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Heſt 6

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Inſektenbekämpſung durch Insekten / Bon Hermann Radeſtock

Krüher waren wir gewohnt, die Insekten entweder als harmlos oder als

Schädlinge unſerer Land- und Forſtwirtſchaft zu betrachten. Der un-
beabsichtigte Nutzen, den manche Arten dadurch ſtiften, daß Jie gerade diese
Schädlinge vernichten, trat nicht offen zutage. Wir wurden eigentlich erſt
durch die Verſuche und Erfolge der Amerikaner auf die pratktiſche Be-
deutung dieſer Hilfe aufmerkſam. In. Deutſchland ging als Bahnbrecher
auf dem neuen Gebiet der inſektenkundige Profeſſor Dr. Karl Eſcherich
voran. Er hatte vor dem Weltkrieg die Bekämpfungsweiſen in den Ver-
einigten Staaten eingehend ſtudiert. Nach ſeiner Rückkehr gründete er die
„Deutsche Geſellſchaft für angewandte Entomologie“, die in Verbindung
mit der „Biologiſchen Reichsanſtalt“ in Berlin ſchon während des Krieges
und später viel in der Erforſchung und Bekämpfung der Inſektenſchädlinge
geleiſtet hat. Genaueſte Erforſchung der Lebensweise jedes auftretenden
Schädlings muß der Bekämpfung vorangehen, denn jeder Fall liegt wieder
anders. Und auf keinem Gebiete kommt es dem JForſcher ſo zum Bewußt-
ſein, daßin derNnatur

Fachmännern gefunden, ausprobiert und angeſetzt werden. Das koſtet natür-
lich viel Zeit, Mühe, Enttäuſchungen, Geduld und Geld. Aber der Aufwand
lohnt ſich. Denn was wir allein in unſeren Weinbergen durch die Reblaus,
den Traubenwickler und Heuwurm, in unſeren Obſtgärten durch den Apfel-
blütenſtecher, die Blutlaus und die Geſpinſtmotten, auf den Gemüſe- und
Getreidefeldern durch Jalter, Käfer, Fliegen und Zikaden einbüßen, wird
auf mindestens hundert Millionen Mart jährlich geſchätz.

Einige Beiſpiele mögen zeigen, mit welchen Schwierigkeiten die Be-
kämpfung von Feld- und Gartenſchädlingen verknüpft iſt. Der Rapsglanz-
käfer iſt eigentlich ein harmloſer Burſche und für uns Jogar teilweiſe nütz-
lich. Denn er nährt ſich zunächſt vom Blütenstaub frühblühender Unträu-
ter, zum Beiſpiel des Löwenzahns, Wieſsenſchaumtrauts, Hederichs und Acker-
ſenfs. Daß er dieſen die Blüten und Früchte zernagt, kann uns nur recht
ſein, denn er hilft uns gegen die Vertrautung unſerer Felder. Iſt aber
während eines milden Winters die lettte Generation des Käſers zahlreich
am Leben geblieben







immer ein ganzes
Bündel von Kräf-
ten teils mit-, teils
gegeneinander wir-
ken und daß man
es ſich zuerſt wohl
überlegen muß, ob
man hier etwas be-
günſtigen, dort et-
was unterdrücken
soll. Um nur ein
Beiſpielanzuführen.
Die inſektenfreſſen-
den Vögel vertilgen
nicht nur die Schäd-
linge, ſondern auch
ebenso fleißig die uns
nützlichenundgeheg-
tenRaubinsekten;ge-
wisse Vogelartenrich-
ten dadurchimallge-
meinen mehr Scha-
den als Nutzen an.
Die am ſchlimm>ten
hauſenden Schäd-
linge in Gärten und
Feldern kommen
meistens durch Ein-
ſchleppung aus dem
Auslande zu uns.
Wenndiese Inſekten,
wie etwaderKolora-
dokäferaus Ameritka,
Klima und Futter
(Kartoffelſtauden),
dasihnenzusagt,vor-
finden, ſo vermehren
sie ſich unheimlich
raſch und verbreiten
ſich weithin. Wäh-
rend ie in ihrer Hei-
mat vielleicht auf
einzelnwildwachſen-
den Pflanzenarten
ganz bescheiden leb-
ten, findensie beiden
dichtnebeneinander-
ſtehenden Kulturge-
wächsen die ſchönsſte
Gelegenheit. Auch
haben Jie hier in
ihrem neuen „Wir-
kungskreis“ noch gar
keine Feinde. Diese
müssen zuvor von
deninsektenkundigen





undtrerbtein früher,
zeitiger Lenz die Kä-
fer aus ihrer Pup-
penhülle, Jo finden
die umherſchwär-
menden Weibchen
gerade das, was Jie
jezt gut brauchen
können, nämlich ſtatt
der bereits geöffne-
ten Raps- und Rüb-
sſenblüten fast lauter
geſchloſſeneKnoſpen.
Siekönnennunmiccht
genug Eier legen,
denn alle Eier kön-
nen jetzt überaus
ſchnell und sicher in
die einzelnen Knoſ-
pen eingebohrt wer-
den. Tritt, wie es in
ſolchen Jahren häu-
fig geſchieht, im Mai



länger andauerndes
naſſes und kühles
Wetter ein, ſo ver-
zögert ſich das Auf-
blühen, und die au-
Bergewöhnlich zahl-
reich aus dem Ei
geſchlüpfteNachkom-
menſchaftfsindetnicht
mehrgenügend Platz
und Nahrung. Sie
vergreift ſich daher,
oft zu drei bis vier
in einer Knol]pe, zu
zehn bis zwanzig an
einem Blütenstand
bohrendundnagend,
nichtnuram Blüten-
ſtaub, sondern auch
an den lebenswich-
tigen Teilen, sogar
an Stengeln und
jungen Schoten. Der
Schaden wird nun
sehr groß und kann
sich bis zu einem
Drittel des Ertrages
ſteigern. Man hatdie
Bekämpfung ſchon
ſeit eimgen Jahren
mit allen möglichen
mechaniſchen und
chemiſchen Mitteln
 
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