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DIE RÖMISCHEN WEHRBAUTEN VON MAINZ

1. DIE »MAUER AM SÜDENDE«
Bei der Bebauung des Krankenhausgeländes wurde
im Jahre 1910 an dessen Südrand ein römischer
Mauerzug angeschnitten, den G. Behrens und E. Bren-
ner untersuchten und veröffentlichten32. Ein weiteres
Stück der Befestigung fand K. Bittel bei den Grabun-
gen 192833 und Winter 1928/2934. Bei der Anlage
eines Heizkanals für die Schwesternhäuser im Juli
1958 kamen die Reste der Mauer wieder zutage.
Die Mauer ist auf rund 300 m Länge bekannt (vgl.
Beilage 2, in der Südwestecke der Karte, und Bei-
lage 5). Sie ist überall ausgeraubt, dennoch ließen
sich Breite und Tiefe des Fundaments bestimmen. Die
Breite liegt bei 2 m. Das Fundament war, von der
Oberfläche der Berme aus gemessen, etwa 1 m tief.
Auffällig ist die unregelmäßige Mauerführung, die
nach der Untersuchung von Bittel (Anm. 34) die Ge-
ländeform berücksichtigt. In dem Mauerzug wurde
ein rechteckiger Turm mit risalitartig vorspringen-
dem Fundament gefunden. Er springt 2,4 m hinter
der Mauer zurück, auf der Vorderseite springt er
noch 0,3 m vor; er ist 4,85 m lang. Der Turm ist also
fast quadratisch (Seitenlängen 4,70 m und 4,85 m).
Hinter der nordwestlichen Strecke der Mauer liegt
eine etwa 0,75 m breite Fundamentgrube; sie gehört
zu einer ausgeraubten Mauer, die zunächst in 7 m
Abstand hinter der Mauer herläuft, sich ihr aber dort
nähert, wo die römische Wasserleitung durch die
Mauer zieht. Wahrscheinlich handelt es sich um den
Fundamentgraben einer Böschungsmauer, welche am
Fuß der hinter der Mauer zu erwartenden Wallauf-
schüttung lag.
Die Berme hat eine Breite von 4-7 m, d. h., der
Graben hat von der Mauer nicht immer den gleichen
Abstand. Der Graben ist ein Spitzgraben von 5 bis
6,5 m Breite und etwa 2 m Tiefe.
Datierung
Die Datierung geht von stratigraphischen Beob-
achtungen aus, von den Funden im Innern und vom
Typ der Befestigung. Die Mauer am Südende ist
danach frühestens im zweiten, vielleicht im dritten
Jahrhundert gebaut worden.
Leider gibt es nur wenige stratigraphische Beob-
achtungen. Der Spitzgraben schneidet im Schnitt C

der Grabung 1910 eine Grube ab, die nach der Be-
stimmung durch Behrens hadrianische Scherben ent-
hält35.
Bei der Untersuchung der römischen Wasserleitung,
die in die Jahre zwischen 70 und 80 datiert werden
kann, stellte Bittel fest, daß diese älter als die Mauer
ist36.
Unter der Oberfläche der Berme fand man bei der
Grabung 1928 eine Lehmschicht, in der eine schwarze,
sehr regelmäßige Brandschicht war.
Aus dieser stammt das Randstück eines Topfes, der
in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts gehört37.
Ebenfalls unter der Berme, nach Bittel stratigra-
phisch älter als die Mauer, war eine mit Bauschutt
gefüllte Grube, die wohl auf Steinbauten, die zuvor
dort standen, hinweist38. Die Grube fand sich nur in
einem Grabungsschnitt.
Die hinter der Mauer anzunehmende Wallauf-
schüttung überdeckt die von Bittel in Schnitt 20 ge-
fundenen Gruben, deren jüngste Scherben in früh-
flavische Zeit gehören (Anm. 37). Außerdem über-
deckte die Wallaufschüttung in Schnitt 20 vielleicht
auch das Mauerstück mit Bewurf und Fugenstrich.
Man muß in dieser Gegend mit einer starken Abtra-
gung der oberen, jüngsten Schichten rechnen. Daher
war von der Wallaufschüttung und den anschließen-
den gleichzeitigen Schichten nichts mehr vorhanden.
In der Grabenfüllung lagen nur wenige Scherben
aus dem 1. und 2. Jahrhundert39.
Die späteste Keramik aus der Ausbruchgrube der
Mauer (es wurden nur wenige Stücke gefunden) ge-
hört nach Bittel ins 4. Jahrhundert40. Das abgebildete
Stück kann seiner Form nach im 4., aber auch im
3. Jahrhundert vorkommen. Da es heute nicht mehr
vorhanden ist, kann die Datierung nicht nachgeprüft
werden. Hält man sich an die angegebene Datierung,
so wäre die Mauer frühestens im 4. Jahrhundert aus-
geraubt worden. Die Scherbe kam in unmittelbarer
32 MZ. 6, 1911, 55 f.
33 MZ. 23, 1928, 55 f.
34 MZ. 24/25, 1930, 68 f.
35 MZ. 6, 1911, 56 Abb. 3 Profil C.
36 MZ.23, 1928, 61.
37 MZ. 23, 1928, Profil S. 54 Abb. 2; Topfrand S. 62 Abb. 17
(Schnitt 6).
38 MZ. 24/25, 1930, 68.69 Abb. 2.
39 MZ. 24/25, 1930, 70 Abb. 3 Schnitt 20, 37; Schnitt 23,
1-3.
40 MZ. 23, 1928, 62 Abb. 17 Schnitt 7 b, 1.

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