§2 DH a s B uch für Alle . Heft 4
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H ET
Überfall
ein in der Nähe befindliches Krokodil zu haben. Mein Aſt entpuppte ſich
aber als eine etwa ſieben Meter lange Pythonſschlange, die ſich der unan-
genehmen Berührung durch die Flucht ins Wasser entzog, so daß ich zu
einem unfreiwilligen Bade kam.
Etwas gröſzer als in Afrika iſt die Schlangengefahr in Indien. Aber
auch hier fällt in der Regel nur, von besonderen Unglücksfällen abgesehen,
der mit nackten Beinen gehende Eingeborene dem Biß zum Opfer, während
der Europäer durch seine Gamaschen uſw. geschützt iſt. Die Ziſfer der an-
geblichen Todesfälle durch Schlangenbisſse in Indien wird auch dadurch
ſo groß, daß „Schlangenbiß“ ein beliebter Deckmantel für Giftmorde iſt,
denen auf dieſe Weise die gerichtlichen Folgen genommen werden.
Noch seltener als die Schlange kommt, ſelbſt wo es buchſtäblich von
diesen Tieren wimmelt, das verbreitetſte Raubtier der Tropen, der Leo-
pard, dem Europäer zu Gesicht. Man sollte annehmen, daß die bunte
Färbung des Leopardenfells, die ſich in den zoologiſchen Gärten im Käfig
dem Beſschauer leuchtend aufdrängt, den Räuber ſchon von fern verrät.
Gerade das Gegenteil iſt der Fall. Eine vollendetere Schutzfärbung als
die des Leoparden läßt sich kaum denken. Schon auf kurze Entfernung
verſchwindet die Buntheit seines Felles so vollſtändig, daß man es als
einen besonderen Glücksfall anſieht, einen Leoparden in Freiheit ſchuß-
gerecht vor die Büchſe zu bekommen. Da ich zur Schutzfärbung noch eine
ſchlangengleiche Gewandtheit sowie ein vorwiegend nächtliches Räuber-
leben gesellt, iſtder Leopard das am Jſeltenſten zur Strecke gebrachte tropiſche
Wild. Ein ſchlängelnder Strich iſt in der Regel alles, was man von einem
Leoparden in Freiheit zu ſehen bekommt, wenn er nicht gerade do leicht-
fertig iſt, auf einen Baum zu klettern und ſich ſo in eine wunderbare Ziel-
ſcheibe zu verwandeln. Faſt alle Leoparden, deren alljährlich eine große
Zahl erbeutet wird, ſind daher nicht in Freiheit geſchoſſen, ſondern in
Eisen- oder Holzfallen gefangen worden, die die Eingeborenen mit primi-
tiven Mitteln sehr wirkungsvoll herſtellen. So schlau und vorsichtig der
Leopard im großen und ganzen iſt, so groß iſt ſeine Raubluſt und ſeine
Frechheit während der Nacht, wo er ſich vor Nachſtellungen Jicher glaubt.
Die Fälle, daß Leoparden am Abend in nächſter Nähe menſchlicher Woh-
nungen Hunde rauben, ſind nicht selten, und die frechſten Einbrüche in die
Nach einer Zeichnung von Wilhelm Kuhneit
Ställe der Eingeborenen ſind in leopardenreichen Gegenden ſogar die
Regel. Iſt einem Räuber einmal ein ſolcher Fang gelungen, so verliert
er jede Scheu und wird oft in der nächſten Nacht mit einer Falle gefangen,
in die er durch einen lebenden Köder, eine junge Ziege oder einen Hund,
gelockt wird.
Etwas vorsichtiger iſt der Leopard inmitten der Wildnis, wo er nicht
täglich mit dem Geruch von Menſchen in Berührung kommt. Hier müſſen
die Fallen oft Tage, ja Wochen ſtehen, ehe der erſte Leopard gefangen
wird. Dann iſt aber der Bann gebrochen, und man fängt in der Regel an
derſelben Stelle in der gleichen Falle, die noch den Geruch des erſten Leo-
parden an ſich trägt, mehrere Exemplare.
