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auch die Nachricht von Germaneneinfällen, die um
17 v. Ohr. die Niederlage des Lollius herbeiführten
(Dio 54, 20, 4-6; Velleius 2, 97, 1).
Seit seiner Begründung lag das Lager dann für
Jahrhunderte unverändert auf der Rheinhochterrasse
gegenüber der Mainmündung. Die Brandschicht in
dem Graben 4 kann während des Bataveraufstandes
(69/70) entstanden sein213, wenngleich die Annahme,
daß das Legionslager damals durch Brand zerstört
wurde, im Widerspruch zu dem Bericht des Tacitus
steht (Tac. Hist. 4, 61). Im übrigen hat die Grabung
ergeben, daß mindestens die Südostseite des Legions-
lagers nicht verlegt wurde, solange das Lager be-
stand214. Auch für die anderen Lagerseiten kann das
gleiche mit gewisser Wahrscheinlichkeit angenommen
werden. Dieses Ergebnis ist insofern merkwürdig, als
seit dem Saturninusaufstand (88/89) nur noch eine
Legion, die 22. Primigenia Pia Fidelis, in Mogontia-
cum lag. Vielleicht befand sich die seit 134 in Ober-
germanien nachweisbare Ala Indiana, von der es in
und um Mainz Inschriften gibt (CIL. XIII 7028,
7257), zusammen mit der 22. Legion im Legions-
lager215.
Von besonderer Schwierigkeit ist es, festzustellen,
wie lange das Legionslager bestand. Die letzte scharf
datierte Mainzer Steininschrift der 22. Legion stammt
aus dem Jahre 242 (CIL. XIII 6763). Bei der Spär-
lichkeit der schriftlichen Quellen in der darauffolgen-

den Zeit läßt sich aus diesen nicht entnehmen, wie
lange die Legion noch in Mogontiacum war und wann
das Legionslager aufgegeben wurde216.
Nun fand sich während der Grabung im Inneren
des Legionslagers Keramik des 4. Jahrhunderts. Auch
die späteste Steinmauer des Lagers ließ sich mit Kera-
mikfunden des 4. Jahrhunderts verbinden217. Dazu
kommen eine Reihe älterer Beobachtungen, so daß
sich mit großer Wahrscheinlichkeit die Behauptung
vertreten läßt, daß das Legionslager bis in das
4. Jahrhundert hinein bestanden hat und daß auch
die 22. Legion im Anfang des 4. Jahrhunderts noch
in Mogontiacum lag218. In diesem Zusammenhang
verdient die Münzreihe des Lagers (S.52f.) sowie das
Vorkommen später Ziegelstempel im Lagerbad
(S. 78 f.) besondere Erwähnung.
Spätestens in der Mitte des 4. Jahrhunderts wurde
das Legionslager aufgelassen; dies ergibt sich aus der
auf Grund älterer Funde anzunehmenden Bauzeit
der spätrömischen Stadtmauer, die das Lagergebiet
durchschneidet219.
213 vgl. S. 23.
214 vgl. S. 17.68.
215 E. Stein, Die kaiserlichen Beamten und Truppenkörper
im römischen Deutschland unter dem Prinzipat (1932) 142.
216 RE. Bd. 12, 2 Sp. 1803 ff.
217 vgl. S. 29 ff.
218 Vgl. S. 78 ff.
219 vgl. S. 63 ff.

Zeittafel zur Geschichte des Legionslagers Mogontiacum220

19-12 v. Chr.
12 v. Chr. -16 n. Chr.
nach 9 n. Chr.
21
39-40
um 43
nach 43
50 und 58
69/70
70
70/71
nach 71
73
83
um 85
spätestens 86
88/89
89

Anlage des Legionslagers; Besatzung 14. und 16. Legion.
Germanenfeldzüge der augustisch-frühtiberischen Zeit.
Mogontiacum wird Sitz des Befehlshabers des obergermanischen Heeres.
Aufstände in Gallien werden mit Vexillationen u. a. aus Mogontiacum nieder-
geschlagen.
Germanenkrieg des Caligula.
Ablösung der 14. und 16. Legion in Mogontiacum durch die 4. und 22. Legion.
Erste Steinbauten im Legionslager.
Expeditionen gegen die Chatten.
Bataveraufstand.
Die Legionen in Mogontiacum unterwerfen sich dem Imperium Galliarum.
Ablösung der 4. und 22. Legion durch die 1. und 14. Legion.
Rege Steinbautätigkeit im Legionslager; Entstehung des steinernen Aquädukts.
Feldzug des Cn. Cornelius Pinarius Clemens von Straßburg zur Donau.
Erster Chattenkrieg des Domitianus.
Errichtung der Provinz Germania Superior; Mogontiacum wird Sitz des Statthalters.
Die 1. Legion wird durch die 21. Legion abgelöst.
Saturninusaufstand.
Zweiter Chattenkrieg.

220 Nachweise bei E. Stein, Die kaiserlichen Beamten und Truppenkörper im römischen Deutschland unter dem Prinzipat
(1932) 87 ff. und oben S. 86 f.

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