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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 119 - 148 (1. Mai 1923 - 31. Mai 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0906
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g deutMÄ Lchstüttgswrll-ens'fo ernÄeMg gÄkMüzerchnet wrrd, Lrviüchen
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Lngüsche Wne.

Die SteLrmg des ne«c« Ksbinetts zur ReparätionsfraAe.

Von unsernm 8-Korrsspondenten.

Paris, 28. Mai 1928.

Dtzr als Minister ohne Portefeuille ernannte Lord Robert
T e c i l wird dem „Ncw Pork Hsrald" zufolge nicht nur die Aufgabe
haben, sich mit den Angelegenheiten des Wllerbundes, soweit sie
England betreffen, zu beschäftigen, sondern er wird überhauvt
Völkerbundsminister sein und in dieser Eigenschaft Lean-
tragsn, wie man aus seiner letzten Unterhausrede und aus seinen
Vortrögen in Amerika schlietzen kann, daß der Ruhrkonflikt
deni Völkerbund Lberwiesen wird. Man glaubt sogar,
Latz vor seinem Eintritt in das neue Kabinett ein Einverständnis
zwischen ihm und dem Ministerpräsidenken Baldwin zustande-
gekommen sei.

Die „Lhicaqo Tribune" will erfahren haben, datz inan sich
bereits am Quai d'Orsay entschlosien habe, einer Tagung des
Oberstsn Rates zuzustimmen. Den Anstos; hierzu habe vor allem die
Lelgische Reparationsnote gegeben.

Jn London machen sich Strömungen geltend, den alten Plan
Llopd Eeorges wieder aufleben zu lasien. der dahin ging,
siirankreich einen Schutzvertrag anzubieten. Das neue Kabinett
Baldwin würde mit gswisien Äbänderungen die alten Änregun-
i gen von Lloyd Gsorge wieder hervorholen, da man in London
überzeugt sei, dasi weniger das Revarations- als das Srcherheits-
problem von grötzerer Bedeutung für sfrankreich sei. Würe dieses
letztere gelöst, hätte sfrankreich die notwendige Sicherhsit, datz ihm
im s?alle eines deutschcn Angriffes der notwendige Beistand durch
l England geleistet würde, so stünden der Schlichtnng des Repara-
- tionsstreites geringere Schwierigkeiten im Wege. (?)

Sinr iniernativnÄL AnWe.

Wäs Destschland als HöchstsumMe leisten känn.

E i g e n e Dra h t m e l d ung.

8 Parrs, 28- Mai.

Pertinax erklärt sich heute E Keynes zum erstenmal
völlig einversianden und Mvar in der Frags einer internatio-
i nalen Anlsihe. Keynes sihreibt u.'a- folgsndes: Es ser für
f. Deutschlanid unmöglich, eine Anleihe von 26 Milliarden Goldmark zu
Ifbekdmmen, Jndien halbe nur 269 Mill. Pfrmd, alsa 4 MiMarden
Eoldmark Anleihe aufbrinigen können. Eanz England ohne Indren
haüe in London inssesamt nur 599 Mill. Pfund, alßo 10 Milliarden
chEMmark anfbringen können. Die Anleihen !der «nglischen Städte
: erroichten 209 Mill. Pfd-, also 4 Milliarden Gsldmarr." Mit RüWcht
aus Äie augenWckliche Lage am englrschen Ecldmarkt könnts
D e u t s ch la nd in EnglaNd h ö ch stens b >is zu 2 S Mill. Pf d.
zu 19 Prozent beksmmen. Jn New york se,i der Gsld-
i..markt nicht viel besser. Jm Jahre 1921 habs Am-errka 70 Mkll.
Dollar an Frankreich, 49 Mill. a-n DäneiinarL und 45 MM. an Bcl-
gien gsg-Sben. Keynes schlicszt, daß große Sum-men'von St-erlings
i-oder Dollars zurzeit wsder Frankreich n-och BeWen- benöt-rgt-sn. Im
i'eigenen Land fänden beide Staat-en genüg-end Eläubiger für ihre.
^DedÄrfnisie- Jhre SchwieriiglLüen entstä-Men erst ber der Rück-
^ —hl-ung äutzerer NnleiHen. Daifür genügtow a-ber beftim-mte Annur-

Me MUMMrMommWbKen.

