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VORBEMERKUNG.

Der größere Theil der uns erhaltenen Lieder Hartmann’s
von Aue ist im Dienste weltlicher Minne gesungen, ein klei-
nerer Theil dem Dienste Gottes gewidmet. Die erstem
geben uns Zeugniss von der Verehrung, welche der min-
nende Ritter seiner Herrin darbringt, von den Freuden, die
ihm ihr Anblick oder ihr Empfang bereitet, noch mehr aber
von den Klagen über vergebliches Mühen und Sorgen um die
Gunst der Unerbittlichen. Die Huldigung, welche man in des
Dichters Zeit höhergestellten Frauen zu Theil werden ließ,
war durch gewisse höfische Formen bedingt und beruhte auf
bestimmten Grundsätzen, mit denen uns Hartmann selbst
zuerst bekannt gemacht hat im ersten Büchlein 620 fg. und
1265 fg. Die darauf gegründete Sitte hatte sich vorzugsweise
in Frankreich (vgl. erstes Büchlein 1280) entfaltet und war da-
mals fast in allen höfischen Kreisen Deutschlands vertreten.
Ja, auf Frauendienst war die Thätigkeit des Ritters fast aus-
schließlich angewiesen. Daher fordert im ersten Büchlein das
herze vom Up, daß er sich jenem Dienste vor andern hin-
gebe, und stellt ihm nur unter dieser Bedingung ein glück-
seliges Dasein in Aussicht. Zugleich gibt der Dichter dort
zu verstehen, daß es ihm große Überwindung gekostet habe,
den Regeln dieses ritterlichen Minnedienstes zu folgen, und
daß er nur auf dringendes Zureden seines bessern Ich (herze,
sin) sich entschlossen habe, den Forderungen des höfischen
Geschmacks, der feinem Sitte in diesem Falle gerecht zu
werden. Das erste Lied in unserer Sammlung stammt da-
her wahrscheinlich aus seiner Jugendzeit, in welcher er sich
noch nicht mit dem höfischen Minnedienst befreundet hatte.
 
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