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II. FUNDE AUS DER GRABUNG 1957/58

Alle Funde befinden sich im Altertumsmuseum der
Stadt Mainz. Die Inventarnummern werden in einer
abgekürzten Form verwendet: die vor dem ersten
Komma stehende Zahl ist die Nummer des Schnitts,
aus dem der Fund stammt6.
Das Fundmaterial besteht fast ausschließlich aus
den Resten zerbrochener Gefäße sowie unbrauchbar
gewordener Geräte und Ausrüstungsteile. Es ist Ab-
fall, der sich im Lauf der Jahrhunderte im Legions-
lager angesammelt hat. Der folgende Fundkatalog
enthält nur eine Auswahl aus der Fülle der Funde,
wobei diejenigen Stücke bevorzugt wurden, die zu
der Datierung von Schichten beigetragen haben. Voll-
ständig aufgeführt sind nur die Münzen, die Kera-
mik- und die Ziegelstempel. Da die Datierung der
frühesten und spätesten Schichten des Lagers von
besonderem Interesse ist, sind die frühesten (augusti-
schen) und spätesten Funde (4. Jahrhundert) in den
Abbildungen reichlicher vertreten, als es ihrer wirk-
lichen Häufigkeit entspricht. Leider konnten die
Metallfunde mit Ausnahme der Münzen fast gar
nicht berücksichtigt werden, da es wegen Personal-
mangels nicht möglich war, sie freizulegen und zu
konservieren; die Erhaltungsbedingungen für Metall
waren ausgesprochen ungünstig, während Keramik
und auch kalkhaltige Gegenstände (z. B. Eierschalen)
gut erhalten waren.
Die Funde werden nach Zeiten gegliedert in Ab-
schnitten vorgelegt, die den Abschnitten bei der
Beschreibung der Schichten entsprechen. Die Grenzen
dieser Abschnitte bedeuten nicht in jedem Fall einen
Einschnitt in der Entwicklung der Formen. Daher
greift gelegentlich ein Abschnitt in das Fundmaterial
eines benachbarten über.
1. FUNDE AUS AUGUSTISCHER UND
FRÜHTIBERISCHER ZEIT
Die Keramikscherben aus den frühen Schichten
erlaubten die Feststellung von etwa 660 Gefäßen.
Davon waren 20% Sigillaten, 17% feinere Gefäße
(Sigillata-Imitationen, belgische Ware, Firnisware),
20 % glattwandige Gefäße (ein- und zweihenklige
Krüge u. ä.), 25% rauhwandige Gefäße und 18%
Schwerkeramik. Eine solche Statistik hat nur einen
beschränkten Wert für die Feststellung des antiken
Keramikinventars; sie wird dadurch verzerrt, daß

1. verschiedene Gefäßtypen bei der Zerstörung in
eine unterschiedliche Anzahl von Scherben zerfallen
(Typen, die bei der Zerstörung in sehr viele Scherben
zerfallen, treten in der Statistik allzusehr in den
Vordergrund), 2. die verschiedenen Keramikgattun-
gen im Gebrauch eine verschiedene Festigkeit zeigen,
manche Gefäße mußten also häufiger ersetzt werden
als andere, 3. die Methode der Fundbearbeitung zu
verschiedenen Zahlen führen kann, etwa dadurch,
daß unprofilierte Scherben schon vor der Auswertung
weggeworfen werden. (Bei dieser Auswertung ist das
nicht geschehen.)
Sigillata
Die hier behandelte Zeitspanne beginnt auf der
einen Seite mit dem Gründungsjahr des Lagers, auf
der anderen Seite wird sie durch das erste Auftreten
der eigentlichen südgallischen Sigillata begrenzt. Die
erste südgallische Sigillata dürfte in tiberischer Zeit,
in erheblichen Mengen erst in den zwanziger Jahren
des 1. Jahrhunderts n. Chr. nach Mainz gekommen
sein7. So wird in diesem Abschnitt von den italischen
Sigillaten die Rede sein, wozu bemerkt werden muß,
daß besonders am Ende der besprochenen Zeitspanne
einzelne italische Töpfer Filialen in Gallien gehabt
haben können.
Die italische Ware unterscheidet sich schon in Ton,
Überzug und Farbe von der späteren südgallischen.
Bei der Beschreibung der Formen halte ich mich an
die Bezeichnungen von Haltern und Oberaden. Ober-
aden zeigt, welche Keramik in der Zeit ungefähr
von 12-8 v. Chr. in Benutzung war. Älter als die
Keramik von Oberaden und wohl in die Zeit vor
15. v. Chr. zu setzen sind die Funde vom Petrisberg
in Trier8 9 sowie die frühesten römischen Funde von
Basel und Zürich®. Zu diesen Stücken gibt es in Mainz
bis jetzt keine Parallele. Die Keramik von Haltern
ist mindestens zum größten Teil jünger als die von
Oberaden; sie zeigt, was bis 9 n. Chr.10 in die Hände
der Soldaten kam.
6 Die volle Inventarnummer erhält man durch Vorsetzen
von 57/28/ vor die abgekürzte Inv.-Nr. Beispiel: abgekürzt
8,5, vollständig 57/28/8,5.
7 A. Oxe, Bonner Jahrb. 140/41, 1936, 340 ff.
8 S. Loesdtcke, Trierer Zschr. 14, 1939, 93 ff.
9 E.Vogt, Der Lindenhof in Zürich (1948) 146 ff.; R. Fell-
mann, Basel in römischer Zeit (1955) 85 ff.
10 K. Kraft, Bonner Jahrb. 155/156, 1955/56, 95 ff.

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