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Bálint, Zoltán [Hrsg.]
Die Architektur der Millenniums-Ausstellung — Wien, [1897]

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https://doi.org/10.11588/diglit.3730#0013
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Mak . i Plafond

Man hoffte von einer Weltausstellung,
dass dieselbe, mit den Millenniums-Fest-
lichkeiten in Verbindung, Ungarn eine
Zeit lang zum Mittelpunkte Europas
machen, dass sie das Interesse für unser
Land und Volk in der ganzen Welt er-
regen werde und dass Budapest, diese
junge und aufstrebende Metropole, von
den Hunderttausenden herbeiströmender
Fremden sozusagen feierlich der Reihe der Weltstädte angeschlossen
werden wird. Man trat eifrigst für die Weltausstellung ein, indem
man die Stadt Brüssel als Beispiel anführte, deren Weltausstellung
im Jahre 1888 von unvergleichlich mehr Fremden besucht wurde,
als ihre 1880 aus Anlass des 50jährigen Unabhängigkeits-Jubiläums
veranstalteten grandiosen Festlichkeiten und ihre National-Aus-
stellung.

Die Regierung hat sich jedoch dieser Idee nicht angeschlossen.
In der Motivirung des obenerwähnten Gesetzartikels argumentirte
sie damit, die tausendste Jahreswende sei eine Nationalfeier, die
Beg-ehung derselben müsse also ebenfalls eine nationale, folglich
auch die Ausstellung eine solche sein. Die ganze Welt wird
derselben beiwohnen, was wir aber aufweisen werden und können,
soll uns gehören, unseren eigenen Kräften entsprossen sein.

Die internationalen Ausstellungen sind heutzutage ohnedies
nicht so sehr Ausstellungen, als Märkte. Der Luxus und Reich-
thum nehmen bei der Veranstaltung derselben solche Dimensionen
an, die Ansprüche sind diesen Expositionen gegenüber heute
schon so gross, dass die Befriedigung von Alldem die Anwendung
von ausserordentlichen materiellen Mitteln erheischt, vorausgesetzt
natürlich, dass nicht von einer minderen, sondern einer wahrlich
grossangelegten Ausstellung die Rede sei. Solche Weltaus-
stellungen haben, wie die Erfahrung lehrt, fast überall derartige
finanzielle Schwierigkeiten im Gefolge gehabt und seitens des
betreffenden Staates oder der Stadt solch angestrengte materielle
Opfer erfordert, welche mit den durch die Ausstellung zu er-
reichenden beabsichtigten Resultaten nicht im Einklänge stehen,
insbesondere jetzt, wo die Ansprüche sich sozusagen bis zum
Aeussersten verstiegen haben. Die Regierung hielt die Ver-
anstaltung einer in diesem Massstabe angelegten Ausstellung aus

unseren eigenen Mitteln für nicht sicher
erreichbar, dass aber unsere Millenniums-
Festlichkeiten durch fremdes Capital den
Glanz erhalten sollen, erachtete sie weder für
motivirt, noch für erwünscht.

Andererseits konnte nach der 1885er
Budapester Ausstellung nur eine nationale
Ausstellung es sein, welche auf unsere in-
dustrielle Entwicklung und auf sämmtliche
Zweige der nationalen Production eine be-
lebende Wirkung ausüben soll, und während
der Erfolg der Weltausstellung kaum sicher-
gestellt werden kann, hat die Landes-Aus-
stellung ihren engeren bestimmten Rahmen,
dessen Ausfüllung wohl Mühe kostet, aber jedenfalls den Erfolg
verheisst und welcher trotzdem gross genug ist, um das Interesse
und sicherlich auch die Anerkennung und die Sympathie des
Auslandes für uns zu erregen.

Trotz der Agitation der Sanguiniker für die Idee der Welt-
ausstellung erreichten sämmtliche Vorlagen der Regierung Gesetzes-
kraft, wodurch die erste wichtige Frage, welche fast die ganze
öffentliche Meinung des Landes in zwei Lager spaltete, ent-
schieden wurde.

Nach dem leider so frühen Ableben Gabriel Baross' nahm
Handelsminister Bela Lukäcs die Angelegenheit der Ausstellung-
zur Hand. Noch im selben Jahre, als der oberwähnte Gesetz-
entwurf die Sanction erhielt, also im December 1892, wurde unter
seinem Vorsitze die erste constituirende Sitzung der Landes-
commission der Millenniums-Ausstellung abgehalten. Die Regierung
war schon damals hinsichtlich des Schauplatzes der Ausstellung
gewissermassen schlüssig geworden, indem die hauptstädtische
Repräsentanz das von der Regierung verlangte Territorium,
nämlich die von der Stephaniestrasse rechts und links gelegenen
Theile des Stadtwäldchens, zu den Zwecken der Ausstellung
bereitwilligst überlassen hat.

Die öffentliche Meinung gab sich jedoch nicht ohneweiters
damit zufrieden, dass die Ausstellung im Stadtwäldchen ver-
anstaltet werde. Denjenigen, welche die Ausstellung grösser
wünschten und sich vorstellten, schien das Stadtwäldchen für
diesen Zweck durchaus nicht geeignet und sie suchten nach einem
anderen, weiteren Gebiet, dessen individueller Charakter das
Alltägliche der Anlage der Ausstellung von vorneherein aus-
schliessen sollte.

Und werfen wir bloss einen Blick auf die Karte der Haupt-
stadt, so wird uns das Befremden dem Stadtwäldchen als Aus-
stellungsgebiet gegenüber allerdings gerechtfertigt erscheinen.
Der linksufrige Stadttheil hat wenig Parks oder Gartenanlagen;
es mangelt uns sogar an freien Plätzen, und so waren die Bedenken
des hauptstädtischen Publicums wohl verständlich, dass der einzige
grössere Erholungsort der Hauptstadt einerseits von Beginn der
Ausstellungsbauten bis zu deren Demolirung dem Publicum ent-
zogen werden soll und andererseits, dass der Bauthätigkeit zahl-
reiche Bäume zum Opfer fallen werden. Demgegenüber schien

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