Ganz eigenartig iſt das Verhalten friſch gefangener Leoparden. Waſſer
nehmen Jie in der Regel sofort an, dagegen dauert es manchmal acht Tage,
ehe ſie ſich zur Aufnahme von Futter bequemen. Solange die Sonne am
Himmel ſteht liegen ſie in der dunkelſten Ecke ihres Käfigs, um erſt mit
Hereinbrechen der Nacht zu einer raſtloſen Tätigkeit zu erwachen. Wehe,
wenn der Käfig auch nur die geringste ſchwache Stelle aufweiſt. Der Leopard
findet ſie mit Bestimmtheit, und unter rüctſichtsloſer Anwendung von
Krallen und Gebiſz, die oft zur Zerſtörung der Reißzähne bis auf kurze
Stümpfe führt, ſucht ſich das Tier den Weg in die Freiheit zu bahnen,
wobei es dann manchmal seltſame Irrfahrten macht.
So war einmal in einem Tierkamp in Diré-Daua ein Leopard ent-
ſprungen, der seine Zuflucht im Badzimmer einer italieniſchen Familie
fand, wo ihn die entſeßte Hausfrau bemerkte. Ich wurde zu Hilfe gerufen,
konnte aber nur noch feſtſtellen, daß der Leopard anſcheinend verſchwunden
war. Acht Tage hörte man nichts von dem Tier, bis es eines ſchönen Tages
wieder im Badzimmer saß und sich beim Herannahen von Menſchen in
einen -an der Decke befindlichen Verſchlag zurückzog, der ihm offenbar
während der ganzen Zeit als Zufluchtsort gedient hatte. Dort wurde das
Tier erſhossen. : :
Mir entſprang einmal ein Leopard gegen Abend durch eine Unvonsichtig-
keit der farbigen Wärter. Er zog ſich in die duntelſte Stelle unter den
Käfigen zurück. Gelang es, das Tier über Nacht am Weiterfliehen zu ver-
hindern, so beſtand alle Aussicht, es lebend wieder einzufangen. Ich stellte
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Überfall
ein in der Nähe befindliches Krokodil zu haben. Mein Aſt entpuppte ſich
aber als eine etwa ſieben Meter lange Pythonſschlange, die ſich der unan-
genehmen Berührung durch die Flucht ins Wasser entzog, so daß ich zu
einem unfreiwilligen Bade kam.
Etwas gröſzer als in Afrika iſt die Schlangengefahr in Indien. Aber
auch hier fällt in der Regel nur, von besonderen Unglücksfällen abgesehen,
der mit nackten Beinen gehende Eingeborene dem Biß zum Opfer, während
der Europäer durch seine Gamaschen uſw. geschützt iſt. Die Ziſfer der an-
geblichen Todesfälle durch Schlangenbisſse in Indien wird auch dadurch
ſo groß, daß „Schlangenbiß“ ein beliebter Deckmantel für Giftmorde iſt,
denen auf dieſe Weise die gerichtlichen Folgen genommen werden.
Noch seltener als die Schlange kommt, ſelbſt wo es buchſtäblich von
diesen Tieren wimmelt, das verbreitetſte Raubtier der Tropen, der Leo-
pard, dem Europäer zu Gesicht. Man sollte annehmen, daß die bunte
Färbung des Leopardenfells, die ſich in den zoologiſchen Gärten im Käfig
dem Beſschauer leuchtend aufdrängt, den Räuber ſchon von fern verrät.