Londan, 28. Mai. Dem diplomatischen Bsrichterstatter des
„Daily Telegraph" zufolge hat die französische Regierung
, Lei der engIi? chen die Frage der Anweisung an General
Nollet und an die alliierten M ili tärkon tro ll kom m is-
-sionen, ihre Tätigkeit rn ganz Deutschland wieder aufzunehmen,
' .auf-geworfen- Die englische Ansicht scheine jedoch wsiterhin die zu
sein. Tmtz unter den augenblicklichen Umständen eine derartige Masi-
i nahme gefährliche Zwischenfälle zur Folge haben könnte, Lie besssr
f-vermiedcn würden.

Mlien und IugssiawM.

8 Päris, 28- Mai- (Eig. Draht-m.) Die schon var einiger Mt
t 'avp-ls-nte Zusammenkunst zw >ischen Mussolini n-n d dem>
Irug o slaw isHen M i n i st erpräsüdente n N i ntsch i tsH
pindet nach siner Meldung >des „Eclarr" bestimmt nun inVeneLig
t siatt. Gegenstand soll Äix Rsgslung der Mischen beiden Staaten
pschwsbenden Fragen ssin, hauptsächlich ei-n engeres Zn-sammenarbeiten
-der beiden.

Das AllgeZsi der Zndu-n'e.

Veratungen der Parteiführer LLer dre kommendc Rote.

Berliir, 28. Mai.

„ Von parlamentarischer Seite wrrd uns mitgeteilt: Die Partei-
sührer des Zentrums, der Deutschen Volkspartei
und der Deutschen Demokratrschen Parter beschäftigtsn
sich heute vormittag bei der Besprechung der polrtischen Lage mit
dem Angebot des Reichsverbandes der deutschen
Jndnstrie an den Rsichskanzler. Jn den von der Jndustrre
angebotenen Leistungen sehen dre Parteiführer ein erfreuliches
Zsichen dafür, datz dre deutsche Wrrtschaft in Erkenntnis der Lage
bereit ist, für die Freihet des Vaterlandes auch die schwersten
Opfer zu bringen. Die für die Wiederherstellung der Leistnngs-
fähigkeit der deutschen Wirtschaft gemachten Voraussetzungen werden
bei der Verwrrklichung der angebotenen Earantien dadurch not-
wsndrgerweise zum Eegenstand allgemeiner politischer Verhand-
lungen gemacht werden müssen, und zwar auf der Grundlage des
Lereits in der Note oom 14, November 1922 niedsrgelegten 'Regrs-
rungsprogrrmms.

Die pariser Konferenz endgWg vrttagt.

Von unserem 8.-Korrespondentsn.

Das „Oeuvre" stimmt Belgiens Auffasiung zn.

Päris, 28. Mar.

Dic sranzöstsch-belgische Mrnisterzusammenkunft ist nun end-
gültig vertagt worden und zwar nicht auf wenige Tage, son-
dern voraussichtlich bis Mitte Juni. Pomcarg begibt sich arir Mitt-
woch nach StraßLurg. Dort gedenkt er nach dem „Matin" einige
Tage zu veroleibsn. Er habe deshalb den Selgischen Botschafter in
Paris gebeten, dem Ministerprästdenten Theu'nrs mitzuteilen, daß
zu seinem größten Bedauern die bslgisch-französischen Verhandlungcn
nicht vor der nächsten Woche stattfinden könnten. Da in
diesem Augenblick dis berden Kammern sich mit dem Militärgesetz
beschäftigen, einer Dsbatte, Ler stch Minrsterpräsident Theunis voll-
kommen widmen werde, glaubt der „Matin", daß die französi?ch-bel-
gische llnterredung Hierdurch bis Mitte Juni aufgeschoben
wsrden müffs.

«-

Das „O e uv r e" schreibt zu der am Samstag von PoincarZ
vsr den Belgiern gshaltenen Äede, diese hätten höflich applaudiert,
indessen hätten sis deshalb doch nicht vergesisn, datz zwischen der bel-
gischen Lage und derjenigen Frankreichs ein mich: iger llnter -
schied beftehe, den Poincars zu unröcht vernachlüssige.
Wenn Frankreich bis zur Stunde an Reparationskosten im Ruhr-
gebiet mehr verausgabt habe als es auf Reparationskonto erhalte,
so ser Belgien nicht in gleicher Lage. Sern Prioritätsrccht habe
ihm Ende des vergangenen Jahres 359 Millionen Eoldmark einge-
tragen. Wenn Poincars verkünde, der Friede sei noch nicht frucht-
bringend geworden, so könnten die Belgier nicht umhin, daran zu
denken, datz dieser Friede vor der Vesetzung des Ruhrgebietes sllr sie,
wenn auch in noch sehr geringem Matze, eine Quelie vonEin-
nahmen geworden war. Es bestehe kein Zweisel, katz die Lelgische
Ausfasiung in England und auch in Jtalien sehr geschätzt werde.
Belgien, Frankrsichs erster Alliierter, komme also — vielleichi
wrder seinen Willen -p dazu, wenn auch nicht die Rolle des
Schiedsrichters, so doch die des Sprachrohrs zwischen den bciden
Grotzmächten der Entente zu spielen. Viel Errolg habe die Rcisc
Loucheurs nach London nicht gehabt, die Rerse von Jäspar und Theunis
nach Paris hätte ihn srleichtern können.

