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Ergebnisse der Grabung zur Geschichte des Legionslagers

Die Grabung traf die Südostgrenze des Legions-
lagers, durch die das Grabungsgebiet in eine inner-
halb und eine außerhalb des Lagers gelegene Fläche
geteilt wurde (Beilage 3). Das wichtigste Grabungs-
ergebnis ist die Stratigraphie dieser Lagergrenze. Die
Lagergrenze ist im Lauf der beiden letzten Jahrzehnte
des 1. Jahrhunderts v. Chr. festgelegt worden und
wurde bis zur Aufgabe des Legionslagers beibehalten.
Die frühen Wehrmauern waren Holz-Erdemauern,
von denen mehrere Perioden festgestellt wurden.
Darüber lagen mehrere Perioden von Steinmauern.
Die letzte Wehrmauer (Steinmauer 3) ist wahrschein-
lich noch im 4. Jahrhundert in Benutzung gewesen,
vielleicht sogar erst in diesem Jahrhundert errichtet
worden. Vor den Wehrmauern lagen mehrere Perio-
den von Verteidigungsgräben, mindestens sieben.
Die Schichten im Innern des Lagers beginnen eben-
falls in der Zeit des Augustus und enden im 4. Jahr-
hundert. Vollständige Gebäudegrundrisse hat die
Grabung nicht aufgedeckt.
Außerhalb des Lagers fanden sich zwei Straßen,
die in der Mitte des 1. Jahrhunderts entstanden sind.
Die ältesten Bauten (canabae legionis?) — sie sind
augustisch oder frühtiberisch - sind älter als die Stra-
ßen. Die späten canabae lehnten sich an die Straßen an,
von denen die nordwestliche sicher noch im 3. Jahrhun-
dert benutzt wurde; neben ihr lag der Keller eines Hau-
ses, das in der Mitte des 3. Jahrhunderts abgebrannt ist.
Obgleich man über die Geschichte des Lagers im
großen und ganzen orientiert ist207, ließen sich zwei
wichtige Fragen bisher nicht mit der wünschenswer-
ten Genauigkeit beantworten, nämlich: wann wurde
das Lager angelegt, wann wurde es aufgelassen? Für
eine Antwort auf diese Fragen hat die Grabung
Material geliefert, allerdings müßte es durch spätere
Grabungen noch vermehrt werden.
Die Geschichte des Legionslagers Mogontiacum
beginnt mit der Verlegung der Legionen aus dem In-
neren Galliens an den Rhein. Der Zeitpunkt dafür ist
in den Quellen nicht überliefert. Nur soviel geht aus
ihnen hervor, daß die Legionen um 12 v. Chr., beim

Beginn der Feldzüge des Drusus, bereits am Rhein
waren208. In den frühen Quellen wird der Name des
Legionslagers nicht genannt209, es fehlen auch genau-
ere geographische Angaben. Der archäologische Be-
fund210 und die in Mainz gefundenen Inschriften
machen es aber sicher, daß spätestens seit 12 v. Chr.
ein Zweilegionslager über der heutigen Altstadt von
Mainz war, in dem die 14. und 16. Legion lagen211.
Die Südostseite dieses Lagers wurde bei der letzten
Grabung gefunden.
Die Funde aus dem Zweilegionslager erlauben es
nicht, dessen Beginn vor 20 v. Chr. anzusetzen212.
Zwei überlieferte Ereignisse kommen in dieser Zeit-
spanne vor allem für die Erstanlage des Zweilegions-
lagers in Frage: die Statthalterschaft des Agrippa
(19 v. Chr.; Dio 54, 11, 1) und der Aufenthalt des
Augustus in Gallien (16-15 v. Chr.; Dio 54, 21,1 ff.),
beide hervorgerufen durch Unruhen im Lande und
Einfälle der Germanen. Es scheint mir wahrschein-
licher, daß erst Augustus den Entschluß faßte, die
Legionen an den Rhein zu legen; er paßt gut zu dem
vermutlich damals entworfenen Plan, Germanien bis
zur Elbe zu erobern. Gegen die Annahme einer frü-
heren Verlegung der Legionen an den Rhein spricht
207 Literatur, allgemein: RE. Bd. 15, 2 Sp. 2422ff. (Artikel
Mogontiacum); CIL. XIII 2 S. 296ff. (C. Zangemeister, Ein-
leitung Mogontiacum); E. Stein, Die kaiserlichen Beamten und
Truppenkörper im römischen Deutschland unter dem Prinzipat
(1932); E. Ritterling, Fasti des römischen Deutschland unter
dem Prinzipat (1932); A. Riese, Das rheinische Germanien in
der antiken Literatur (1892); E. Stein, Geschichte des spät-
römischen Reiches (1928).
208 E. Ritterling, Bonner Jahrb. 114, 1906, 161 ff.
209 Die Legionslager des cäsarischen Heeres in Gallien tra-
gen ebenfalls keinen eigenen Namen; vielleicht wurde daher
auch das Lager in Mainz zunächst lediglich nach den Legionen
benannt wie wir dies auch aus Beispielen der Spätzeit kennen;
das Legionslager Castra Regina (Regensburg) wird auf den
Meilensteinen CIL. III 5996-5997 Legio genannt (3. Jahr-
hundert). Vgl. auch die Ortsnamen Leon (Spanien) und Caer-
leon (England), die auf Legionslager zurückgehen.
210 vgl. S. 77 f.
211 RE. Artikel legio; 14. Legion: Bd. 12, 2 Sp. 1727ff.;
16. Legion: Bd. 12, 2 Sp. 1761 ff.
212 vgl. S. 77 ff.

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