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1.
GROLL WIDER DIE VORNEHMEN FRAUEN.
Hartmann will mit den vornehmen Frauen nicht? mehr zu schaffen
haben und es lieber mit den ärmern halten, bei denen er leicht Aufnahme
finde. In seiner Thorheit habe er einst einer hochgestellten Frau sein
Herz offenbart und sei dafür von der Seite angesehen worden; seitdem
habe er sich von ihnen zurückgezogen.
Nach den hier über die Minne geäußerten Ansichten erscheint Hart-
mann noch als ein unerfahrener Mann, sodaß man mit Goedeke (Grund-
riß, I, 28) dieses Lied als das früheste unter den erhaltenen ansetzen
darf. Hiermit stimmt auch, was der Dichter über seine Jugend sagt im
zweiten Büchlein V, 464 — 471.

Vil maneger grüezet mich also
(der gruoz tuot mich ze mäze frö):
«Hartman, gen wir schouwen
ritterliche frouwen!»
mac er mich mit gemache län 5
und ile er zuo den frouwen gän I
bi frouwen trüwe ich nicht vervän
wan daz ich müede vor in stän.
Ze frouwen habe ich einen sin,
als si mir sint als bin ich in, 10

1 Gar mancher, sehr viele reden mich also an. — 2 ze mäze, mäßig,
wenig. —• 3—4 beide Verse haben je eine Senkung zu wenig. Wofern
keine Verderbniss des Textes durch die Abschreiber vorliegt, so könnte
man den Grund der Abweichung von der Kegel darin suchen, daß Hart-
mann die Ausdrucksweise des gewöhnlichen Lebens, die stehende Re-
densart habe wiedergeben wollen. Vielleicht aber hieß es: Hartman wir
sulen schouwen | gen ritterliche frouwen, wie im Erec 9920. — 4 ritterlich,
einem Ritter angemessen, edel, fein. — 5 gemache län, in Ruhe las¬
sen. — 7 truwe ich, getraue ich. — vervän {■= vernähen), ausrichten, er-
reichen. — 8 wan daz, außer daß.
9 Ze, bei, gegen. —

HARTMANN VON AVE. II.

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