Der Muthwillige von Schalken. — Frühstück von Franz Mieris.
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anfangen, im Großen zu malern Aber seine umfangreichen Porträts mißlangen. Er kehrte also zu
seiner Lieblingsmalerei zurück, und begnügte sich, Geschöpfen seiner stillen Künstlerlaune das Dasein zu
geben, und kleine Porträts zu schaffen, in welchen seine Geschicklichkeit unverkennbar war. Auch König
Wilhelm III. ließ sich von ihm malen. Aber dieses Portrait zog ihm den bittersten Tadel der Britten
zu, weil er wider die Wohlanständigkeit dem Könige ein Talglkcht in die Hand gegeben hatte, von
welchem der geschmolzene Talg auf seine Hand traf. Müde der Verfolgungen des Brittischen Zartge-
fühls und des Künstlers Kneller, kehrte er in sein Vaterland zurück, und freute sich des Beifalls seiner
Landsleute.
Der Churfürst Johann Wilhelm, welcher Schaltens Verdienste kannte, ließ ihn nach Düsseldorf
kommen, wo bekanntlich der erste große Stammschatz zur jetzigen Münchener Pinakothek gesammelt
wurde. Hier verfertigte er verschiedene Gemälde, die dem Fürsten so sehr gefielen, daß er ihm mit einem
silbernen Tafelservice ein Geschenk machte.
Arbeitsamkeit und Sparsamkeit würden diesen Künstler zu einem reichen Manne gemacht haben,
wenn ihn das Podagra nicht von seinem dreißigsten Jahre an, besonders aber gegen das Ende seines
Lebens, so oft zur Unthätigkeit gezwungen hätte. Er starb im Jahre 1706 in einem Alter von 63
Jahren, und hinterließ eine einzige Tochter, die die Gattin eines Baumeisters ward. Er war ein
Freund der Wissenschaften, und führte ein sehr ordentliches und häusliches Leben.
F r ü h st ü ck.
Von Franz Mieris.
Man zeigt dein Publikum an einem Tage einen jungen Panther und am andern einen Käsig und
darin einen alten Bären mit den Worten: derselbe Panther noch einmal, nur in einer andern Situa-
tion! Die Kinder denken vergnügt, sie haben einen Panther kennen gelernt; die älteren Zuschauer-
lächeln, doch alle finden beide Sehenswürdigkeiten recht stattlich und voll Leben und der Effect ist be-
friedigt.
Aehnlich scheint es mir in der That mit den Eigcnbildnissen des Franz Mieris zu gehn, oder der
Künstler müßte denn einen Doppelgänger gehabt haben und zwar einen ganz besonder», der sich von
allen d en Doppelgängern unterscheidet, wie sie Justinus Kerner für herkömmlich und üblich hält: einen
solchen nämlich, der ihm gar nicht ähnlich sah, und dem doch alle Kunstliebhaber und Freunde auf die
Achsel klopften und sagten: guten Morgen lieber Franz! In Natura ist den Kennern dieser Wackere
längst verstorben, aber irr seiner Abbildung klopft man ihm noch bis heute mit dem alten Gruß auf die
Schultern, und allerdings hat er auch ein Paar Schultern, stark genug, um im Nothfall den breitesten
Jrrthum gar leicht zu tragen.
Wenn nämlich ein Jrrthum dabei im Spiele ist, was ich in diesem Falle, wo ich nicht ganz von
allen Quellen unterrichtet bin, nur bescheiden und scherzweise andeuten und nicht gern polemischen
möchte, denn ich verstehe mich nicht darauf, daß ein Mensch verschiedene Gesichter hat und wäre also
zu sehr Parthei.
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anfangen, im Großen zu malern Aber seine umfangreichen Porträts mißlangen. Er kehrte also zu
seiner Lieblingsmalerei zurück, und begnügte sich, Geschöpfen seiner stillen Künstlerlaune das Dasein zu
geben, und kleine Porträts zu schaffen, in welchen seine Geschicklichkeit unverkennbar war. Auch König
Wilhelm III. ließ sich von ihm malen. Aber dieses Portrait zog ihm den bittersten Tadel der Britten
zu, weil er wider die Wohlanständigkeit dem Könige ein Talglkcht in die Hand gegeben hatte, von
welchem der geschmolzene Talg auf seine Hand traf. Müde der Verfolgungen des Brittischen Zartge-
fühls und des Künstlers Kneller, kehrte er in sein Vaterland zurück, und freute sich des Beifalls seiner
Landsleute.
Der Churfürst Johann Wilhelm, welcher Schaltens Verdienste kannte, ließ ihn nach Düsseldorf
kommen, wo bekanntlich der erste große Stammschatz zur jetzigen Münchener Pinakothek gesammelt
wurde. Hier verfertigte er verschiedene Gemälde, die dem Fürsten so sehr gefielen, daß er ihm mit einem
silbernen Tafelservice ein Geschenk machte.
Arbeitsamkeit und Sparsamkeit würden diesen Künstler zu einem reichen Manne gemacht haben,
wenn ihn das Podagra nicht von seinem dreißigsten Jahre an, besonders aber gegen das Ende seines
Lebens, so oft zur Unthätigkeit gezwungen hätte. Er starb im Jahre 1706 in einem Alter von 63
Jahren, und hinterließ eine einzige Tochter, die die Gattin eines Baumeisters ward. Er war ein
Freund der Wissenschaften, und führte ein sehr ordentliches und häusliches Leben.
F r ü h st ü ck.
Von Franz Mieris.
Man zeigt dein Publikum an einem Tage einen jungen Panther und am andern einen Käsig und
darin einen alten Bären mit den Worten: derselbe Panther noch einmal, nur in einer andern Situa-
tion! Die Kinder denken vergnügt, sie haben einen Panther kennen gelernt; die älteren Zuschauer-
lächeln, doch alle finden beide Sehenswürdigkeiten recht stattlich und voll Leben und der Effect ist be-
friedigt.
Aehnlich scheint es mir in der That mit den Eigcnbildnissen des Franz Mieris zu gehn, oder der
Künstler müßte denn einen Doppelgänger gehabt haben und zwar einen ganz besonder», der sich von
allen d en Doppelgängern unterscheidet, wie sie Justinus Kerner für herkömmlich und üblich hält: einen
solchen nämlich, der ihm gar nicht ähnlich sah, und dem doch alle Kunstliebhaber und Freunde auf die
Achsel klopften und sagten: guten Morgen lieber Franz! In Natura ist den Kennern dieser Wackere
längst verstorben, aber irr seiner Abbildung klopft man ihm noch bis heute mit dem alten Gruß auf die
Schultern, und allerdings hat er auch ein Paar Schultern, stark genug, um im Nothfall den breitesten
Jrrthum gar leicht zu tragen.
Wenn nämlich ein Jrrthum dabei im Spiele ist, was ich in diesem Falle, wo ich nicht ganz von
allen Quellen unterrichtet bin, nur bescheiden und scherzweise andeuten und nicht gern polemischen
möchte, denn ich verstehe mich nicht darauf, daß ein Mensch verschiedene Gesichter hat und wäre also
zu sehr Parthei.