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Das Sakramentshaus in Heilbronn und Verwandtes.
Heilbronn, St. Kilian, Sakramentshaus, kurz nach 1482
Tübingen, Stiftskirche, Kanzel, 1497
Nördlingen, St. Georg, Kanzel, 1499
Heilbronn, St. Kilian, Celebrantennische, 1490—1500
Wien, St. Stephan, Orgelfuß, 1512—15
Wien, St. Stephan, Kanzel, 1515
Heilbronn, St. Kilian, Aufbau im nördl. Querschiff, 1510—20.
Schwaigern, Kirche, Sakramentshaus, 1520
Letzte Ausläufer.
Hall, Georgsbrunnen und Pranger und Michaelsnische, 1509
Salem, Klosterkirche, Sakramentshaus, 1494
Salem, Klosterkirche, Chorgestühl, 1583

Vorläufer und frühe Werke.
Das früheste schwäbische Tabernakel, noch ein Zwittergebilde
zwischen Großturm und Tabernakel, ist der „Schnegg" im Konstan-
zer Münster. Als Reliquienbühne, als vom Menschen zu ersteigende,
gehobene Platform, mit Fuß, Treppe und umzäuntem Boden, ist er
am ehesten einer Kanzel vergleichbar, mit dem Unterschied, daß sich
hier die Treppe bald innerhalb des Gehäuses in die Höhe windet
wie bei einem Treppenturm Q. Das Inventar datiert den Schnegg
auf 1428'). Die oben und unten fest begrenzte Galerie, die ohne
ausfahrende Glieder wie ein Band die Platform umgibt, die For-
men der frühen Kielbogen, die nur leicht schon wie Eselsrückenbo-
gen geschwungen sind, bestätigen diese Ansetzung im Großen und
Ganzen. Erste Tendenzen zur Tabernakelbildung kündigen sich an:
Auflösung der Wände, ausschließliche Betonung der sechs schlan-
ken Eckpfeiler, erstes Durchstoßen der festen Galerie oben durch
Wimperge Q. Aber auch Erinnerungen an Großarchitektur treten
hervor: zwar offene Seiten, aber noch sechseckig geschlossener Um-
riß. Kein Helm, kein eigentlicher Aufsatz.
Zehn Jahre später Q entsteht in Schwäbisch-Hall ein einzigarti-
ges Werk, das die Tabernakelarchitektur einen mächtigen Schritt
vorwärtsbringt: das Sakramentshaus in St. MichaeU). Ein eigen-
williger, mit derbem Humor und dabei starkem architektonischem
Empfinden begabter Meister muß dies bäuerlich-gedrungene Ge-
bilde geschaffen haben — wir wissen nichts von ihm. Die Plastiken
1) Ein ähnliches Gebilde stellt das Treppentürmchen in der Eingangs^
halle der Marienkirche zu Königsberg i./Pr. dar.
2) Inventar Baden, Kreis Konstanz. S. 152.
3) Letzetres auch bei Großtürmen ausführbar. Vgl. den Entwurf zum
Straßburger Helm des Ulrich von Ensingen 1419.
4) Baum, Niederschwäbische Plastik des ausgehenden Mittelalters, S. 15
gibt das Jahr 1438 an. Von diesem Jahr datiert eine Urkunde.
5) Äbb. Inv. Württemberg. Jagstkreis. Atlas

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