daß dre erste rnierallrrerte Tnlerhe zv den ReparaisonszäUiE^
überhaupt in keiner Weise herangezogen würde.

Mvolrck'on m Vntzarien.

8 Päris, 28. Mai. (Eig. Drahtm.) Unkontrollierbare Gerüchie
>der heut-igen Morgen-blättsr melden don Ausbruch der bul-
garischen Nevöl-ution. Obgleich sie bisher den Aufftäwd'i-schen
Wkderstanid geleistet hätten UNld d-en Eegnern Verlnste Leibrächten,
sei die Lage dvr Regierung in Sosi-a d-och kritis ch. Eerüchtweise
vsvlautet, datz Mmisterprästdent StamLulinski, den die Reoo-
lutionäre zum Tod verrrrteAt hätteri!, ans >der ^auptstadt g e-
fl.üchtet sei.

Eine nngariWe Anleihe.

Parrs, 28. Mai. (Eig. Drahtm.) Jn der Frage einer unga-
rischen Anleihe, mit welcher sich die Reparationskom-
mission hents beschästigt hat, wird offiziell bekanntgegeben, daß
eine Kommission eine Entscheidung treffen soll, welche Ein-
nahmen llngarns für den Anleihedienst' Verwendung finden sollen-
Jn der Sitzung der Reparationskommission wurde weitsr bestimmt,
daß der Reparationsanteil an der Anleihe von der Finanzlage lln-
garns aohängig sein soll, es wäre jedoch auch sehr leicht möglich,

Di'e Lage im Sn'ent.

Die SausiMller Krmfereuz vor neueu kritisHes Tageu-

Lausanne, 28 M«i-
allüert^

ngend dre

schnelle Erledigung der noch bestshenden Strer^
sragen nahezulegsn, die den Friedensschluß verhmderten. r-i ^
klärte, er rechne darauf, datz bei den weiteren Verhandlungen
großen Opfern Rechnung getragen werdr, die die u.»
mit der Beilegung des türkisch-griechischen Konflikt.es gebracyt u
Aus diesem Schritt Jsmed Paschas geht hervor, datz er den ^rreoe ^
vertrag für ein unlösbares Ganzes hält und
zeichnung durch die Türken oon der Erledigung aller Ä ^
seln abhängig macht. Man sieht in diesem Schrüt die A
der türkischen Delegation, das angebahnte Abkommsn mit wrr
land von einer befriedigenden Lösung der noch offenstehenden v ^
fragen zwischen den Alliierten und der TLrkei abhängig ?.ugtz
Man erklärt sich den heutigen Schritt damit, datz die Turkeir ^
der Leruhigenüen Verstcherungen der Alliierten an eine ueue ^
steifung Frankreichs in der Frage der Zahlung der r-
der ottomanischen Schuld zu glauben scheinen. ,

Der Lulgarische Dertreter in Lausanne, T o d o r e l ^
richtete an die Konferenz eine Note, in dsr er auf die
in der Konferenzsttzung am Freitag getroffenen territorialen ^ q
des griechisch-türkischen Konflikts, datz heiht die Abtretu n 9
Karagatsch an die Türkei, hinweist und Berückstchtigung oe j,
garrschen Intsresiey fordert. Die Note Leiont, datz Vie neueu ^ §

torialen Veränderungen zugunsten der Türkei Bulgarrb
hohem Matze interessieren, da es sich um von
an dre alliierten und asioziierten Mächte laut Vertrag vcn Ml-
abgetretene Eebiete handelt, durch die außerdem der Zugang ^
gariens zum Meere gehen soll. Diese neue seltsame. wen>9 ^
ständliche Velohnung der Türksi mit Bulgarien abgrnommene
biet mache möglicherweise den zukünftigen Zusammenhang
mit dem Meere unmöglich, da die Eisenbahn, dis den Zugang l
soll, nunmehr zwei fremde Gebiete durchqueren würde.
rische Regierung hoffe, datz endgültige Entscheidungen
Berücksichtigung der Lebensinteresien Bulgariens getroffen m

