht
hinter Iphigenia eine mit Chiton und Mantel bekleidete
Dienerin, eine der griechischen Sclavinnen, die in der
Euripideischen Tragödie den Chor bilden. Pylades und
Orestes umfassen beide mit der Linken den SchwertgrifF,
eine auch auf 178 wiederkehrende Unbedachtheit des Ver-
fertigers, da beide in dieser Scene keine Waffen haben
dürfen und natürlich auch bei Euripides nicht haben. Im
Hintergrund zwei jugendliche scythische Wächter in phry-
gischer Mütze, von denen der vordere den Kopf nach
seinem Genossen umwendet. Die beschuhten Füsse beider
und das in Anaxyriden steckende rechte Bein des vor-
deren sind im Reliefgrund unten angedeutet.

In der rechten Eckscene bildet Iphigenia den Mittel-
punkt; sie trägt einen gegürteten Chiton mit kurzen
Aermeln und einen langen, schleierartig über den Hinter-
kopf gezogenen Mantel; in der Rechten hält sie gesenkt
die brennende Fackel, deren oberes Ende mit der Flamme
nach 178 zweifellos richtig ergänzt ist, in der Linken das
Dianaidol, das genau denselben Typus zeigt, wie in der
Mittelscene von 172, nur dass es einen langen bis auf die
Füsse reichenden Chiton trägt. Rechts sitzt auf einem
Steinsitz der bärtige Thoas, nur mit einem über die linke
Schulter geworfenen Mantel bekleidet, im Haar die Königs-
binde, die linke Hand auf den Sitz, die rechte auf ein
kurzes Scepter gestützt. Hinter ihm steht sein jugendlicher
Doryphorus, in phrygischer Mütze und Chlamys, die
hocherhobene Rechte auf einen Speer gestützt. Der König
richtet seine Blicke auf Orestes und Pylades, die mit
rückwärts gefesselten Händen ihm gegenüberstehen, genau
in derselben Stellung und Haltung, wie in der Mittelscene
von 172. Auch der sie bewachende Scythe hat ziemlich
genau dieselbe Stellung und Gewandung, wie dort, und
hält, wie dort, mit der gesenkten Rechten den die Hände
des Pylades fesselnden Strick gefasst; nur ist er hier ju-
gendlich; auch fehlt der an der Hüfte hängende Gorytus.
Zu Grunde liegt die Scene des Euripideischen Dramas, in
der Iphigeneia mit dem Götterbild aus dem Tempel her-
austritt, und Thoas fragt V. 1157

ri töös /xsra/psig &k/w?rcßv ßd&pccv,
'kycißzßvwot; Trat, dsäg äyakß £v tbksvaig;
worauf Iphigeneia von der angeblichen Befleckung des
Bildes erzählt, die durch Waschung im Meere gesühnt
werden müsse, und die beiden Gefangenen, die ebenfalls
entsühnt werden sollen, aufs Neue zu fesseln räth, V. 1159

1234. Die Darstellung ist die in den Reliefstil über-
tragene Copic eines Gemäldes, von dem in Pompeii meh-

rere Repliken gefunden sind (Helbig Wandgemälde der
vom Vesuv verschütteten Städte Campaniens S. 295 Nr. 1333.
Nr. 1335. Nr. 1336'), darunter die vorzüglich erhaltene aus
Casa del citarista, abgeb. Monumenti deW Instituto VIII tav. 22.

178) P. Weimar, Schloss, im Goethesaal. Fig. 178.
Die Ergänzungen von Rathgeber in Gotha, wobei offen-
bar 177 benutzt ist. L. 1,89. H. 0,55. Relieferhebung 0,06.
Zeichnung von Eichler 1885.

Früher in Venedig in Palazzo Grimani a S. Maria
Formosa über der Thür desselben Sales wie 172 eingemauert; mit
diesem zusammen 1831 von A. Sanquirico und 1834—1835 von
dem Erbgrossherzog Karl Alexander von Sachsen-Weimar er-
worben.

Abbildungen: Millin UOrest'eide ou Description de deux bas-
reliefs du Palais Grimani a Venise 1817 pl. 3. — A. Sanquirico
Monumenti del Museo Grimani pubblicati nelt anno 1831 tav. 25.
— Preller Berichte über die Verhandlungen der königlich sächsi-
schen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig II 1850 Taf. 7 A.

Litteratur: Zoega App. Antichitä del palazzo Grimani Spago
(Agosto i/Sß) nr. 18 (vgl. Welcker Die Griechischen Tragödien
III 1841 S. 1173); Moschini Guida per la citta di Venezia 1815
I p. 208; Millin a. a. O. p. 16; Güttinger Gelehrte Anzeigen
1817 Bd. III S. 1907; Thiersch, Schorn, Gerhard und Klenze
Reisen in Italien seit 1822, 1826, S. 257; F. W. Rinck Kunst-
Blatt 1828 Nr. 43 S. 169; K. O. Müller Handbuch der Archäo-
logie der Kunst 1830 S. 578 (3. Aufl. von Welcker 1848 S. 719)
§ 416, 2; Sanquirico a. a. O.; Raoul Rochette Monumens in'edits
1827—1833 p. 200; Rathgeber Orestes a. a. O. S. 123; Welcker
Rheinisches Museum IV 1836 S. 608 (= Die Griechischen Tra-
gödien III 1841 S. 1171) III Nr. 1; Grifi Atti della Pontificia
Accademia Romana di archeologia X 1842 p. 323 n. 4; Urlichs
Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden in den Rheinlan-
den I 1842 S. 64 Nr. 2; O. Jah*n Archäologische Zeitung II
1844 367; Preller a. a. O. S. 248; Overbeck Die Bildwerke
zum thebischen und troischen Heldenkreis 1857 S. 726 Nr. 77;
Helbig Annali dell' Instituto XXXVII 1865 p. 338; Dilthey
ebenda XLI 1869 p. 38 nr. 1; Helbig Untersuchungen über
die campanische Wandmalerei 1873 S. 151; Sogliano Giornale
degli seavi di Po7npei, nuova serie, III 1875 p. 151; Robert
Archäologische Zeitung XXXIII 1875 s- a-

Genaue Replik von 177. Von den unerheblichen
Abweichungen mögen folgende erwähnt werden. In der
Mittelscene ist der scythische Wächter im Hintergrund
unbärtig; der Befehlshaber der Wache trägt im Haar
eine Binde, ferner unter dem Panzer Aermelchiton und
Hosen und statt der Soldatenstiefel Schuhe. In der linken
Eckscene fehlt die Dienerin. An Iphigenia ist der rechte
Arm, an Pylades Kopf und Hals, an Orestes der rechte
Unterarm ergänzt. Die Scythen im Hintergrund blicken
hier beide nach links; der vordere ist bärtig und ohne
phrygische Mütze, der hintere trägt über dem Chiton eine
auf der rechten Schulter geheftete Chlamys. In der
rechten Eckscene ist im Hintergrund der Dianatempel
 
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