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Die Ausgrabung im Legionslager Mogontiacum
während der Jahre 1957 und 1958
I. BESCHREIBUNG DER GRABUNG

1. VORBEMERKUNGEN
Heutiger Zustand des Grabungsgebietes
Das römische Legionslager befand sich auf dem
vom Zahlbach herausgearbeiteten Sporn der von
Südosten an die Stadt heranreichenden Hochebene
(Beilage 1 und 2). Heute ist das Gebiet des Legions-
lagers schon fast ganz bebaut. Daher war die Nach-
richt, daß die einzige größere, noch freie Fläche nun
auch zugebaut werden sollte, der Anlaß für die Gra-
bung. Die Fläche war eine Wiese von nicht ganz 3 ha,
umgrenzt vom Augustusplatz, der Langenbeckstraße,
der Oberen Zahlbacher Straße und der Robert-Koch-
Straße (Beilage 3). Die Wiese war bis auf einige
Schuttablagerungen fast eben. Sie hatte ein leichtes
Gefälle nach Osten.
Der beschriebene Zustand der Grabungsfläche ist
jüngeren Datums. Es mögen daher die wechselnden
Schicksale dieses Stückes Boden kurz geschildert wer-
den. Nach einer sporadischen prähistorischen und
der römischen Besiedlung wurde die Fläche im ganzen
Mittelalter nicht bewohnt. Die römischen Ruinen
dienten als Steinbrüche, und im übrigen wurde der
Boden durch Ackerbau, vielfach auch durch Weinbau,
genutzt. Im späten Mittelalter und der beginnenden
Neuzeit gingen über die Fläche Angriffe auf die Stadt
bei Belagerungen hinweg und hinterließen Befesti-
gungs- und Laufgräben als Spuren. Ein wesentlicher
Eingriff war dann der Bau des Erdwerks Tenaille
Clairfait im 18. Jahrhundert (Abb. 1). In diesem
Jahrhundert begann die Befestigung der Stadt Mainz
mit einer Kette vorgeschobener Forts, zu denen auch
die Tenaille gehörte. Zu ihrer Errichtung waren um-
fangreiche Abgrabungen und Aufschüttungen nötig.
Durch die Erdbewegungen sind damals wohl die
höheren Bodenschichten zum größten Teil gestört
worden. Dadurch verlor das Gelände das feinere
Relief, das uns, wäre es heute noch vorhanden, das
Auffinden der Begrenzung des Legionslagers erleich-
tert hätte. An einigen Stellen, nämlich in den tiefen
Festungsgräben, aber auch nur dort, wurden alle

römischen Schichten gestört. Die Tenaille Clairfait
stand etwa bis 1900; sie wurde damals geschleift, und
wiederum mögen hochliegende Schichten gestört wor-
den sein. In den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts
schließlich wurde die in der Zwischenzeit zum Teil
von Gärten eingenommene Fläche gründlich planiert
und als Sportplatz hergerichtet, wodurch auch wieder
hochgelegene römische Schichten verschwanden.
Außerhalb der beschriebenen Fläche wurde ein klei-
ner Grabungsschnitt angelegt (Schnitt 11), der in den
Grünanlagen südwestlich von dem Gebäude der
Stadtverwaltung, Am Pulverturm 13, lag (Beilage 3).
Grabungsmethode
Die Grabungsmethode ergab sich aus den Bedin-
gungen, welche die zu untersuchenden Schichten und
das Gelände stellten, dann aber auch aus finanziellen
und organisatorischen Gegebenheiten. Bei Beginn
der Grabung war von den zu erwartenden römischen
Strukturen so gut wie nichts bekannt. Nur eine Gra-
bung von L. Lindenschmit1 hatte die zu untersuchende
Fläche berührt. Eine Probegrabung, die in der Zeit
vom 11.-25. April 1957 durchgeführt wurde, zeigte,
daß sehr mächtige Schichten vorhanden sind, zeigte
aber auch die Notwendigkeit, den durch die Festungs-
gräben der Tenaille Clairfait verursachten Störungen
anszuweichen (Abb. 1). Da die Fläche bis zu der be-
vorstehenden Bebauung untersucht sein sollte, waren
bei der Schichtdicke (maximal 6 m) und der Größe
der Fläche (etwa 250 m lang, etwa 120 m breit, nicht
ganz 3 ha Inhalt) Flächengrabungen untunlich. Dazu
kam, daß die Mittel knapp waren und wissenschaft-
liche Mitarbeiter sowie gute Tiefbauarbeiter nur
mit Mühe zu bekommen waren. Daher wurden mit
Baggern Suchschnitte von insgesamt 275 m Länge an-
gelegt. Nur an einer Stelle (Schnitt 8A) erwies sich
eine Flächengrabung als notwendig.

1 MZ. 12/13, 1918, 62 ff. Die Grabung von F. Kutsch be-
rührte den Rand der Fläche. Knapper Vorbericht: Germania
4, 1920, 25 ff.

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