Am Montag trät die Finanzkommission unrer. ^eir
des Generals PeIlet zusammen. Sie besprach die Verhano-
zwischen der Türkei und den Alliierten in dsr Repa^ Affh
frage. Die Alliierten verzichten auf die Bezahlung von ^jten
lionen tllrkischen Eoldpfund. Dic griechrsch-türkischen Schuuer
könnten als beseitigt angesehen werden, aber die Alliierteu ^jjei-
zwei Vorbehalte machen, datz nämlich Güter, welche ehsmat-
ten Staatsangehörigen gehörten und die von der Tiirkei R cher^
nahmt worden sind, soweit deren ehemalige Vesitzer festgeste"
den könnten, diesen zurückgestellt würden, ferner sollen von oc- " .jjgl
alle ottomanischen Gesellschaften, in welchsn alliicries ^gften-
arbeitet, für die erlittsnen Schäden sine Entschädigung ,
Jsmed Pascha sprach sich gegen diese Vorbehalte aus i ° chjsK-
wurds dann an die Sachverständigen überwiesen. Das 8.
türkische Abkommcn in der Reparationsfrage wnrde "^n "c
mission mit Befriedigung verzeichnet, doch erhob Ism.sd
eine wichtige Einwendung, indem er vsrlangte, datz oi
sitionsscheine, die von der griechischen Armee in Kleina>>
gestellt worden sind, von Eriechenland selber eingelost - a»K
Veniselos wandte sich gegen diese Forderung," sche,^
diese Frage mutzte an di« Sachverständigen zur Entscheibu ^j. d?c
wiesen werden. Die Alliierten stehen auf dem Standpuukte, Ap-
griechische Anschauung gerechtfertigt sei. Der Protest gegen ^^. do
tretung von Karacrotsch wurde zirr Kenntnis genoium - ge-
Frage soll im Veisein eines bulgarischen Vertreters ncuei?' ^ sir -
prüft werden. Die Sitzung hmterließ den Eindruck, daß u-
ken nach ihren erheblichen Konzesiionen an Eriechenlan^ vo e>R°
tag in den Einzelfragen eine energischere H a l t"
nehmen und vor allem in ihren Verhandlungen mit d-e" „ ^reiseu-
kaum mehr Konzesiionen machen wollen. Jn französiMo^^ssielst-
wa man vor allem Schwierigkeiten bei der Kuponfrage vo^.^ xui-
rechnet man mit neuen kritischen Tagen, währeno
ken nach der Sitzung em optimistischeres Bild der Lage eN'

rrsberschwemm«ng der Wolaa.

8 Paris, 28. Mai. (Eig. Drahtm.) Das „Echo d-e ^

aus Moskau verh-eerende Uoberschwemmungen der ^.j xws
scnders bei Samara und Bjelaja. Die Stadt Busr .
der Ä-uß-enwelt vollkom-men a-hgsschnitten. Auch O m 1 ^ --- ne
bsdrängt. ^>>ie Effenlbahn nach Taschkent sei a-uf 12»
schäd-igt.

25 Braute.

E'm Schelmenroman oon Wilhelm HsrVert.

WKlutz.) (NaSLrink verboten.)

Dienstfertig gab er ilhr Fsuer, ra-nchte -dann selbst und lehnte
i stch veriraulich auf den Stuhlarm: „Weil -es erne Feighsit ist. immer
knur bas grüne Wachsium jMg zu nenne-n nnd nicht den Mut zu
-)ber Warheit aufzubringen, -datz wiEiche Krast und Schönhsit nnr
i-rn >der Reife liegt."

«Wemr sie äber schon ein'wenig überreif i-st. l-iebsr Barvn?"
„O Durchlaucht! Desto reifer, -desto köstlicher. Das tst nicht Llotz
sHsi den Biwnen so. Wenn rch zu wähls-n-hätte, ich wüvL-e Durch'laucht
) allen Frauen vorztehen."

' „Ni-sdl-icher Dr-ansgünger!" dach-te ste und l-istz di« Schmeichelei,
(ffaverlogen ste war, mit g-eschlosienen Mugen Mf der Zunge vergeh-m.
) „Wi-e -ist mir -denn?" Icichslte ste dann. „Habsn Sie den-n nicht
chme-hr M wählen? Ich habe nte davon gehäeti. datz Sie geheiratet
i hätten."

