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Edward Sangmeister, Josef Schneider
Zu den schon von Gersbach betonten Merkmalen der Gräber:
Oberirdische Anlage —
Quadratisch-trapezförmiger Grundriß —
Gelegentliches Fehlen des Seelenloches (Aesch) —
Ovale Form des Seelenloches —
Hügelüberdeckung
kommt als weitere Beobachtung noch die des Erhaltungszustandes der Mehrzahl der
Anlagen. Es ist auffallend, daß — wie beim Heidenstein — auch in Courgenay und bei
der ganzen Gruppe an der oberen Saöne meist nur der Lochstein erhalten ist.19) Mag
auch die bei G. Kraft überlieferte Zerstörungsgeschichte des Heidensteins mehr oder
weniger auf alle entsprechenden Anlagen übertragbar sein, so muß hervorgehoben
werden, daß das allein vielleicht doch nicht erklärt, warum immer gerade der Stein mit
dem Einstiegsloch erhalten blieb. Dafür mag man nun wieder andere Momente, wie
Interesse am Seltsamen, Aberglauben u. ä. bei der rezenten Bevölkerung, ins Treffen
führen. Doch scheint das gerade wieder in Degernau nicht zuzutreffen. Dort zerschlug
man den Lochstein, versenkte ihn und den Deckstein im Boden — und doch fehlen
große Teile der übrigen Platten. Hinzu kommt, daß — so beim Heidenstein — die Ver-
wendung verschiedener Baumaterialien nachgewiesen wurde.
In dem schon von Gersbach für die Herkunft angezogenen südfranzösischen Raum (be-
sonders Dep. Herault, Gard und bis zu den Pyrenäen) begegnet nun dieser Kammer-
typus häufig nicht in einheitlicher Technik errichtet. Gelegentlich ist nur die Giebelseite,
auch die Rückwand aus Platten hergestellt, während die Seitenwände ganz oder zum
Teil aus Trockenmauerwerk bestanden.20) Die Vergleichbarkeit der Grundform der
Gräber, die Übereinstimmung in der oberirdischen Anlage und das Fehlen eines Ganges
könnten Anlaß dazu geben, anzunehmen, daß auch eine bautechnische Einzelheit, wie
Ersatz der Platten durch Mauerwerk, gelegentlich übernommen wurde. Solche Kon-
struktionen zerfallen häufig schon beim Raube des Decksteins bis auf den Eingangsstein,
der dann allein übrigbleibt.
Eine weitere Beobachtung, der nachzugehen sich lohnte, ist die, daß die „Seelenlöcher“
fast immer unverhältnismäßig hoch an den oft riesigen Steinplatten angebracht wurden.
Nur Degernau selbst scheint da eine Ausnahme zu bilden. Am Heidenstein dagegen
wurde geradezu eine Stufe notwendig. Eine solche Stufe hatte aber nur Sinn, wenn der
Lochstein in seiner ganzen Höhe frei stand und nicht mit in den Hügel einbezogen war.
Dieser mußte also zu beiden Seiten des Einganges — am besten durch Mauerwerk oder
Platten — am Nachrutschen gehindert werden. Das ist die Konstruktion, wie sie in
Frankreich und Spanien angewendet wurde, die dann auch zu den komplizierten horn-
förmigen Vorhof-Rahmungen geführt hat. Solche sind nun wieder gerade in der Zeit
der Mauerwerksgräber bzw. wenig vorher in Südfrankreich Sitte geworden.21)
19) E. Koby a. a. O.
20) J. Arnal. Rivista di Studi Liguri 19, 1953, 22 ff., bes. Abb. 2 u. 3.
21) J. Arnal, Revue archeologique 1955, 137 Abb. 4. 5. G. u. V. Leisner, Die Megalithgräber der
iberischen Halbinsel, 1, der Süden, 1943, Taf. 85, 7 (Rekonstruktion). M. Granel - J. Arnal,
Actes du Ier Congres International d’Etudes Ligures, 1952, 48 ff.
