Die Münchener GaNcrien.
welcher ost ein harmonisches Durcharbeiten mangelte, hatte viel poetische Frische, besonders für
die Einzelheiten der nächsten Nähe. Das vorstehende Bild zeigt einen von den trüben Regen-
tagen, welche durch das wechselnde, aber sehr kurze und trügerische Weißlicht ihrer dünnern
Wolkenschichten den Reisenden zur Verzweiflung bringen. Besonders wenn dieser in Schweden
und noch dazu in einer Hammerschmiede eingeregnet ist. Hier findet er nicht einmal in der
Küche einen Trost, ja er findet überhaupt gar keine Küche. Der Hausraum mit seinem ge-
waltigen Rauchfang, welcher jedoch nur bei Hellem Wetter den Dampf herausläßt, ist Alles in
Allem: Küche, Wohnstube, Putzzimmer, Schlafkammer, Kuh-, Ziegen- und Schweinestall zu-
gleich, und mit ganz vorzüglichem Nachdruck das Letztere. Die Gastfreundschaft des freigebigen
Wirthes bietet Dir so schrecklich versauerte Milch, so mageres, verschimmeltes Brod, so voll-
endet an der Luft verholztes Rauchfleisch, daß Du voll Unmuth Deine ganze Zugendkultur
verwünschest, welche Deine Zunge gebildet und Dich an Reinlichkeit gewöhnt hat. Du möch-
test um einen einzigen genießbaren Bissen eine ganze Seele voll schöner Natureindrücke hin-
geben, und sämmtliche europäische Gastwirthe begeistert embrassiren, weil sie vielleicht so gütig
gewesen sind, die comfortable Prellerei zu erfinden. Sobald Du aber das ehrliche Schweden
im Rücken hast, mit all' seinem Ueberfluß an Mangel und Mangel an Ueberfluß, so kehren
sich die Gefühle um. Ein höherer Wunsch steigt in Dir auf: Um wie viel lieber würdest Du
die betrügerischen Rechnungen bezahlen, hättest Du die Macht, sämmtliche Hoteliers der Civi-
lisation nur auf vierzehn Tage bei den schwedischen Gebirgsbauern in Kost und Logis zu
geben. O ihr dicken, glänzenden, zungengleisenden Gestalten! genirt euch nicht, eßt und trinkt
und mästet Euch nach Verdienst heraus: Dort ist verfaulte Mich, verdorbenes Brod und dazu
ein wettergegerbtes Stück Ochsensleisch, so zart wie Euer Rechtlichkeitsgefühl.
Eine niederländische Schule.
Von Schmidt.
Die echte Genremalerei, d. h. die Auffassung und Wiedergabe des täglichen Lebens be-
herrscht das unerschöpflichste Gebiet. Dennoch thaten ihre Vertreter oft, was sie am wenigsten
hätten thun sollen: Sie beklagten sich über den Mangel an passenden Stoffen für ihre Kunst.
Ueber den Mangel an Glück.zur Auffindung der passenden Stoffe zu klagen wäre richtiger
gewesen.
Allerdings sind wirklich einige Gründe vorhanden, welche den Künstlern einen Anstoß zu
jener Klage geben. Das letzte Jahrhundert hat, vermöge seiner zunehmenden Kultur, seiner
merkantilischen Verbindungen, seiner Leichtigkeit des Reisens und hauptsächlich vermöge seiner,
durch die Staaten eingerichteten, uniformirten Bildungsanstalten, in denen Aufklärung und
welcher ost ein harmonisches Durcharbeiten mangelte, hatte viel poetische Frische, besonders für
die Einzelheiten der nächsten Nähe. Das vorstehende Bild zeigt einen von den trüben Regen-
tagen, welche durch das wechselnde, aber sehr kurze und trügerische Weißlicht ihrer dünnern
Wolkenschichten den Reisenden zur Verzweiflung bringen. Besonders wenn dieser in Schweden
und noch dazu in einer Hammerschmiede eingeregnet ist. Hier findet er nicht einmal in der
Küche einen Trost, ja er findet überhaupt gar keine Küche. Der Hausraum mit seinem ge-
waltigen Rauchfang, welcher jedoch nur bei Hellem Wetter den Dampf herausläßt, ist Alles in
Allem: Küche, Wohnstube, Putzzimmer, Schlafkammer, Kuh-, Ziegen- und Schweinestall zu-
gleich, und mit ganz vorzüglichem Nachdruck das Letztere. Die Gastfreundschaft des freigebigen
Wirthes bietet Dir so schrecklich versauerte Milch, so mageres, verschimmeltes Brod, so voll-
endet an der Luft verholztes Rauchfleisch, daß Du voll Unmuth Deine ganze Zugendkultur
verwünschest, welche Deine Zunge gebildet und Dich an Reinlichkeit gewöhnt hat. Du möch-
test um einen einzigen genießbaren Bissen eine ganze Seele voll schöner Natureindrücke hin-
geben, und sämmtliche europäische Gastwirthe begeistert embrassiren, weil sie vielleicht so gütig
gewesen sind, die comfortable Prellerei zu erfinden. Sobald Du aber das ehrliche Schweden
im Rücken hast, mit all' seinem Ueberfluß an Mangel und Mangel an Ueberfluß, so kehren
sich die Gefühle um. Ein höherer Wunsch steigt in Dir auf: Um wie viel lieber würdest Du
die betrügerischen Rechnungen bezahlen, hättest Du die Macht, sämmtliche Hoteliers der Civi-
lisation nur auf vierzehn Tage bei den schwedischen Gebirgsbauern in Kost und Logis zu
geben. O ihr dicken, glänzenden, zungengleisenden Gestalten! genirt euch nicht, eßt und trinkt
und mästet Euch nach Verdienst heraus: Dort ist verfaulte Mich, verdorbenes Brod und dazu
ein wettergegerbtes Stück Ochsensleisch, so zart wie Euer Rechtlichkeitsgefühl.
Eine niederländische Schule.
Von Schmidt.
Die echte Genremalerei, d. h. die Auffassung und Wiedergabe des täglichen Lebens be-
herrscht das unerschöpflichste Gebiet. Dennoch thaten ihre Vertreter oft, was sie am wenigsten
hätten thun sollen: Sie beklagten sich über den Mangel an passenden Stoffen für ihre Kunst.
Ueber den Mangel an Glück.zur Auffindung der passenden Stoffe zu klagen wäre richtiger
gewesen.
Allerdings sind wirklich einige Gründe vorhanden, welche den Künstlern einen Anstoß zu
jener Klage geben. Das letzte Jahrhundert hat, vermöge seiner zunehmenden Kultur, seiner
merkantilischen Verbindungen, seiner Leichtigkeit des Reisens und hauptsächlich vermöge seiner,
durch die Staaten eingerichteten, uniformirten Bildungsanstalten, in denen Aufklärung und