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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0106
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2ÖO

MARSYAS

Rechten ist sie im Begriff den Deckel ihres Köchers zu
öffnen. Auf sie folgt, durch Melpomene von ihr ge-
trennt, die thronende Latona, in gegürtetem Aermel-
chiton, Mantel und Schuhen, im Haar ein Diadem, in der
Linken ein Scepter und in der Rechten zwischen Daumen
und Zeigefinger seltsamer Weise einen kleinen Apfel
haltend. Hinter Latona steht Mercur, mit hochaufge-
setztem linken Fuss und in einer auf der rechten Schulter
gehefteten Chlamys wie auf 205. Der Kopf, der einen
verdriesslich mürrischen Ausdruck zeigt, ist mit dem Flügel-
hut bedeckt, die Rechte hält den Caduceus; der linke Arm
stützt den Hinterkopf und sollte wohl eigentlich mit dem
Ellenbogen auf dem linken Oberschenkel ruhen. Links
von Marsyas steht Minerva in ähnlicher Haltung und mit
derselben Kopfwendung wie auf 203, nur stützt sie sich
mit beiden Händen auf die Lanze. Bekleidet ist sie mit
Aermelchiton, Aegis, einem um den Unterkörper geschlun-
genen Mantel und Helm mit Busch. Die Göttermutter
in derselben Stellung und Gewandung wie auf 201 und
203, auf dem Haupt statt der Mauerkrone ein Diadem,
hält mit der Hand des linken auf ihrem Schooss ruhenden
Armes das Tympanum, auf dessen Rand sie den rechten
Ellenbogen stützt. Die rechte Hand hält einen Zweig
des ihr geheiligten Baumes, der Fichte (vgl. Preller
Griechische Mythologie I4 S. 647). Neben ihrem Sitz
hockt ihr Löwe, vgl. 203. 205. Vor ihr steht mit ge-
kreuzten Beinen der kleine Attis, in gegürtetem Aermel-
chiton und phrygischer Mütze, in der rechten Hand die
Syrinx, in der linken das Pedum; sein Blick ist auf die
Göttin gerichtet. Zwischen Minerva und Rhea sieht man
Bacchus in derselben Stellung und Gewandung wie auf
203, nur noch mehr nach links zurückgelehnt als dort.
Die rechte auf dem Kopf ruhende Hand hält ein Trink-
horn, aus dem sich Wein ergiesst; im Haar trägt er eine
Binde und Trauben. Hinter den Köpfen des Bacchus
und der Minerva ist ein Vorhang ausgespannt. Links von
Bacchus wird im Hintergrund der von der Mitte abge-
wandte Kopf eines jugendlichen Satyrs sichtbar. Seine
Blicke können nur auf den Jüngling gerichtet sein, der
links von Melpomene über der zur ersten Scene gehörigen
Quellnymphe mit geballter linker Hand dasteht (Fig. 207a)
und den Wettkampf mit gespannter Aufmerksamkeit zu ver-
folgen scheint; er trägt kurzes Haar und ist nackt bis auf
die um den linken Arm geworfene Chlamys, entbehrt aber

jedes charakteristischen Attributs. Auf 203 steht an dieser
Stelle die Quellnymphe, woraus man auf einen Flussgott
schliessen könnte, wenn nicht das kurze Haar und der
Vergleich mit dem Flussgott in der rechten Nebenscene
Fig. 207b diese Deutung ausschlössen. Will man nicht
ein Missverständniss des Verfertigers annehmen, so bleibt
nur die Deutung auf den Schüler des Marsyas, Olympus,
übrig, der allerdings auf 201 mit phrygischer Mütze und
auf 208 sogar in vollständiger phrygischer Gewandung er-
scheint, indessen auf 20g1 gleichfalls ohne die phrygische
Mütze und in der blossen Chlamys dargestellt ist, freilich
nicht mit so kräftigen Körperformen, wie hier.

Die dritte Scene Fig. 207b stellt die Strafe des
Marsyas im Wesentlichen wie auf 205 dar. Der Scythe,
der den Marsyas am Baum emporzieht, trägt phrygische
Mütze, geschürzten Aermelchiton, auf der rechten Schulter
geheftete Chlamys und Schuhe, aber keine Hosen. Auch
ist er nicht so lebhaft bewegt, wie auf 205. Der auffallend
jugendlich und zart gebildete Messerschleifer ist hier
rechts von Marsyas gestellt. Er ist, wie sein Gehilfe, mit
gegürtetem Aermelchiton, phrygischer Mütze und Schuhen
bekleidet; ohne Chlamys, aber mit Hosen. Rechts folgt,
in ganz flachem Relief, ein jugendlicher Flussgott, der, das
rechte Bein über das linke geschlagen, die rechte Hand
auf ein grosses Schilfrohr, die linke auf die Hüfte ge-
stützt, dem Vorgang zusieht; vgl. die Quellnymphe auf 203.
Bekleidet ist er mit einem grossen Mantel, dessen einer
Zipfel über die linke Schulter geworfen ist; sein Haar ist
im Nacken zu einem Knoten aufgebunden. Auch diese
Scene hat ihre Besonderheit in der Gestalt eines zu Füssen
des Marsyas in Rückenansicht gelagerten Jünglings, der auf
dem lockigen Haar eine phrygische Mütze trägt, um die
Beine einen Mantel geschlungen hat, den linken Ellenbogen
auf eine Felserhöhung stützt und den rechten Arm als ob
er reden wollte emporhebt Fig. 207. Da die Deutung auf
Olympus durch die ganze Stellung ausgeschlossen erscheint,
bleibt wohl nur der Gedanke an eine phrygische Lokal-
gottheit, etwa einen Berggott, wie auf 198 übrig, so wenig
dazu auch der Platz am Boden zu passen scheint1).

Aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts.

*) Die im Jahrbuch des Archaeologischen Instituts V1890 S. 228
A. 17 vorgeschlagene Deutung auf den Fluss Katarraktes halte ich nicht
mehr aufrecht.

Tafel LXVITI.

208) P. Copenhagen, Ny Carlsberg. Fig. 208.
L. 2,08. H. links 0,84, rechts 0,82 (des Kastens links 0,62,
rechts 0,60, des Deckels 0,22), Rh. des Kastens 0,06, des
Deckels 0,015. Bläulicher Marmor. Nach Photographie.

Gefunden 1886 in der Nähe von Sidon bei den von durighello
veranstalteten Ausgrabungen1). Durch Vermittelung von Löytved

*) Als Curiosität mag erwähnt werden, dass auf den im November
1886 an die Museen und die Sammler versandten Photographien zwar
 
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