Gerade das Gegenteil iſt der Fall. Eine vollendetere Schutzfärbung als
die des Leoparden läßt sich kaum denken. Schon auf kurze Entfernung
verſchwindet die Buntheit seines Felles so vollſtändig, daß man es als
einen besonderen Glücksfall anſieht, einen Leoparden in Freiheit ſchuß-
gerecht vor die Büchſe zu bekommen. Da ich zur Schutzfärbung noch eine
ſchlangengleiche Gewandtheit sowie ein vorwiegend nächtliches Räuber-
leben gesellt, iſtder Leopard das am Jſeltenſten zur Strecke gebrachte tropiſche
Wild. Ein ſchlängelnder Strich iſt in der Regel alles, was man von einem
Leoparden in Freiheit zu ſehen bekommt, wenn er nicht gerade do leicht-
fertig iſt, auf einen Baum zu klettern und ſich ſo in eine wunderbare Ziel-
ſcheibe zu verwandeln. Faſt alle Leoparden, deren alljährlich eine große
Zahl erbeutet wird, ſind daher nicht in Freiheit geſchoſſen, ſondern in
Eisen- oder Holzfallen gefangen worden, die die Eingeborenen mit primi-
tiven Mitteln sehr wirkungsvoll herſtellen. So schlau und vorsichtig der
Leopard im großen und ganzen iſt, so groß iſt ſeine Raubluſt und ſeine
Frechheit während der Nacht, wo er ſich vor Nachſtellungen Jicher glaubt.
Die Fälle, daß Leoparden am Abend in nächſter Nähe menſchlicher Woh-
nungen Hunde rauben, ſind nicht selten, und die frechſten Einbrüche in die
Nach einer Zeichnung von Wilhelm Kuhneit
Ställe der Eingeborenen ſind in leopardenreichen Gegenden ſogar die
Regel. Iſt einem Räuber einmal ein ſolcher Fang gelungen, so verliert
er jede Scheu und wird oft in der nächſten Nacht mit einer Falle gefangen,
in die er durch einen lebenden Köder, eine junge Ziege oder einen Hund,
gelockt wird.
Etwas vorsichtiger iſt der Leopard inmitten der Wildnis, wo er nicht
täglich mit dem Geruch von Menſchen in Berührung kommt. Hier müſſen
die Fallen oft Tage, ja Wochen ſtehen, ehe der erſte Leopard gefangen
wird. Dann iſt aber der Bann gebrochen, und man fängt in der Regel an
derſelben Stelle in der gleichen Falle, die noch den Geruch des erſten Leo-
parden an ſich trägt, mehrere Exemplare.
Ganz eigenartig iſt das Verhalten friſch gefangener Leoparden. Waſſer
nehmen Jie in der Regel sofort an, dagegen dauert es manchmal acht Tage,
ehe ſie ſich zur Aufnahme von Futter bequemen. Solange die Sonne am
Himmel ſteht liegen ſie in der dunkelſten Ecke ihres Käfigs, um erſt mit
Hereinbrechen der Nacht zu einer raſtloſen Tätigkeit zu erwachen. Wehe,
wenn der Käfig auch nur die geringste ſchwache Stelle aufweiſt. Der Leopard
findet ſie mit Bestimmtheit, und unter rüctſichtsloſer Anwendung von
Krallen und Gebiſz, die oft zur Zerſtörung der Reißzähne bis auf kurze
Stümpfe führt, ſucht ſich das Tier den Weg in die Freiheit zu bahnen,
wobei es dann manchmal seltſame Irrfahrten macht.
So war einmal in einem Tierkamp in Diré-Daua ein Leopard ent-
ſprungen, der seine Zuflucht im Badzimmer einer italieniſchen Familie
fand, wo ihn die entſeßte Hausfrau bemerkte. Ich wurde zu Hilfe gerufen,
konnte aber nur noch feſtſtellen, daß der Leopard anſcheinend verſchwunden
war. Acht Tage hörte man nichts von dem Tier, bis es eines ſchönen Tages
wieder im Badzimmer saß und sich beim Herannahen von Menſchen in
einen -an der Decke befindlichen Verſchlag zurückzog, der ihm offenbar
während der ganzen Zeit als Zufluchtsort gedient hatte. Dort wurde das
Tier erſhossen. : :
Mir entſprang einmal ein Leopard gegen Abend durch eine Unvonsichtig-
keit der farbigen Wärter. Er zog ſich in die duntelſte Stelle unter den
Käfigen zurück. Gelang es, das Tier über Nacht am Weiterfliehen zu ver-
hindern, so beſtand alle Aussicht, es lebend wieder einzufangen. Ich stellte