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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — Band 7.1925

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Fried, Alice: Graphische Vorbilder für das Sebaldusgrab
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https://doi.org/10.11588/diglit.69286#0019

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GRAPHISCHE VORBILDER FÜR DAS SEBALDUSGRAB
VON ALICE FRIED

In A. Feulners kürzlich erschienenem Buche »Peter Vischers Sebaldusgrab«1 findet
sich dort, wo von den Sockelreliefs die Rede ist, folgender Satz: ». . . gewiß sind Ähn-
lichkeiten mit italienischen Kleinbronzen und ähnlichen Werken vorhanden; direkte
Vorbilder sucht man vergebens.« Es gibt jedoch direkte Vorbilder, und eines davon
will ich hier nachweisen.
Ein Detail aus dem Stiche B. 26 (Abb. 1), der zu der Serie der zwölf Hochfüllungen
des Zoan Andrea gehört, ist das Vorbild für eines der Sockelreliefs am Sebaldusgrab
(Abb. 2) gewesen.
Auf die Art, wie das Vorbild umgewandelt wurde, sowie auf die hiefür maßgebenden
tieferen Ursachen möchte ich hier etwas näher eingehen. Abgesehen von den Unter-
schieden der gestellten Aufgabe und des Materials, handelt es sich in beiden Fällen um
ornamentale Gebilde, bestimmt, die Sockelpartien eines größeren ornamentalen Auf-
baues zu schmücken. Letzterer hat in beiden Fällen eine sehr entschiedene Höhen-
richtung, während die Ausdehnung in die Breite nur gering ist. Da dies naturgemäß
auch für den Sockelteil zutrifft, so ist auch das diesen schmückende Ornament nicht
streifenmäßig auseinandergezogen, sondern gegen einen Mittelpunkt konzentriert, das
heißt als Gruppe gebildet. Auf dem Stich ist die Gruppe zwar formal geschlossen, aber
rein zuständlich gegeben. Ihre Komposition beruht ausschließlich auf den Gesetzen der
für das Auge wohlgefälligen Linienführung. Sie ist also bloß schmückend, wirklich nur
Ornament. Man versuche sich nur einmal, diese Komposition in spiegelbildlicher Wieder-
holung beliebig oft nebeneinandergestellt zu denken; es würde eine Bordüre entstehen,
die für diese Zeit nicht auffällig wäre. Tatsächlich findet sich Ähnliches im venezianischen
Inkunabelholzschnitt des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Damit soll aber nicht gesagt
sein, daß es sich hier um den Ausschnitt aus einer Bordüre handelt, sondern nur der
rein ornamentale Charakter der Gruppe ins Licht gesetzt werden. Sie wurde für den
Platz, den sie einnimmt, komponiert; denn das Rankenwerk, in das die Fischschwänze
auslaufen, lassen wie diese selbst einerseits das Rund des Sockels, der den Hintergrund
bildet, wiederklingen, anderseits stellen sie nach oben hin den Zusammenhang mit
der aufsteigenden Komposition her.
Nun zum Relief. Hier mußte die andere Sockelform berücksichtigt werden, die annähernd
würfelförmig ist. Daher wurden die Kinder an die Ecken verschoben, die nun durch
diese kräftig betont sind. Ein beachtenswerter Gegensatz. Dort das Ausklingen in Ranken
und Spiralformen, was immer ein IJberleiten und die Möglichkeit frischen Anknüplens
1 Piper 1924.

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