Heft !
D g s B y ct fü r Alle 87
Das Fernsehen / Von Dr. Walter Berg
as Problem der drahtloſen Übertragung von Tönen, also des Fern-
hörens, iſt lénzſt gelöſt. Den nichtruhenden menſchlichen Erfindungs-
geiſt lockt nun die Verwirklichung eines neuen Traums, er ſtrebt nach der
Erfindung des Fernſehens. Auch dieſes Problem rückt ſeiner Verwirklichung
immer näher. Jorſcher aller Länder bemühen Jich um seine Löſung, sogar
die Fernübertragung farbiger bewegter Bilder erſcheint nicht mehr als
Unmöglichkeit. Wie wir es erlebt haben, daß wir auf drahtloſem Wege
Nachrichten, Reden, Gesangs- und Mü4ſikvorträge aus der ganzen Welt in
unſerem Heim entgegennehmen können, so werden wir es erleben, daß wir
das Straßenleben fernſter Städte und Gegenden, mögen sie am Nquator
oder im Bolartreis liegen, im bewegten farbigen Spiegelbild nach Belieben
ebenſo an uns vorüberziehen laſſen wie Theateraufführungen und große
ſportliche Wettkämpfe. Und es wird wohl nicht mehr allzulange dauern,
bis es möglich ſein wird, ohne besondere Schwierigkeiten den Menſchen,
der über Länder hinweg mit uns ſpricht, auch gleichzeitig zu sehen.
Das Vorſtadium des Fernſehens iſt die Fernphotographie, die elektriſche
Bildübertragung. Die Aufgabe des Fernsehens iſt gelöſt, wenn es gelingt,
in einem Sendeapparat aufgenommene Bilder so raſch zu übermitteln,
daß ſie in einem Empfangsapparat gleichzeitig ebenſo raſch wieder vor
unserem Auge entſtehen. Fernſehen bedeutet alſo eigentlich Fernkinemato-
graphie und in höchſter Vollendung Fernkinematographie in Farben.
Die erſten pratktiſch brauchbaren Ergebnisse auf dem Gebiet der Fern-
photographie hat der deutſche Physiker Artur Korn erzielt. Sein Ver-
fahren iſt kurz folgendes: Das zu übertragende Bild, das als Film vorliegt,
wird um einen hohlen Glaszylinder gewickelt, der drehbar iſt. In der Mitte
des Zylinders ſitzt das wichtigſte Organ des Fernphotographen, die Selen-
zelle. Selen, ein ſchwefelähnliches Element, hat die merkwürdige Eigen-
ſchaft, daß es den elektriſchen Strom umſo besser leitet, je mehr es dem
Licht ausgesetzt iſt. Läßt man alſo einen Lichtſtrahl durch den Film auf die
Selenzelle fallen, ſo wird diese je nach der Schwärzung des Films an der
vom Lichtſtrahl getroffenen Stelle mehr oder weniger ſtark leitend, und ein
durch die Selenzelle hindurchgehender Strom wird, wenn der Lichtstrahl
den Film zeilenweise „abtaſtet“, entſprechende Schwankungen zeigen, die
in gleichem Verhältnis und in gleicher Stärke auch an der an den Strom-
kreis angeſchloſſenen Empfangsſtation auftreten. Dort dreht sich in einem
lichtfreien Gehäuſe ein zweiter Glaszylinder, und zwar ebenso raſch wie
der erſte. Dieſer Empfangszylinder iſt ebenfalls mit einem Film, aber
einem unbelichteten, umwickelt. Durch eine Öffnung in dem Gehäuſe kann
ein Lichtſtrahl in das Innere auf den Film fallen und ihn belichten. Mittels
einer besonderen Vorrichtung gelingt es, durch die ankommenden „Bild-
ſtröme“ die Belichtung so zu regeln, daß die Schwärzung des Films den
übermittelten Stromſchwankungen und damit auch den Helligkteitswerten
der Elemente des zu übertragenden Bildes entſpricht. Es lassen sich auf
dieſe Weise in der Sekunde etwa zweitauſend Stromſchwantkungen über-
mitteln, und man erhält so beim zeilenweiſen Wiederaufbau des Bildes
auf dem Empfangsfilm eine die verſchiedenen Tönungen des Bildes
recht gut wiedergebende Reproduktion. Eine derartige Übertragung einer
Photographie nimmt etwa zehn Minuten in Anspruch.
Bei einem anderen, auch von Korn ſtammenden Verfahren wird das
Bild mittels eines „Raſters“" in zahlreiche ſehr kleine Quadrate zerlegt (die
meiſten Reproduktionen in Zeitſchriften ſind ſolche „Raſterbilder“), deren
Helligkeitswert ausgemessen wird. Jeder Helligkeitswert wird mit einem
beſtimmten Buchſtaben bezeichnet. Man arbeitet nun mit Stromſtößen,
deren Stärke der Tönung der Bildpuntte entſpricht. Die verſtärkten Ströme
gehen zu einer Vorrichtung, die den Buchſtaben regiſtriert, der dem be-
treffenden Helligkeitswert entspricht. Es entſteht ſo ein zeilenweiſe ange-
[ 1
:!
§ - 4 * : .
