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wandten ihm dagegen ein: daß doch der und jener un-
studirte Bauerndoctor so geschickt wäre, daß er aus dem
Urin sehen könne, wie alt einer sey, was ihm wehe thue, !
und was ihm sonst fehle; welches die studieren Aerzre !
wohl müßten bleiben lassen. Darauf erzählte aber der
Amtmann etliche Historien von solchen Quacksalbern,
deren Betrügereyen waren aufgedeckt worden. " Sie
verstehen, sagte er, die Kunst, einfältige Leute auszufta-
gen, und hernach stellen sie sich, als sahen sie das im Urin,
was ihnen diese erst selbst gesagt haben. Einige richten
ihre Weiber dazu ab, daß sie die Leute, welche das Was-
ser bringen, ausforschen, und ihnen das vorher hinter-
bringen, was sie hernach aus dem Urin prophezeyen.
Andere horchen hinter der Thür, oder hinter einer spa-
nischen Wand, was die Leute, welche Ärzeney hohlen
wollen, unter einander reden. Einen verdorbenen
Schuster habe ich selbst gekannt, der als der größte
Urinprophet und Wunderdoktor in der Gegend ge- -
rühmt wurde. Dessen Schwager war Schenkwirth
im Dorfe. Wenn nun ein neuer Patient kam oder
schickte, dessen Umstände der Schuster noch nicht
wußte: so war er allezeit nicht zu Hause, oder hatte
nothwendig zu thun, und seine Frau bestellte die Leute in
einer oder zwey Stunden wieder. Da giengen sie un-
terdessen ins Wirthöhaus, und da war der Wirth dar-
auf abgerichtet, daß er sie alles ausfragte. Was er er-
fuhr, schrieb er flugs in einen Brief und schickte ihn
seinem Schwager. Kamen nun die Fremden wieder hin
zum Schuster, so trat er mit einer großen Perücke her-
vor, nahm das Uringlas in die Hand, legte den Fin-
ger an die Nase, und erzählte ihnen so viel von ihren !
Umständen, daß sie vor Verwunderung Maul und
Nase aufsperrten. Sie bezahlten nun dem Lügen-
propheren gern, was er verlangte, und dieser theilte
das Geld mit seinem Schwager. Die Pillen, die
er
 
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