Sre hatte überhaupt bis hMt-e nie etwas von ihm gehört.

„Die müsien doch ledig ssi-n oder" — fügt-e fie Hin-M — „znm

> mtndestrn verwitwet wie -ich."

-„Ich bi-n lddig."

„Na also! Dann haben Sre doch zu wählen."

„Jch mutz sogar wählen. Mber ..."

,Sie müsien sogar wählen — was heitzt das?"

„Die Tante hat meinen Erbantritt davon abhängig gemacht,
datz ich mich binnen drei Tagen verlobe. Morgen frllh acht ist der

- 'Termin aus."

Sie öffnete thre Angen weit. War das auch M-nte? Aber wozu

- denn '?

„Ei ! Ei! Da fieh! Und nun wolls» Sie doch natürlich nicht
gsrwe das ganze Eeld verlieren?"

,Moshafie Alte!" dachte er. Aber dann streckts er beide Arme aus
nnd rief: „Nein! Gott sei Dank! Geld war mir tmmer gleichgültiz.
Äber die Pietät, die Ehrfnrcht! Ich könnte keine Stun-de ' ruhi-z
schläfen, wenn ich meiner Tante nrcht den Willen täte — u-nd
'Äann. .

Sei-ne Stimme wurds heitz.

Die lauschte, ungläubig, doch oon Elaubenslust berauscht. „llnd
dann . .

„Und dann" — fagte er leise, ncch an ihrem Gesicht, m dem er
die Erregung durch di-e Schminte g-lühen -sah — ,Foü /ich.Sie gesehen,

> Durchlaucht, möchte ich wählen."

„S-chmeichler! Schmeichler! Jch höre nichts." , 'A " '

Sie legte die Häude kokett a-n di-e Ohren. ' '

Sskt und Ealgenübermut warfen ihn auf öin Kni« vvr ihr. Lr g-riff
in die Tasche uud schllttete rhr das Perlengeschmeide i-n den Schotz.
.Aurchlaucht, lasien Sie diese Kinder des Weelks „für Mich reden!
"S-r«-oder-.k«me!" , . ,

Der matte Schimmer der Perlen, dem kanm eine Frau wider-
fteht, und das hsitze Feuer seiner Worte r-isien Zweifel, ll-ebsrlegung,
Klugheü fort.

Ihre lsifs ziGernden Aände strichen iiber seinen glatten Kopf,
um ssi'ne glatten Wangen und ihre kühlen Lrpprn 'suchten seine
Stirns.

„Du dumnier goldiger Dub', du!" murmelte fie.

„Ja?" rief er uud sprang auf. „Ja?"

Jetzt glühten ihre A-ugen von wildem Feuer. ,.Ia!" slüsterte
sie. ,.Ja!" Ihre Finger wühlt-en in seinen vollen iattbs'ßon Wanqen.

Da nahm er ste wie eine Fed-er aus dem Stuhl uud wirüelte
sie im Kreiise, datz fie luftlos aufrreifchte.

„Das äber nicht mehr!" murmelte sie erschreckt und keuchend,
wie er sie wieder auf die Polster niedevgelasien hatte. „Das ja
nicht mehr!"

Gehorsam kauerie er sich auf dsn Polster zu ihren FLtzen nnd
lietz sich von ihr strsich.eln -uud liebkosen wie eür K-iNd, wie ein
Spiel-zeug.

„Älle hab' ich such jetzt, wo ich such molltc!" schrie es in ihm.
Dazwifchenhinoin s-ah er im Hal-brauf-ch Jula und D-orothee imd die
selts-ame ältere Kuni, des Türmers Schwester, deren SpaÄasienbuch
er noch immer bei sich trug.

Aber sein toll-er Vorsatz zerrte ihn weüer.

„Komm!" flüfisrte er. „Komm! Morgen um acht ist es aus.
Jch mutz moine Braut noch heute in ihrem Schlotz zeigen."

„Noch heute — in ihrem Schlotz?" murmelte sie htlflos, sast ohn-
mächtig. „Wi-e sollen wir denn L-as machen?"

„Komm!" drängte er. „Lv.tz anspannen! Komm!"

Jhre Verwunft wehrte sich de-geg-e-n. Aber die Dernu-nft wär zur
Minute das Schwächste i« ihr. Rasersi braufte durch rhr Blut.

„Warte!"

