bewußt geworden, daß dergleichen ihm greulich war, wie seinerseits
jener sich dessen war bewußt worden in ihm. (846)
Der monotheistische Gott braucht den Menschen. Er hat mit ihm
einen Bund geschlossen
zum Endzwecke beiderseitiger Heiligung, ein Bund, in weichem
menschliche und göttliche Bedürftigkeit sich derart verschränken, daß
kaum zu sagen ist, von welcher Seite, der göttlichen oder der mensch-
lichen, die erste Anregung zu solchem Zusammenwirken ausgegangen
sei, ein Bund aber jedenfalls, in dessen Errichtung sich ausspricht, daß
Gottes Heiiigwerden und das des Menschen einen Doppelprozeß dar-
stellen und auf das innigste aneinander »gebunden« sind. (255)
Der werdende Gott steht quer zur mythischen Zeit der ewigen
Wiederkehr und kreisenden Gleichzeitigkeit. Zwar gab es von Gott
nichts zu erzählen, aber: »Gott hatte dennoch und allerdings eine
Geschichte, aber sie betraf die Zukunft.« (520). Gottes Zeit ist
die lineare Zeit des Werdens, der Verheißung, der Erfüllung. Mit
»Gott« kommt Richtung und Zukunft in die Zeit des Menschen.
Die Richtung dieser Zukunftszeit läßt sich nicht besser kennzeich-
nen als mit Sigmund Freuds Formel vom Fortschritt in der Geis-
tigkeit oder auch mit Max Webers Begriff der Rationalität und
Weltentzauberung. Gott ist Geist im Sinne Hegels, Geist, der im
Menschen zu sich selbst kommt, sowie »Gottesvernunft« im Sinne
Max Webers. Der Fortschritt in der Geistigkeit (im Freudschen
Sinne) und der Fortschritt des Geistes (im Hegelschen Sinne) sind
für Mann ein und dasselbe. Gott und Mensch schreiten gemeinsam
fort und haben zu diesem Zweck einen Bund geschiossen.
Der Fortschritt in der Geistigkeit bedeutet zugleich eine wach-
sende Entfremdung von ursprünglichen Reiigionsformen, die sich
allmählich von heiliger VerpAichtung in Abscheu verwandeln.
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jener sich dessen war bewußt worden in ihm. (846)
Der monotheistische Gott braucht den Menschen. Er hat mit ihm
einen Bund geschlossen
zum Endzwecke beiderseitiger Heiligung, ein Bund, in weichem
menschliche und göttliche Bedürftigkeit sich derart verschränken, daß
kaum zu sagen ist, von welcher Seite, der göttlichen oder der mensch-
lichen, die erste Anregung zu solchem Zusammenwirken ausgegangen
sei, ein Bund aber jedenfalls, in dessen Errichtung sich ausspricht, daß
Gottes Heiiigwerden und das des Menschen einen Doppelprozeß dar-
stellen und auf das innigste aneinander »gebunden« sind. (255)
Der werdende Gott steht quer zur mythischen Zeit der ewigen
Wiederkehr und kreisenden Gleichzeitigkeit. Zwar gab es von Gott
nichts zu erzählen, aber: »Gott hatte dennoch und allerdings eine
Geschichte, aber sie betraf die Zukunft.« (520). Gottes Zeit ist
die lineare Zeit des Werdens, der Verheißung, der Erfüllung. Mit
»Gott« kommt Richtung und Zukunft in die Zeit des Menschen.
Die Richtung dieser Zukunftszeit läßt sich nicht besser kennzeich-
nen als mit Sigmund Freuds Formel vom Fortschritt in der Geis-
tigkeit oder auch mit Max Webers Begriff der Rationalität und
Weltentzauberung. Gott ist Geist im Sinne Hegels, Geist, der im
Menschen zu sich selbst kommt, sowie »Gottesvernunft« im Sinne
Max Webers. Der Fortschritt in der Geistigkeit (im Freudschen
Sinne) und der Fortschritt des Geistes (im Hegelschen Sinne) sind
für Mann ein und dasselbe. Gott und Mensch schreiten gemeinsam
fort und haben zu diesem Zweck einen Bund geschiossen.
Der Fortschritt in der Geistigkeit bedeutet zugleich eine wach-
sende Entfremdung von ursprünglichen Reiigionsformen, die sich
allmählich von heiliger VerpAichtung in Abscheu verwandeln.
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