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Die Pilger, die außerhalb der Länder Vorderaſiens und Arabiens
wohnen, benutzen im allgemeinen das Schiff bis Dſchedda, dem Hafen von
Mekka. Für jene aber aus genannten Landſtrichen gilt der Landweg.
Drei Karawanen gehen von Bagdad, Kairo und Damaskus aus und
machen ſich zugleich im Monat Schuwal auf den Weg, um bei Beginn des
dritten Monats ihr Ziel gerade zum großen Religionsfest zu erreichen. Als
der richtige Ausgangspuntkt gilt jedoch eigentlich nur Damaskus, weshalb
auch seinerzeit durch Abd ul Hamid die Hedſchasbahn gebaut wurde, die
neben militärischen Zwecken auch den Pilgertransport besorgen ſJollte
und durch die eine große Erleichterung für die Hödſcha, die Wallfahrt,

herbeigeführt wurde.

Nach Damoskus ſtrömten also von jeher alle die zuſammen, die keine

Vorschriftaußeracht laſſen woll-
ten, um eine gottgefällige Wall-
fahrt zu vollführen. Undo kann
man während der Monate vor
dem offiziellen Ausmarſch der
Karawane in den Gaſsen der
Stadt „der kalten Wässer und
der heißen Gärten“ alle Koſtüme
der iſlamiſchen Welt sehen.
Der Tag des Aufbruchs der
ſtets aus vielen Tauſenden von
Pilgern beſtehenden Karawane
geſtaltet sich zu einem hohen
Weihefeſt für die geſamte Stadt,
und freudig nehmen alle Gläu-
bigen daran teil, die nicht mit-
ziehen dürfen. Als Damaskus
noch türkiſch war, wurde die
Karawane ſtets von einem tür-
kiſchen Paſcha geführt und durch
eine ſtarke Eskorte türkiſchen
Militärs geſchützt. Kamelreiter
und Reiter zu Pferde nehmen
die Spitze. Aber unmittelbar
hinter ihnen und als eigentliches
Haupt des Zuges werden jene
beiden als heilig geltenden Ka-
mele geführt, jene Mehamel,
deren Jührer ebenfalls ſeitens
der Gläubigen hohe Verehrung
genießen. Diese heiligen „Trä-
ger“ führen auf ihrem laſtbaren
Rücken das Pruntzeltgestell, un-
ter dem ſJich die alljährlich für
das Gotteshaus in Mekka ge-
ſtifteten Weihegaben befinden.
Das wichtigste der Geſchenke iſt
jene rieſige ſchwarze Hülle aus
dicker Seide, die Kesua, mit wel-
cher der Bau der Kaaba jedes

Die beiden heiligen Kamele (Mehamel) mit der Fah





der Mekkapilger aus Damaskus

ſchenken.

ne des Propheten und dem Zeltgeſtell für die Weihegeschenke beim feierlichen Auszug

Jahr neu behangen werden muß, jener ungeheure düſtere Schleier, der
den zwölf Meter hohen Würfel des Bet Allah gleich einem Katafalk zu-
deckt und umgibt. Es war von jeher das Vorrecht der Beſchützer von
Mekka, alſo der Kalifen, dem Hauſe Gottes seine Jahresgewandung zu

An diese beiden heiligen Trägerkamele ſchließt ſich der eigentliche Zug
an. Auf ausgewählt ſchönen und ſtarken Reitkamelen oder edlen Roſſen
folgt die an ihren reinweißen Turbanen erkennbare Geiſtlichkeit unmittel-
bar. Glocken und Schellen klingen von den bunten, glitzernden Behängen,
Kopfbüſche winken, und Silberbesſchlag gleißt von den Zäumen der Tiere,

die wie zu einem Hochzeitszug geſchmückt ſind, obſchon für viele von ihnen









Die Fahne des Propheten und das Zelt für die Weihegaben auf der
Wallfahrt nach Mekka



dieſer Freudentag nichts anderes bedeutet, als den erſten Schritt zu elendem

Tod auf ferner, kahler Straße.

Der Paſcha reitet in seiner
goldstroßenden Uniform mit den
brillantenen Ordenssternen wie
zur Parade einher. Sein Stab
umdrängt ihn. Bewaffnete Rei-
ter bilden seinen Schutzzaun.
Und alles, was von Rang iſt,
hält ſich in ſeiner unmittelbaren
Nähe.

Diesem illuſtren Haupte folgt
nun die bunte und wirre Masse
des Pilgerzuges ſelbſt. Die Vor-
nehmen, die Bequemen oder
ihre Frauen werden in Sänften

| dahingetragen,diezwiſchenreich-

geſchirrten Kamelen oder Maul-

tieren hängen, oder die auf Ka-

melsrückennach Nomadenartfrei
befeſtigtſind. Zahllose Reittiere,
vom edelsten Rassepferd bis zur
bescheidenen, kleinen, laſtbaren
Eselin hinab, sind vertreten.
Viele der Pilger aber gehen auch
zu Fuß fürbaß. Sie habennichts
als den Wanderſtab und ſchlep-
pen ihr mageres Bündel auf dem
eigenen Rücken. In den ersten
Tagen kommt der Zug nicht
weit. In dem Städtchen El
Muzerib werden die letzten Vor-
bereitungen zur Wüſtenreiſe ge-
troffen und die letzten Nach-
zügler erwartet. Erſt eine Woche
nach dem Auszug aus Damaskus
setzt ſich die Karawane ihrem
Ziele zu in Bewegung.

Nun liegt Jie vor ihr, die höl-
liſche Ödenei, das Meer aus
Steinbrocken und Sand, die
 
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