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Bálint, Zoltán [Hrsg.]
Die Architektur der Millenniums-Ausstellung — Wien, [1897]

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https://doi.org/10.11588/diglit.3730#0008
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Die historische Ausstellung von der reichseite.

EINLEITUNG.



l_/er gelehrte und hochgesinnte Bischof von Kaschau, Sig-
mund Bubics, hat als Präsident des IV. internationalen Congresses
der Kunsthistoriker in seiner Eröffnungsrede am 1. October des
vorigen Jahres Folgendes gesagt: »Betrachten Sie bloss die
wichtigeren epochalen Ereignisse der Geschichte des ungarischen
Staates und Sie werden sehen, welch endlose Kämpfe es uns
kostete, dieses Vaterland, welches unsere tapferen und weisen
Vorfahren mit leichter Mühe eroberten, während der folgenden
Jahrhunderte zu erhalten.« Der hervorragende Kirchenfürst trug
hierauf eine wunderbar gedrängt gefasste Skizze der Ge-
schichte Ungarns vor. Er sprach über die Kriege und Kämpfe,
welche in diesem schönen, reichen Lande ein Jahrtausend lang'
wütheten, Alles vernichtend, was Begabung und Fleiss geschaffen,
und öde Ruinen hinterlassend, wo ehedem prächtige Kirchen die
Thätigkeit und Kunst der Friedenszeit verkündeten.

Und fürwahr, wollen wir den heutigen culturellen Zustand
Ungarns einer gerechten Beurtheilung unterziehen, können wir
dies ohne Kenntniss der nationalen Geschichte kaum thun. Diese
gibt uns das Einheitsmass unserer heutigen Cultur und lässt uns
den wahren Werth der Millenniums-Ausstellung erkennen. Denn
diese Ausstellung war ein treuer Spiegel unserer wirtschaftlichen
und culturellen Verhältnisse. In aufrichtiger Weise, ohne Ueber-
treibung, jedwede Spiegelfechterei vermeidend, haben wir das Bild
unserer Industrie, Landwirthschaft, unseres Handels und unserer
Cultur entrollt, damit aus demselben das heutige Ungarn con-
struirbar sei; und wir haben die Denkmäler, welche aus der Cultur
verklungener Jahrhunderte bewahrt blieben, vorgeführt, damit aus
denselben das tausendjährige Ungarn reconstruirt werden könne.
Zweck und Grundidee der Ausstellung waren: in einem treuen
und lebendigen Bilde die Vergangenheit und die Gegenwart vor-

zuführen. Der Ungar sollte daraus lernen, sein Selbstvertrauen
und seine Zuversicht stärken. Der edle Wettkampf sollte ihn zur
erhöhten Anspannung seiner Kräfte anregen, das aufgewiesene
Resultat sein Wissen bereichern, seinen Geschmack läutern und
veredeln. Und er sollte auch seine Geschichte erkennen; die Be-
strebungen vergangener Zeiten, den Fortschritt und den Weg
sehen, auf welchem er vorwärtszustreben hat. Der Fremde aber
möge uns kennen lernen. Er soll es wissen, sich davon überzeugen,
dass im Osten des gebildeten Europa nunmehr seit tausend Jahren
ein Volk lebt, das viel gelitten, viel Ungemach erfahren. Jahr-
hunderte lang war es der Schutzwall der westländischen Gultur,
des Christenthums gegen die Horden des Orients. Und, wie das
ungarische Dichterwort lautet, »trotz dem grossen Missgeschick
und vielem Zwiespaltsbrand« hält es, vom Sturm nicht gebrochen,
sondern gestärkt, consolidirt, von westeuropäischen Institutionen
umgeben, das Banner der Civilisation hoch. Er sollte aus den
historischen Denkmälern ersehen, dass dieses Volk immerdar auf
der Höhe seiner Aufgabe gestanden, dass es für alles Schöne und
Gute empfänglich war, und dass es, wenn missliche Verhältnisse
seinem Fortschritte in der Vergangenheit auch Hindernisse in den
Weg legten, heute mit gesteigertem Eifer, mit stärkerem Willen
vorwärtsstrebt, um seinen Platz im Kreise der gebildeten west-
ländischen Culturvölker einzunehmen.

....Beim Erscheinen dieses Werkes ist der Rahmen, in
welchen die Nation das Bild seiner tausendjährigen Existenz, die
Millenniums-Ausstellung, eingefasst hat, bereits zum grössten
Theile den Demolirungsarbeiten zum Opfer gefallen. Die Zauber-
stadt, welche wie auf einen Schlag mit der Wünschelgerte im
Stadtwäldchen von Budapest zum Leben von kurzer halbjähriger
Dauer erwachte, ist allmälig wieder entschwunden, und auf dem
 
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