Chemnitzers Grab von 1480. Die Ähnlichkeit zwischen beiden ist
groß. Nur ist der Zwickauer Aufbau — 1507 angefertigt, wahrschein-
lich aber schon 1486 entworfen — auf ein Sockelgeschoß gesetzt,
hat das Maßwerk der Chemnitzer Seiten sich zu einem pflanzlichen
Geschling verdichtet, hat das Dach einen Turm bekommen — alles
grundsätzlich so nebensächliche Merkmale, daß die Behandlung des
Chemnitzer Grabs für beide genügt. Über dem Sockel mit den schla-
fenden Wächtern unter zart und schön gearbeiteten Baldachinen
erhebt sich der Aufsatz. — Das Chemnitzer Grab ist also ein Ta-
bernakelgrab wie auch das Zwickauer. Der Aufsatz selbst verrrät
noch stark sein Vorbild, das Kirchenlanghaus. Die Wände sind in
große fensterartige Maßwerkfelder aufgelöst, mit spätem, präzis ge-
arbeiteten Stumpfmaßwerk, oben gerahmt von Eselsrückenbogen.
Die Bekrönung ist, noch unverwandelt, als schweres Dach gleich-
sam eingesunken, sodaß die Kielbogen und ihre Füllung es wimperg-
artig überragen — dies ein Schritt zur Tabernakelarchitektur hin,
welche die Grenze zwischen Haus und Dach verschleift. Das Chem-
nitzer Werk ist schöner als das Zwickauer, — das auch durch seine
Aufstellung im düsteren Chor der Kirche leidet — anmutig und
lebendig leicht gestaltet. Die enge Stabarbeit und das Rankenge-
flecht der Wände bei beiden machen das Gehäus fast undurchsichtig,
im Gegensatz zu dem luftigen Sebalder Gehäus. Dennoch bedeutet
dies keinen wesentlichen Unterschied, ist vielmehr dem Material
Holz zuzuschreiben, das wandartig flach, undurchbrochen, sich am
besten verarbeiten läßt, eine Herstellungsart, die der Bestimmung
des Möbels am leichtesten Genüge tut*ü.
Noch fester zugeschlossene Wände hat der Tragschrein aus der
Bürgerspitalkirche zu Salzburg*'), der heute im Museum Carolino-
Augusteum aufbewahrt wird. Dadurch wirkt er, der im Übrigen
dem Zwickauer Heiligen Grab ähnlich ist, noch stärker als Schrein,
zumal er ja auch zu tragen ist.
IV.
Die nord(ost)deutschen Tabernakel.
I.
Werke aus Holz.
Doberan, Kirche, „Schränke"
Sakramentshäuser
Doberan, Abteikirche, Sakramentshaus, 1368
Rostock, Heiligkreuzkirche, Sakramentshaus
26) S. S. 78.
27) Osterr. Kunsttopographie. 16. S. 214.
76
groß. Nur ist der Zwickauer Aufbau — 1507 angefertigt, wahrschein-
lich aber schon 1486 entworfen — auf ein Sockelgeschoß gesetzt,
hat das Maßwerk der Chemnitzer Seiten sich zu einem pflanzlichen
Geschling verdichtet, hat das Dach einen Turm bekommen — alles
grundsätzlich so nebensächliche Merkmale, daß die Behandlung des
Chemnitzer Grabs für beide genügt. Über dem Sockel mit den schla-
fenden Wächtern unter zart und schön gearbeiteten Baldachinen
erhebt sich der Aufsatz. — Das Chemnitzer Grab ist also ein Ta-
bernakelgrab wie auch das Zwickauer. Der Aufsatz selbst verrrät
noch stark sein Vorbild, das Kirchenlanghaus. Die Wände sind in
große fensterartige Maßwerkfelder aufgelöst, mit spätem, präzis ge-
arbeiteten Stumpfmaßwerk, oben gerahmt von Eselsrückenbogen.
Die Bekrönung ist, noch unverwandelt, als schweres Dach gleich-
sam eingesunken, sodaß die Kielbogen und ihre Füllung es wimperg-
artig überragen — dies ein Schritt zur Tabernakelarchitektur hin,
welche die Grenze zwischen Haus und Dach verschleift. Das Chem-
nitzer Werk ist schöner als das Zwickauer, — das auch durch seine
Aufstellung im düsteren Chor der Kirche leidet — anmutig und
lebendig leicht gestaltet. Die enge Stabarbeit und das Rankenge-
flecht der Wände bei beiden machen das Gehäus fast undurchsichtig,
im Gegensatz zu dem luftigen Sebalder Gehäus. Dennoch bedeutet
dies keinen wesentlichen Unterschied, ist vielmehr dem Material
Holz zuzuschreiben, das wandartig flach, undurchbrochen, sich am
besten verarbeiten läßt, eine Herstellungsart, die der Bestimmung
des Möbels am leichtesten Genüge tut*ü.
Noch fester zugeschlossene Wände hat der Tragschrein aus der
Bürgerspitalkirche zu Salzburg*'), der heute im Museum Carolino-
Augusteum aufbewahrt wird. Dadurch wirkt er, der im Übrigen
dem Zwickauer Heiligen Grab ähnlich ist, noch stärker als Schrein,
zumal er ja auch zu tragen ist.
IV.
Die nord(ost)deutschen Tabernakel.
I.
Werke aus Holz.
Doberan, Kirche, „Schränke"
Sakramentshäuser
Doberan, Abteikirche, Sakramentshaus, 1368
Rostock, Heiligkreuzkirche, Sakramentshaus
26) S. S. 78.
27) Osterr. Kunsttopographie. 16. S. 214.
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