Sie giwg in ihr Wohnztmmer u-Nd -gäb der Zofe mit flackernd-er
Stimm>e Vefehle. Stau-nend -sah das Mädchen, wre es im Geiicht
Hrer Herrin brannte.

Cine Viert-elstund-e später fuhr die Für-stin nM Väit in der
elsganteste-n Hotelequipage wgg. AAe Fenster warsn bsfetzt. üiur
Leska, die auf -ihver Ottomane träumte, sah nmd hörte ni'ckts da,wn.

Stumm, wie wemr er es nicht anders erwartet hä^' .

sich drein. Schk-r

„Was rst dws?" murmelte Äie Fürstin nnd mutzte stw
-und Stamren a-uf einen alten, zerschlisienen Lederstuhl b»

„Das -i-st ein grotzer Betrug, dem unsere Fran Gi^^cEi ivAj)
fiel," antwortete der Diener und erzählte ihr, was er !/?) hM
Sie hörte es. wirr von Scham uM Entsetzen, und Ha-b- IeäM
leid mit dem kecken, schneidigen Burschen, den drautzen o-re
fortschafften. „

Veü aber wntzte, ohne noch dre Enrzelheiten zu kenn-m
das Earn geworfen.

Mathilde!

28 siü^

Am nöchsten Morgen nach einer Nacht im VoliL«^'' Fetzi"
er im Zellenwagen nach dem Eefängnis jenseits -
Tropfens" hi-nausg-efahren.

Das Schicksal wollte es, datz er mit allen seinen Veü'-^ KiH >
znfammenkam — nur „Tamerlan", der wegen sein-er Flnw
haft war, fehlt-e.

„O weh!" sagie Iust, der TaschLN'dieS. „Kaum „

-Fre>iheit! Da konnte es nichts werden mft den FünMnv»

„Doch!" antwortete er. „Doch! Jch habe gehal.e
verfprochen. Aber später dävon! Latzt mich erst eingenE
. . . Sechs Wochen darauf war die Verhamdluwg.
llnd alle, alle kamen sie. ^,-psatt^'

Von der findigen Poliz-ei, die Fran Mäthildens u,

Rachetrieb unterstlltzte, waren fle alle ausgelundswäststt
zur Stelle- N-ur -die tote Rahel ftchlte u«d Lore, vo-r-
Monate alie Wickelkind. . jhint^

Die wcnigsten von ihnen drückten tchn. Manche ovr

Bosonkers Kuni, di« Türmersschwester, der man 7".'„AckZbU""
fv.nfzehnt>sn August — rhr Sparkasienbuch u-nvsrf-ehrr

Widerspruchslos erklärte er alles fiir wahr, «>lis ^ ^jchte ^

mtt Mcksicht «ruf Durchlarrcht,

Jrene trug >ihre Perlen.

Veit lretz ganz langsam sahren
wie er ibsim Einstei-gen sagte.

Jn die we'ichen Polster zurückgelehnt, genotz er mü Behagen
-das Gefühl, an d«r S-eite ein«r Fürstin, die sei-n« Braut war, -durch
die grotze weite Stadt, durch all dws vor dem Wagen gestaute Volk
zu fwhren. J-eden neidifchen, jeden staun-enden Dlick fing sr auf.

W:e fie an der Feldherrnstrahs 212 ankamen, sprang er ab und
hob Jrens aus den Kisien.

Sie trat-eN in das Schlotz . . .

Da kam-en mit dem alten Diemer Schutzleu-te Sus dem Tor-
wartzimnl-er.

. TZur Li-nken .«Rd zm Mecht en wuvde Vsü gefatzt

Nur mft Frau Mathilde kämpfte er «rbütert^u^^^^yM^^


gsgenüber den Freispruch, weil der schwarze DMl, ^^xtet
bekomm-en, von einem Sachverständigen n-icht homii
als Veit eigeM Kleider, die ste Hehrelt. M

Der Staatsanwalt beanrvagte acht Iahre Gerad^

Fälle, wo wirklich Sträfliches vorlag. ^ si

Sechs Iahre bekam Veit. Das Eericht uahm ^

immer nur aus schnöder EowinnsuchL gehandeü
Bsi diesem Satz >schaut>s sr m-ft ei-nem Landbave«
fitzenden auf. ^ srww"

Dann unterwarf « fich >der Strafe, überslo»'

Reihen feiner Bräute, sewfzte still und gins-
Vibi aber flüsterte: „Süß war « dochr
Und di« allermeisten um fie her zabea rM "Ui-
 
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