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ist nicht über den Weg zu trauen und man hat dieThä-
ren und Schlösser wohl vor ihm zu verwahren. Da-
gegen giebt es aber auch Exempel, daß Leute, welche
gar zu hoch geehrt seyn wollen, darüber zu Narren wer-
den, oder in Schande und Unglück gerathen, wie es
der Liefe! Wolf ergieng. Was aber rechte Ehre sey,
und wie man dazu gelange, ist klärlich ans folgender
Geschichte zu ersehen.
Es waren drey Bauern - Söhne fast von gleichem
Alter, welche mit einander in die Schule giengen. Die
Wern von allen dreyen waren wohlhabende und brave
Leute. Sie hatten aber immer einen kleinen Neid
auf einander. Weil nun Kinder leicht die Fehler ihrer
Eltern annehmen: so sahen auch diese drey Bursche
von Jugend auf einander mit neidischen Augen an,
und wie sie heran wuchsen, suchte jeder angesehener und
geehrter im Dorfe zu werden, als die andern. Sie
suchten aber nicht auf einerley Weise dazu zu gelangen und
am Ende zeigte sichs, wer die Kunst, sich wahre Ehre und
Hochachtung zu verschaffen, am besten verstanden.
Der eine, pecer Koch genannt, war hübsch von
Gesicht und wohl gewachsen. Als Bursch hatte er
immer die schönsten Kleider, trug Stiefeln und des
Sonntags ein spanisches Rohr mit Silber beschlagen,
auch goldne Trotteln am Hut. Die Mädchen wußten
sich viel, wenn er mir ihnen vortanzte und er dachte
Wunder! wie geehrt er wäre, wenn die Leute auf
seine Kleider sahen. Wie er hernach seine eigne Wirt-
schaft hatte, ließ er sein Haus weissen, und die Thüren
und Fenster recht bunt mahlen, daß es vor andern ins
Auge siel. Seine Frau und Kinder kleidete er immer
Atehr nach Bürgers-Manier, als andre thaten, und
er ruhte nicht eher, bis ers dahin brachte, daß er
zum Kirchenvorsteher gewählt wurde. Da ließ er
sich nun Herr Kirchenvorsteher und seine Frau Frau
P L Kirchen-