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Higantiſche Pläne / Von Dr. A. Berger

Ein Schiffahrtskanal durch das nordamerikaniſche Festland / Die Wiedererſchließung der Euphrat-
und-Tigris-Länder / Die Bändigung des Blauen Nils / Die Bewässerung von Südweſtafrika

St! sieben Jahren iſt der Weltkrieg angeblich beendet, doch glimmen
noch immer die Funken unter der Aſche, ſpringen da und dort von
neuem auf zur zündenden Flamme. Keinem Land der Welt hat der Aus-
gang des gigantiſchen Ringens einen vollen Vorteil für die Allgemeinheit
seines Volkes gebracht. Wohl ſchwimmt Amerika im Golde, wohl herrſcht
dort ein beiſpielloſer Luxus, von dem wir hier in unſerem armgewordenen
Vaterlande kaum eine Ahnung haben, aber auch dort drüben liegt die
Induſtrie darnieder, das Gold läßt ſich nicht entsprechend nutzbringend
verwenden, weil es im Überfluß vorhanden ist. Allenthalben in der Welt
ſind die Arbeitslöhne und im Zuſammenhang hiermit die Lebenshaltungs-
ziffern gewaltig emporgeſchnellt. Dabei sind die meiſten Länder verarmt,
und die Laſt der Steuern, die aufgebracht werden müſsen, iſt ungeheuer.
So iſt es kein Wunder, daß jeder Staat seine Einnahmequellen bei mög-
lichſt geringen Arbeitsunkoſten zu ſteigern verſucht. Die Schätze der Länder
ſollen gehoben, ausgebeutet, brachliegende, ſchlummernde Kräfte geweckt
und ausgenutzt werden.

Das gilt vor allem von den „weißen Kohlen“, der Wasserkraft. Glücklich
das Land, das davon genug hat. Wirin Deutſchland haben uns ſchon während
und nach dem Krieg mit Hochdruck an das Problem gemacht, durch Anlage
von Kraftwerken billigere Energie zu erzeugen. Billige Arbeit, billige Ver-
kehrswege ſind das A und O eines auf geſunde Baſis geſtellten Wirtschafts-
lebens. Das haben natürlich auch die Amerikaner erkannt, und da bei ihnen
genügend Geld vorhanden iſt, das von den Besitzern gern in einer Nutzen

verſprechenden Sache angelegt wird, so iſt Aussicht vorhanden, daß das
geradezu gigantische Projekt eines Kanals verwirklicht wird, das nichts
weniger bezweckt, als den Atlantischen Ozean in der Nähe von Neuyort,
unter Benutzung des Hudonfluſses, mit dem gewaltigen Ontario- und
Erieſee und somit dem inneren Teil der Vereinigten Staaten durch einen
den höchſten Anforderungen entſprechenden Schiffahrtskanal von hundert
Meter Breite und zehn Meter Tiefe zu verbinden. Damit würde Schiffen
bis zu fünfzehntauſend Tonnen Ladeinhalt die Möglichkeit gegeben, bis
nach Erie und nach allen anderen großen Städten an den beiden Seen zu
fahren. Die wirtschaftliche Bedeutung eines solchen Unternehmens iſt
natürlich ungeheuer. Dabei handelt es sich um ein Projekt, das wirklich
durchführbar iſt. Es unterscheidet ſich in jeder Hinsicht zum Beispiel von
dem Plan Lessſeps, des Erbauers des Suezkanals, deſſen Name mit dem
Panamaſkandal verbunden iſt. Er wollte nichts weniger, als die Sahara
unter Waſser seßen, und bald gründeten ich Geſellſchaften zur Aus-
beutung. Da war es ein deutſcher Gelehrter, der bewies, daß die Sahara
überhaupt nur an zwei kleinen Stellen, dem Chott-Melghir und Chott-el-
Gharsa in Algerien, tiefer liegt als das Mittelländiſche Meer, aus dem das
nötige Waſſer herbeigeleitet werden sollte: So zerſprang diese Seifenblase.

Aber andere Gebiete ſind es, die, durch Wasser erſchloſſen, nutzbar ge-
macht werden können, beide in der Hand der – Engländer, die weit-
blickend ſich längst dieſe Länderstrecken gesichert haben: es sind dies einer-
ſeits die Euphrat-und-Tigris-Länder, deren Bewässerung ungeheuren Ge-









Der große Staudamm bei Aſſuan, eine der größten Stromſperren der Welt, über zwei Kilometer lang, mit hundertachtzig Schleien.



Nach seinem Vorbild wird am Blauen Nil eine neue große Nilsperre erbaut. (Phot. Dittrich)

6. 1926
 
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