2855;
Bildnis des Präsidenten Coolidge und seiner Gemahlin, das auf fern-
photographiſchem Wege von Honolulu nach Neuyork, das heift auf
eine Entfernung von rund achttauſend Kilometer, übertragen wurde
Die erste fernphotographierte Röntgenaufnahme. Das übertragene
Bild, das von Neuyorkt nach Chikago übermittelt wurde, war ganz
ſcharf und zeigte alle Einzelheiten tes Originals
D g s B y ct fü r Alle 87
Das Fernsehen / Von Dr. Walter Berg
as Problem der drahtloſen Übertragung von Tönen, also des Fern-
hörens, iſt lénzſt gelöſt. Den nichtruhenden menſchlichen Erfindungs-
geiſt lockt nun die Verwirklichung eines neuen Traums, er ſtrebt nach der
Erfindung des Fernſehens. Auch dieſes Problem rückt ſeiner Verwirklichung
immer näher. Jorſcher aller Länder bemühen Jich um seine Löſung, sogar
die Fernübertragung farbiger bewegter Bilder erſcheint nicht mehr als
Unmöglichkeit. Wie wir es erlebt haben, daß wir auf drahtloſem Wege
Nachrichten, Reden, Gesangs- und Mü4ſikvorträge aus der ganzen Welt in
unſerem Heim entgegennehmen können, so werden wir es erleben, daß wir
das Straßenleben fernſter Städte und Gegenden, mögen sie am Nquator
oder im Bolartreis liegen, im bewegten farbigen Spiegelbild nach Belieben
ebenſo an uns vorüberziehen laſſen wie Theateraufführungen und große
ſportliche Wettkämpfe. Und es wird wohl nicht mehr allzulange dauern,
bis es möglich ſein wird, ohne besondere Schwierigkeiten den Menſchen,
der über Länder hinweg mit uns ſpricht, auch gleichzeitig zu sehen.
Das Vorſtadium des Fernſehens iſt die Fernphotographie, die elektriſche
Bildübertragung. Die Aufgabe des Fernsehens iſt gelöſt, wenn es gelingt,
in einem Sendeapparat aufgenommene Bilder so raſch zu übermitteln,
daß ſie in einem Empfangsapparat gleichzeitig ebenſo raſch wieder vor
unserem Auge entſtehen. Fernſehen bedeutet alſo eigentlich Fernkinemato-
graphie und in höchſter Vollendung Fernkinematographie in Farben.
Die erſten pratktiſch brauchbaren Ergebnisse auf dem Gebiet der Fern-
photographie hat der deutſche Physiker Artur Korn erzielt. Sein Ver-
fahren iſt kurz folgendes: Das zu übertragende Bild, das als Film vorliegt,
wird um einen hohlen Glaszylinder gewickelt, der drehbar iſt. In der Mitte
des Zylinders ſitzt das wichtigſte Organ des Fernphotographen, die Selen-
zelle. Selen, ein ſchwefelähnliches Element, hat die merkwürdige Eigen-
ſchaft, daß es den elektriſchen Strom umſo besser leitet, je mehr es dem
Licht ausgesetzt iſt. Läßt man alſo einen Lichtſtrahl durch den Film auf die
Selenzelle fallen, ſo wird diese je nach der Schwärzung des Films an der
vom Lichtſtrahl getroffenen Stelle mehr oder weniger ſtark leitend, und ein
durch die Selenzelle hindurchgehender Strom wird, wenn der Lichtstrahl
den Film zeilenweise „abtaſtet“, entſprechende Schwankungen zeigen, die
in gleichem Verhältnis und in gleicher Stärke auch an der an den Strom-
kreis angeſchloſſenen Empfangsſtation auftreten. Dort dreht sich in einem
lichtfreien Gehäuſe ein zweiter Glaszylinder, und zwar ebenso raſch wie
der erſte. Dieſer Empfangszylinder iſt ebenfalls mit einem Film, aber
einem unbelichteten, umwickelt. Durch eine Öffnung in dem Gehäuſe kann
ein Lichtſtrahl in das Innere auf den Film fallen und ihn belichten. Mittels
einer besonderen Vorrichtung gelingt es, durch die ankommenden „Bild-
ſtröme“ die Belichtung so zu regeln, daß die Schwärzung des Films den
übermittelten Stromſchwankungen und damit auch den Helligkteitswerten
der Elemente des zu übertragenden Bildes entſpricht. Es lassen sich auf
dieſe Weise in der Sekunde etwa zweitauſend Stromſchwantkungen über-
mitteln, und man erhält so beim zeilenweiſen Wiederaufbau des Bildes
auf dem Empfangsfilm eine die verſchiedenen Tönungen des Bildes
recht gut wiedergebende Reproduktion. Eine derartige Übertragung einer
Photographie nimmt etwa zehn Minuten in Anspruch.
Bei einem anderen, auch von Korn ſtammenden Verfahren wird das
Bild mittels eines „Raſters“" in zahlreiche ſehr kleine Quadrate zerlegt (die
meiſten Reproduktionen in Zeitſchriften ſind ſolche „Raſterbilder“), deren
Helligkeitswert ausgemessen wird. Jeder Helligkeitswert wird mit einem
beſtimmten Buchſtaben bezeichnet. Man arbeitet nun mit Stromſtößen,
deren Stärke der Tönung der Bildpuntte entſpricht. Die verſtärkten Ströme
gehen zu einer Vorrichtung, die den Buchſtaben regiſtriert, der dem be-
treffenden Helligkeitswert entspricht. Es entſteht ſo ein zeilenweiſe ange-
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§ - 4 * : .
2855;
Bildnis des Präsidenten Coolidge und seiner Gemahlin, das auf fern-
photographiſchem Wege von Honolulu nach Neuyork, das heift auf
eine Entfernung von rund achttauſend Kilometer, übertragen wurde
Die erste fernphotographierte Röntgenaufnahme. Das übertragene
Bild, das von Neuyorkt nach Chikago übermittelt wurde, war ganz
ſcharf und zeigte alle Einzelheiten tes Originals