Edward Sangmeister, Josef Schneider
Zu den schon von Gersbach betonten Merkmalen der Gräber:
Oberirdische Anlage —
Quadratisch-trapezförmiger Grundriß —
Gelegentliches Fehlen des Seelenloches (Aesch) —
Ovale Form des Seelenloches —
Hügelüberdeckung
kommt als weitere Beobachtung noch die des Erhaltungszustandes der Mehrzahl der
Anlagen. Es ist auffallend, daß — wie beim Heidenstein — auch in Courgenay und bei
der ganzen Gruppe an der oberen Saöne meist nur der Lochstein erhalten ist.19) Mag
auch die bei G. Kraft überlieferte Zerstörungsgeschichte des Heidensteins mehr oder
weniger auf alle entsprechenden Anlagen übertragbar sein, so muß hervorgehoben
werden, daß das allein vielleicht doch nicht erklärt, warum immer gerade der Stein mit
dem Einstiegsloch erhalten blieb. Dafür mag man nun wieder andere Momente, wie
Interesse am Seltsamen, Aberglauben u. ä. bei der rezenten Bevölkerung, ins Treffen
führen. Doch scheint das gerade wieder in Degernau nicht zuzutreffen. Dort zerschlug
man den Lochstein, versenkte ihn und den Deckstein im Boden — und doch fehlen
große Teile der übrigen Platten. Hinzu kommt, daß — so beim Heidenstein — die Ver-
wendung verschiedener Baumaterialien nachgewiesen wurde.
In dem schon von Gersbach für die Herkunft angezogenen südfranzösischen Raum (be-
sonders Dep. Herault, Gard und bis zu den Pyrenäen) begegnet nun dieser Kammer-
typus häufig nicht in einheitlicher Technik errichtet. Gelegentlich ist nur die Giebelseite,
auch die Rückwand aus Platten hergestellt, während die Seitenwände ganz oder zum
Teil aus Trockenmauerwerk bestanden.20) Die Vergleichbarkeit der Grundform der
Gräber, die Übereinstimmung in der oberirdischen Anlage und das Fehlen eines Ganges
könnten Anlaß dazu geben, anzunehmen, daß auch eine bautechnische Einzelheit, wie
Ersatz der Platten durch Mauerwerk, gelegentlich übernommen wurde. Solche Kon-
struktionen zerfallen häufig schon beim Raube des Decksteins bis auf den Eingangsstein,
der dann allein übrigbleibt.
Eine weitere Beobachtung, der nachzugehen sich lohnte, ist die, daß die „Seelenlöcher“
fast immer unverhältnismäßig hoch an den oft riesigen Steinplatten angebracht wurden.
Nur Degernau selbst scheint da eine Ausnahme zu bilden. Am Heidenstein dagegen
wurde geradezu eine Stufe notwendig. Eine solche Stufe hatte aber nur Sinn, wenn der
Lochstein in seiner ganzen Höhe frei stand und nicht mit in den Hügel einbezogen war.
Dieser mußte also zu beiden Seiten des Einganges — am besten durch Mauerwerk oder
Platten — am Nachrutschen gehindert werden. Das ist die Konstruktion, wie sie in
Frankreich und Spanien angewendet wurde, die dann auch zu den komplizierten horn-
förmigen Vorhof-Rahmungen geführt hat. Solche sind nun wieder gerade in der Zeit
der Mauerwerksgräber bzw. wenig vorher in Südfrankreich Sitte geworden.21)
19) E. Koby a. a. O.
20) J. Arnal. Rivista di Studi Liguri 19, 1953, 22 ff., bes. Abb. 2 u. 3.
21) J. Arnal, Revue archeologique 1955, 137 Abb. 4. 5. G. u. V. Leisner, Die Megalithgräber der
iberischen Halbinsel, 1, der Süden, 1943, Taf. 85, 7 (Rekonstruktion). M. Granel - J. Arnal,
Actes du Ier Congres International d’Etudes Ligures, 1952, 48 ff.