Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Beatis, Antonio ¬de¬; Pastor, Ludwig ¬von¬ [Hrsg.]
Die Reise des Kardinals Luigi d'Aragona durch Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Oberitalien, 1517 - 1518 — Freiburg i.Br., 1905

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15347#0046
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Beschreibung der Reise des Kardinals Luigi d'Aragona. ZI

schied gegenüber der Natur wahrgenommen werden kann. Es ist in der
Tat ein so ergötzliches und sinnreiches Werk, daß wir es als das Voll-
kommenste befunden haben von allen Orgeln, welche wir während der ganzen
Reise gesehen haben."

„Der Kardinal besuchte die beiden Königinnen in der Hofburg, welch
letztere reich geschmückt ist und aus vielen nach deutscher Art erbauten Be-
hausungen besteht. Im Empfangssaal der beiden Königinnen befanden sich
an der einen Seite mehr als fünfzig Hofdamen, sorgfältig nach deutscher
Mode gekleidet und schön von Angesicht. Die eine der Königinnen mit
Namen Anna, die Schwester des Königs Ludwig von Ungarn und 14 oder
15 Jahre alt, soll Ferdinand, den Bruder des katholischen Königs, heiraten^;
sie ist sehr schön und heiter, hat feurige Augen und so frische Gesichtsfarbe,
daß sie ganz von Milch und Blut zu sein scheint. Sie trug ein schwarzes
Samtkleid und auf dem Kopf ein Samtbarett von gleicher Farbe. Die
andere Königin, die Schwester des katholischen Königs, Maria mit Namen,
ist dem König von Ungarn versprochen. Sie mag 10—11 Jahre alt sein,
hat brünette Hautfarbe und ist nach meinem Geschmack nicht sehr graziös.
Sie war auf gleiche Art gekleidet, aber in Heller Seide und trug ein Männer-
barett von schwarzem Samt." An den Besuch der hohen Herrschaften reihte
sich die Besichtigung der „Kunstkammer" der neuerbauten Hofburg. „Es
befindet sich dort", so erzählt unser Berichterstatter, „eine Kammer mit
tausenderlei Schmucksachen und Eisenarbeiten von oft wunderlicher Art. Man
bewahrt dort feine und schöne Rüstungen auf, unter andern auch diejenige
des Königs von Schottland. Es befindet sich daselbst auch ein Hase mit
sechs Hörnern auf dem Kopf und die Bilder eines sechs Palmen hohen
Schweines ^ und eines gewaltigen Hirsches, welcher von einem dortigen Herrn
erlegt wurde. Der ganze Saal und einige andere Gemächer sind mit Ge-
weihen von sehr großen Hirschen geschmückt in der Art, wie dies bei dem
Jagdschlößchen zu Steinach beschrieben wurde. Eines ist das Geweih eines
Sechsunddreißigenders, so schön, wie ich noch nie etwas derartiges gesehen habe."

Offenbar mit Empfehlungen von seiten des Hofes versehen, machte der
Kardinal von Innsbruck aus einen Ausflug nach der 1506—1508 ein-
gerichteten großen kaiserlichen Kunsterz gießerei zu Mühlau, der als
Hauptaufgabe die Ausführung des Gusses der Erzfiguren für das Grabmal
Maximilians I. in der Innsbrucker Hofkirche gestellt war.

„Am linken Ufer des Inn, eine italienische Meile flußabwärts", berichtet
Antonio de Beatis, „läßt der Kaiser 28 Metallstatuen seiner Vorgänger und

1 Vgl. BucholH, Ferdinand I. I 149 f 152 f.

2 Später in der Sammlung des Schlosses Ambras; s. Keyßler, Neueste Reisen,
Hannover 1751, 85.

438
 
Annotationen